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Diese alte Sehnsucht Roman

Diese alte Sehnsucht Roman

Titel: Diese alte Sehnsucht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Russo
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(wenn auch nicht in dessen Beisein) seit Neuestem nicht mehr Harve, sondern Jarve, damit er nicht der Einzige in der Familie war, dessen Name nicht mit einem J begann. Joy hatte das anfangs witzig gefunden, ihre Meinung aber bald geändert, und behauptete, es sei gemein.
    »Und dann müssen wir das Ganze noch mal durchkauen.«
    »Wer muss das?«
    »Weil Harve  nämlich findet, dass das, was du und ich tun, keine richtige Arbeit ist.«
    »Da hat er nicht ganz unrecht«, sagte Tommy und hob sein Margaritaglas, damit sie anstoßen konnten.
    »Aber wir bleiben hart und –«
    Tommy und Joy im Chor: » Wer  bleibt hart?«
    »Und weil wir nicht nach Sacramento fahren können, sind jetzt alle beleidigt.«
    »Wir hätten fahren können«, sagte Joy. »Wir haben uns entschieden, es nicht zu tun.«
    »Aber das meine ich ja«, sagte Griffin. »Wir sind erwachsen. Sollten wir nicht entscheiden dürfen ? Seit einer Woche hängst du jeden Abend am Telefon und entschuldigst dich. Erst bei deinem Vater, dann bei deiner Mutter, dann bei deinen Schwestern, dann noch mal bei deinem Vater.« Er wandte sich wieder zu Tommy. »Darum sind unsere Vorfahren nach Amerika gekommen. Um ihre Eltern zu verlassen. Um autonome Erwachsene zu werden.«
    »Ich sage ja gar nicht, dass wir eine tiefe Beziehung haben sollen, meine Mutter und ich«, sagte Tommy. »Ich will bloß wissen, ob sie lebt oder tot ist … ob es ihr, na ja, gut geht.«
    »Wäre das nicht ihre Aufgabe?«, sagte Griffin und erregte sich stellvertretend für seinen Freund. »Wissen zu wollen, ob es dir  gut geht?«
    Tommy sah Joy an. »Gewinnst du eigentlich jemals eine Diskussion mit diesem Typen?«
    »Lass mich … mal … nachdenken«, sagte Joy, beugte sich zu Tommy, damit er ihr über den Nacken reiben konnte, und hielt für einen komischen Augenblick inne, bevor sie in überraschtem Ton, als wäre es ihr gerade eben erst bewusst geworden, sagte: »Tatsächlich, nein.«
    Später an jenem Abend aber, als er und Joy im Bett lagen, nahm die Diskussion eine ernstere Wendung. »Warum sollte er keine Sehnsucht nach seiner leiblichen Mutter haben?«
    Es sei ja völlig in Ordnung, sagte Griffin, dass Tommy diese Sehnsucht habe. Aber diese sei nur möglich, weil er die Frau eben nicht kenne. Er erwartete, dass Joy gegen diesen Zynismus Einspruch erhob, doch stattdessen kuschelte sie sich an ihn und sagte: »Wir haben die Gefühle meiner Eltern verletzt. Darum habe ich mich entschuldigt.«
    Wer behauptete, dass sie nie eine Diskussion gewann?
    Ein weiteres Summen, eine weitere Minute.
    Joy hatte natürlich gewusst, dass Tommy in sie verliebt war. Wie hätte sie das nicht merken können? Sie hatte nur nicht damit gerechnet, dass sie dieses Gefühl erwidern könnte. Eines Tages war sie aufgewacht und hatte festgestellt, dass es so war. Aber an welchem Tag? Wann?
    Nach Laura, vermutete Griffin. Zusammen mit Tommys Scheidung hatte die Geburt ihrer Tochter die Dynamik ihres Lebens tiefgreifend verändert. Das war der Zeitpunkt gewesen, als er schließlich nachgegeben und das Geld von Harve und Jill angenommen hatte. Was sicherstellte, wie er sich bei Tommy beklagte, dass er und Joy jetzt offiziell auf den Schlitten der Eltern gebunden waren. Ihnen würde nichts anderes übrig bleiben, als jeden Marschbefehl nach Sacramento zu befolgen. Tommy ergriff natürlich Partei für Joy. Was konnte natürlicher sein als der Wunsch, Laura sollte ihre Großeltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins kennenlernen? Joy wollte eben, dass Laura mit Familienerinnerungen aufwuchs, wie sie selbst sie hatte und schätzte. Wer würde das nicht wollen? (Griffin zum Beispiel, doch er wusste, dass die Frage seines Freundes rhetorisch gewesen war.) Tommy, der sich verzweifelt nach einer Familie sehnte, und Joy, die eine hatte – gemeinsam waren sie ein regelrechtes Bollwerk. »Hör zu«, sagte sie, »wir reden hier von einem Wochenende alle paar Monate. Ich finde ihre bewachte Wohnanlage auch nicht besser als du, aber wenn wir ihr Geld nehmen, heißt das nicht, dass wir die Republikaner wählen müssen oder so. Sacramento ist einfach praktisch. Wo soll die Familie zusammenkommen, wenn nicht bei meinen Eltern? In unserer Wohnung?« Außerdem, fuhr sie fort, sei der Zeitpunkt richtig. Der Vietnamkrieg sei seit vier Jahren beendet. Sie seien jetzt Ende zwanzig, und es sei an der Zeit, eine lindernde Salbe auf all die Wunden zu streichen, die sie als Angehörige der Trau-keinem-über-dreißig-Generation davongetragen

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