Diese alte Sehnsucht Roman
doch, was das heißt?« Er wusste es nicht, merkte aber, dass er es wissen sollte. War es vielleicht so, dass Kindergärtnerinnen nichts mit Grundschullehrern zu tun hatten, die ihrerseits nicht mit Oberschullehrern befreundet waren, welche wiederum nicht mit Collegeprofessoren verkehrten? So ungefähr musste es wohl sein.
Er wusste zwar nicht, warum, aber glücklicherweise kamen seine Eltern bald zu dem Schluss, dass man keinen Gegengefallen von ihnen erwartete, und am nächsten Tag erlaubten sie Griffin, ja forderten ihn geradezu auf, die Brownings zum Strand zu begleiten, während sie mit Al zu Ende frühstückten. Sie selbst gingen erst nach dem Mittagessen (sie hassten es, im Sand zu essen, und sein Vater bekam leicht einen Sonnenbrand), und das war die Zeit, da die meisten Familien mit Kindern schon wieder einpackten, sodass sie ein ausgedehntes Stück Strand für sich allein hatten. Da Griffin nicht da war und sie drängte, kamen sie meist erst am Nachmittag mit ihren Handtüchern und Büchern und Klappsesseln und nicht viel mehr. Die Brownings schlugen ihr Lager gewöhnlich links auf, was bedeutete, dass seine Eltern sich nach rechts wandten. Das war ihm peinlich, besonders an dem Tag, an dem die Brownings sich (absichtlich?) genau da niederließen, wo sonst der Platz seiner Eltern war, sodass diese, als sie zu ihrer gewohnten Zeit erschienen, zunächst ein paar Schritte auf sie zu machten, bevor sie sahen, wer da saß, und sich rasch nach links wandten. Griffin bemerkte den Blick, den Peters Eltern wechselten, und glühte vor Scham.
»Haben sie noch nicht genug von dir?«, fragte seine Mutter ihn beim Frühstück eines Morgens gegen Ende der ersten Ferienwoche, als wollte sie andeuten, sie könne sich nicht vorstellen, warum das so lange dauerte.
Sofern die Brownings genug von Griffin hatten, ließen sie es sich nicht anmerken. Wenn sie an den Strand gingen, hatte Mrs. Browning immer genügend Sandwiches und Cola für alle in der Kühlbox. Sie war italienischer Abstammung und machte ihn mit neuen, exotischen Gerichten bekannt: Es gab fetten, gewürzten Schinken und harte Salami, marinierte Pilze und Artischockenherzen, teuflisch scharfe rote Pepperoni und einen köstlichen Makkaronisalat, der ganz anders schmeckte als der aus dem Supermarkt, in dem seine Mutter immer einkaufte. Und wenn sie abends zum Haus zurückkehrten, gab es Hotdogs und Hamburger und gegrillte Hähnchen. (Griffins Vater grillte nie, nicht mal in den Ferien, seit die Flamme von den Kohlen am Strahl des Feuerzeugbenzins hinaufgerannt war und ihm die Augenbrauen versengt hatte.) Den Brownings schien es auch nichts auszumachen, dass seine Eltern diesen Gratis-Babysitterdienst ausnutzten und an den meisten Abenden zum Essen in den Ort fuhren, sie beide ganz allein. »Sie müssen uns Gelegenheit geben, uns zu revanchieren«, sagte Griffins Mutter, und ihre Unaufrichtigkeit war sogar für ihn spürbar. »Dann können Sie mal Urlaub von den Kindern machen.«
»Wir wollen eigentlich lieber Urlaub mit den Kindern machen«, sagte Mrs. Browning, und er sah, dass die Bemerkung gesessen hatte, auch wenn es nur ein leichter Schlag gewesen war.
»Wenn Sie auf dem Rückweg irgendwo vorbeikommen, wo es Eis gibt, könnten Sie uns ein, zwei Beutel für die Kühlbox mitbringen«, sagte Mr. Browning zu Griffins Vater. »Das würde mir morgen einen Weg ersparen.« Doch anscheinend kamen sie auf dem Rückweg nirgends vorbei, wo es Eis gab, und die Brownings baten nicht noch einmal um einen Gefallen.
Griffin hatte auch vorher schon Freunde gehabt, aber nie einen ganz für sich allein und keinen, mit dem er sich so gut verstanden hatte. Peter konnte vieles. Zum Beispiel Bodysurfen, etwas, das Griffin schon lange hatte lernen wollen, sich aber nie getraut hatte. Sein Vater, dem ständig irgendwelche kleinen Unfälle passierten, hatte solche Angst vor Unterströmungen, dass er gar nicht erst ins Wasser ging. Seine Mutter dagegen schwamm gern, doch sie schob sich elegant durch die Wellen, bis sie über den Brandungsstreifen hinaus war und ihre langsamen Kraulzüge machen konnte. Peter aber begeisterte sich für Wellen und zeigte seinem Freund, wie sich aus den kleinen am meisten herausholen ließ, und später, als Griffin sicherer geworden war, was man beachten musste, damit die großen einen nicht kopfüber auf den Strand warfen. Er war ein paar Zentimeter kleiner als Griffin, aber als Sportler ein Naturtalent und in allem, was ein gewisses Maß an
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