Diese eine Nacht mit dir
lassen. Wie Feuer brannte das Verlangen in ihm, Gypsy für ihr Verhalten büßen zu lassen.
Gypsy zitterte am ganzen Körper. Sie zwang sich zur Ruhe, fütterte ihre Tochter und lauschte nach draußen. Sie war erleichtert gewesen, als er so plötzlich aus dem Zimmer stürmte. Aber auch wütend. Wie konnte er seine Tochter so einfach ablehnen?
Dabei kam diese Reaktion nicht unerwartet. Strikte Verleugnung und Ablehnung, so hatte ihr Vater anfangs auch auf sie reagiert.
Aber es war schon gut so. Sie hatte ihr Gewissen beruhigt und Rico Christofides von seiner Tochter erzählt. Später würde sie Lola erzählen, wer ihr Vater war und warum es zwischen ihnen nicht geklappt hatte. Es tat ihr weh, dass Lola in so ärmlichen Verhältnissen aufwachsen musste. Aber dass Rico Christofides ein Multimillionär war, machte ihn noch nicht zu einem guten Vater.
Gypsys eigenes Leben hatte sich von Grund auf geändert, als ihre kranke, mittellose Mutter den Vater bat, seine Tochter bei sich aufzunehmen. Er war der Besitzer eines großen Unternehmens gewesen, in dem Gypsys Mutter als Putzfrau arbeitete. Ein ungeheuer reicher Mann, der sie mit Versprechungen in sein Bett lockte. Kaum hatte sie ihm gesagt, dass sie schwanger war, warf er sie hinaus. Sie bekam keinen Job mehr, konnte keine Miete mehr zahlen und wurde obdachlos.
Die ersten Lebensmonate verbrachte Gypsy in der Obdachlosenunterkunft, in der ihre Mutter nach der Geburt Unterschlupf gefunden hatte. Langsam baute ihre Mutter ihr Leben wieder auf, fand Putzjobs und ergatterte schließlich in einem heruntergekommenen Stadtviertel sogar eine kleine Sozialwohnung.
Von klein auf wusste Gypsy, dass ihre Mutter nur schwer mit all diesen Problemen fertig wurde. Sie lernte, auf frühe Anzeichen eines drohenden Zusammenbruchs zu achten, damit sie sich dann um sie kümmern konnte. Bis sie eines Tages aus der Schule kam und ihre Mutter bewusstlos auf der Couch vorfand. Auf dem Boden lag eine leere Tablettenschachtel.
Die herbeigerufenen Sanitäter konnten sie gerade noch retten. Das Versprechen ihrer Mutter, sie zu ihrem Vater zu schicken, hielt die Behörden davon ab, die sechsjährige Gypsy sofort in eine Pflegefamilie zu geben. Sie sah ihre Mutter nie wieder. Erst später fand sie heraus, dass ihr Vater der Mutter jeden Kontakt zu ihr verboten hatte.
Doch Gypsy wollte nicht länger ihren traurigen Erinnerungen nachhängen. Angestrengt lauschte sie auf Motorgeräusche, aber es blieb still. Was macht er nur? Sie überzeugte sich, dass Lola ihren Plastikbecher fest in der Hand hielt, und stand mit klopfendem Herzen auf. Die Tür zur Wohnung stand noch offen, und sie ging hinüber, um sie zu schließen. Gerade legte sie die Hand auf die Klinke, da hörte sie schwere Schritte auf der Treppe.
Er kommt zurück. Hastig versuchte sie, die Tür zu schließen, aber es war zu spät. Ein Fuß schob sich in den Türspalt, und der kräftige Gegendruck einer Männerhand verhinderte, dass die Tür ins Schloss fiel. Erschrocken fuhr Gypsy zurück.
„Du glaubst doch wohl nicht, dass du mich so leicht loswirst?“, war alles, was er sagte.
4. KAPITEL
Gypsy klopfte das Herz bis zum Hals, während sie zusah, wie Rico Christofides wieder die Wohnung betrat und betont leise die Tür hinter sich schloss. Der Blick seiner zornigen grauen Augen ließ sie nicht los. Er sah unglaublich wütend aus. In seinem Haar und auf seiner Jacke schimmerten Regentropfen. Dieser Mann war im Begriff, ihr ganzes Leben auf den Kopf zu stellen, und sie konnte nur machtlos dabei zusehen.
Ihr Vater hatte, zwar spät und auch nur widerstrebend, die Verantwortung für sie übernommen, als sie sechs war. Und jetzt würde Rico das Gleiche bei Lola tun. Sie hatte es geahnt und sich davor gefürchtet.
Mit aller Kraft kämpfte sie gegen ihre Angst an. „Ich möchte Sie nicht hierhaben, Mr Christofides“, stieß sie mühsam hervor. „Ich wollte nicht, dass Sie …“
Er lachte bitter auf. „Natürlich wolltest du nicht, dass ich von der Existenz meiner Tochter erfahre. Was für ein Glück, dass ich mir gestern Abend aus den vielen Londoner Restaurants genau dieses eine ausgesucht habe.“
Rico presste den sinnlichen Mund zusammen und sah aus, als würde er Gypsy am liebsten an die Kehle gehen.
„Nur durch einen Zufall habe ich von meiner Tochter erfahren! Mir wird heiß und kalt, wenn ich mir das vorstelle.“
„Sie haben mich nicht zu Ende reden lassen“, hörte Gypsy sich wie aus weiter Ferne sagen. „Ich wollte
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