Diese alte Sehnsucht Roman
angestellt hast, als wir darauf bestanden haben, dass du den letzten Abend mit uns verbringst?«
» Ihr habt darauf bestanden?«
»Und erinnerst du dich an den Wutanfall im Restaurant? Wie hieß es noch? Dry Martini? Nein, anders. Das Soundso Martini. Jedenfalls sag nicht, du hast vergessen, dass ich die ganze Nacht an deinem Bett gesessen und versucht habe, dich zu trösten.«
»Das hast du dir ausgedacht, stimmt’s?«
»Und am nächsten Morgen wolltest du nicht in den Wagen steigen. Gott, was für ein anstrengendes Kind du warst!«
»Mit dem kleinen Mädchen der Brownings war irgendwas nicht in Ordnung. Mit Peters Schwester.«
»Asthma, glaube ich. Irgendwas mit der Lunge. Die Meerluft sollte ihr guttun, aber sie ist dann trotzdem gestorben. Und dann natürlich Steven in Vietnam.«
»Wovon redest du eigentlich?«
»Davon, dass dein Freund Steven Browning in Vietnam gefallen ist.«
»Mom, er hieß Peter. Und woher weißt du überhaupt, was aus ihm und seiner Schwester geworden ist? Wir sind nie wieder dorthingefahren. Wir haben sie nie wiedergesehen.«
»Bevor wir abgefahren sind, haben wir unsere Adressen ausgetauscht – weißt du das nicht mehr? Steven wollte mit dir in Kontakt bleiben. Er hat dir ein paarmal geschrieben, aber du wolltest ihm nicht antworten. Wir haben noch ein paar Jahre lang Weinachtskarten von ihnen gekriegt. Die Mutter hat uns geschrieben, als die Tochter gestorben ist, und später noch einmal, als Steven gefallen ist. Da warst du schon ausgezogen.«
»Warum erinnerst du dich daran, Mom?«
»Warum nicht?«
»Es sieht dir nicht ähnlich. Besonders bei Leuten wie den Brownings. Du und Dad, ihr habt auf sie herabgesehen.«
Er erwartete Widerspruch, doch sie sagte nichts, was bedeutete, dass sie den Vorwurf nicht gehört hatte oder nicht hatte hören wollen. Es war zum Verrücktwerden, dass sie mit seinen Themenangeboten umging wie eine wählerische Kundin am Obststand, die eine makellose Birne suchte. »Warte, bis du in meinem Alter bist, dann ist dein Gedächtnis alles, was dir noch bleibt.«
Griffin lag auf der Zunge zu sagen, dass er angesichts dieses Gesprächs nicht einmal sicher war, ob ihr das tatsächlich geblieben war.
»Und besonders an glücklichen Erinnerungen hält man sich fest.«
»Das war eine glückliche Erinnerung? Dieser Urlaub?«
»Na ja, immerhin nicht unglücklich. Mit deinem Vater und mir war noch alles gut. Er hatte noch nicht angefangen, mich zu betrügen.«
»Natürlich hatte er das. Das hattet ihr beide.«
»Nicht auf die wirklich gemeine, rachsüchtige Weise. Wir haben uns trotz allem noch geliebt.«
»So hast du es in Erinnerung?«
»So war es.«
»Ich muss jetzt wieder zurück zur Hochzeitsgesellschaft, Mom.«
»Du hast mir noch nicht gesagt, was du davon hältst.«
»Wovon?«
»Von der Nordküste. Obwohl ich zugeben muss, dass ich deine Idee mit dem Kanal immer besser finde.«
»Warum interessiert dich das überhaupt, Mom? Kannst du mir das mal sagen?«
»Weil du, wenn du ihn an der Nordküste verstreust, mich an der Südküste verstreuen könntest.«
»Mom, wir hatten im Lauf der Jahre wirklich viele lachhafte Gespräche, aber dieses hier schlägt alles.«
»Weißt du noch, wie ich dir Bodysurfen beigebracht habe?«
»Peter Browning hat mit Bodysurfen beigebracht. Er und sein Vater.«
»Nein. Die konnten es alle, und dir war es peinlich, dass du es nicht konntest. Du hattest zu viel Angst, um es zu probieren. Und dein Vater hatte Angst vor Unterströmungen, also blieb es an mir hängen.«
»Ich muss gehen, Mom.«
»Ich würde mich besser fühlen, wenn das Cape zwischen uns wäre – er auf der einen und ich auf der anderen Seite.«
Als Griffin ins Zelt zurückkehrte, hatte er den ersten Tanz des Brautpaars verpasst. Kelsey tanzte jetzt, offenbar zum ersten Mal, mit ihrem Vater und ihr frischgebackener Ehemann mit seiner Mutter.
»Was war jetzt?«, fragte Joy.
Er erzählte ihr, dass seine Mutter unbedingt bestimmen wolle, wo die Asche zu verstreuen sei. »Ich glaube, sie wird langsam verrückt. Sie schreibt die Geschichte um. Sie erfindet Erinnerungen.«
Unter dem Tisch nahm Joy seine Hand, vielleicht aus Sympathie, weil er sich mit seiner Mutter hatte auseinandersetzen müssen, wahrscheinlicher aber, weil Laura und Andy sich zu den anderen auf der Tanzfläche gesellt hatten, wo sie wie das aussahen, was sie waren: zwei junge Menschen, die eine scheinbare Ewigkeit darauf gewartet hatten, einander zu finden. Jetzt klammerten
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