Diese eine Nacht mit dir
nicht, dass Sie es auf diese Weise erfahren. Ich hätte es Ihnen schon gesagt … später irgendwann.“
Spöttisch hob er die Brauen. „Wann denn? Wenn sie zehn ist? Oder vielleicht sechzehn? Wenn sie erwachsen ist und voller Vorurteile ihrem Vater gegenüber, der sie doch im Stich gelassen hat?“ Es lag etwas Ätzendes in seiner Stimme. „Das war es doch, was du vorhattest, oder? Sie mit Lügen zu füttern und ihr zu sagen, ihr Vater wolle nichts von ihr wissen. Er hätte keine Lust gehabt, bei euch zu bleiben?“
Gypsy schüttelte den Kopf. Ihr wurde ganz schlecht von seinem anklagenden Ton. „Nein, das … das war alles nicht so geplant. Ich hätte es ihr bestimmt erzählt – und Ihnen. Ich schwöre es.“
Selbst in ihren Ohren klang es nicht sehr überzeugend. Rico bekam schmale Augen. Sie spürte, dass er kurz davor war, sie zu packen und zu schütteln. Oder vielleicht Schlimmeres mit ihr anzustellen. Aber er beherrschte sich mühsam. Zum ersten Mal stieg so etwas wie Furcht in ihr auf, und sie wich vor ihm zurück.
„Keine Angst“, meinte er verächtlich. „Dich würde ich noch nicht einmal mit der Feuerzange anfassen. Wenn du allerdings ein Mann wärst …“ Er brauchte den Satz nicht zu Ende zu sprechen.
Gypsy hätte ihm gerne erklärt, was sie eigentlich machen wollte. Sie hatte ihr Psychologiestudium nutzen und sich als Kinderpsychologin niederlassen wollen. Sie wollte finanziell abgesichert sein, bevor sie ihm alles sagte. Wenn sie nicht unabhängig und erfolgreich vor ihm stand, war sie einem wie ihm doch völlig ausgeliefert! Die jetzige Situation bewies doch nur, wie berechtigt ihre Angst war.
Doch selbst jetzt fühlte sie sich immer noch von ihm angezogen. Zornig hatte er die Fäuste in die Hüften gestemmt. Aber das unterstrich nur noch seine gute Figur. Sie erinnerte sich recht genau daran, wie sie diese Hüften beim Liebesspiel gestreichelt hatte. Und in ihren Träumen streichelte sie sie immer noch. Es waren verwirrend lebhafte Träume …
Der Schock und das plötzlich aufsteigende Verlangen brachten sie völlig durcheinander. Sie spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich und sie kreidebleich wurde. Hilflos ließ sie sich auf einen Stuhl fallen. Rico Christofides betrachtete sie ohne jedes Mitleid. Gypsy hatte Angst, in Ohnmacht zu fallen, aber sie zählte auf ihre innere Kraft. Die hatte ihr auch geholfen, die Jahre mit ihrem dominanten Vater durchzustehen. Mit wackeligen Knien stand sie wieder auf.
In dem Moment erklang aus der Küche ein klagender Schrei. Beide drehten sich um und sahen, wie Lola sie mit großen grauen Augen anblickte. Dabei zitterte ihre Unterlippe bedrohlich. Gypsy erkannte, dass die Kleine ihre Verzweiflung spürte. Schnell ging sie zu ihr und nahm sie hoch.
Mit Lola auf dem Arm drehte sie sich zu Rico um und stellte verblüfft fest, dass Lolas Schreien ihm anscheinend einen Schreck eingejagt hatte. Sie nahm allen Mut zusammen und sagte: „Bitte, lassen Sie uns allein. Sie wissen – Sie wissen jetzt doch, wo Sie uns finden können. Ich will nichts von Ihnen. Wir brauchen auch nichts.“
„Tut mir leid, aber so geht das nicht.“ Gypsy spürte seine Verachtung wie einen Peitschenhieb. „Denn ich will etwas von dir. Nämlich meine Tochter. Und bis sie für sich selbst sprechen kann, bestimme ich , was sie braucht.“
Wie dieses Verhalten sie an ihren Vater erinnerte! Instinktiv presste sie Lola fester an sich. „Ich bin ihre Mutter. Und ich habe beschlossen, sie allein großzuziehen. Ich allein entscheide über ihr Wohlbefinden.“
Misstrauisch sah er sie an. „Wahrscheinlich hast du den Behörden erzählt, ich weigere mich, meine Tochter anzuerkennen. Werde ich in der Geburtsurkunde überhaupt erwähnt?“
Gypsy wurde blass. Als man sie in der Klinik nach dem Vater fragte, hatte sie gelogen und gesagt, sie würde ihn nicht kennen. Und wenn sie an jenem Morgen die Nachrichten nicht gesehen hätte, wäre er ja auch ein Fremder für sie geblieben! Wie sie diese ganze Lügerei hasste. Normalerweise war ihr so ein Verhalten völlig fremd.
Als er jetzt einen Schritt auf sie zumachte, zuckte sie zusammen. Einen Augenblick lang glaubte sie, er wollte ihr Lola einfach entreißen und sie mitnehmen. Das Kind begann zu weinen.
Rico hielt sofort inne. „Der Teufel soll dich holen, Gypsy Butler. Wie konntest du verschweigen, dass ich der Vater bin? Du wusstest doch genau, wer ich bin.“
Um Lola nicht noch mehr zu beunruhigen, versuchte Gypsy, ihm so
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