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Diese eine Woche im November (German Edition)

Diese eine Woche im November (German Edition)

Titel: Diese eine Woche im November (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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der Brieftasche war cool von dir. «
    » Und jetzt? «
    » Jetzt gehen wir jeder unserer Wege. « Unternehmungslustig wendet sie sich dem Platz zu.
    » Ich könnte dir eine Menge von Venedig zeigen « , sagt Tonio leise.
    » Das ist nett gemeint, aber – « Sie guckt ihn an. » Wir kennen uns doch gar nicht. «
    » Das lässt sich ändern. «
    » Glaubst du, nur weil du mir mein Portemonnaie nachgetragen hast …? « Ihr Lächeln wirkt herablassend. » Ach natürlich, du willst Finderlohn. « Sie greift in ihre Tasche.
    Genauso gut hätte sie ihm ins Gesicht schlagen können. » Ich will nichts von dir. « Seine Augen werden hart. » Außer vielleicht – « Tonio richtet sich zu voller Größe auf. » Ein wenig Höflichkeit. «
    Verwundert mustert Julia den Venezianer, dem es gelingt, ihr Manieren beizubringen.
    » Entschuldige. Da hast du recht. Lass uns etwas trinken gehen. «
    » Schon besser. « Er bleibt ernst.
    Sie zeigt auf den belebten Platz. » Was schlägst du vor? «
    » Ich weiß genau das Richtige. «
    Sie überqueren die Piazza und tauchen in eine der kleinen Gassen ein, die nicht einmal einen Namen tragen. Kaum sind sie allein, ist das Schweigen zwischen ihnen, die Erkenntnis, dass sie einander völlig fremd sind. Julia fühlt sich beklommen in der unbekannten Stadt, an der Seite des fremden Jungen. Nebel steigt aus dem Wasser.
    » Wieso kommt ihr ausgerechnet im November her? « , bricht er das Schweigen.
    » Ohne besonderen Grund. «
    Ihre Schritte auf dem Pflaster. Die harten Absätze Julias, fast unhörbar der Junge. Vor und hinter ihnen nur noch Nebel.
    » Wo ist denn diese Kneipe? «
    » Um die Ecke. «
    Plötzlich ein Geräusch. Wie wenn einer rennt und unvermittelt stehen bleibt.
    » Was war das? «
    » Nichts. «
    » Da ist doch einer. «
    » Das kann von sonst wo kommen « , sagt Tonio. » Das Echo bricht sich an den Wänden. «
    Julia hält vor einer Brücke. Die Warnung ihres Vaters kommt ihr in den Sinn. In einer Nacht wie dieser kann sich irgendjemand anschleichen und schon kriegt man eins über den Schädel gezogen. Keiner hat es gesehen, keiner hört das Opfer schreien, schon wird man in den Kanal gekippt. Wer sagt Julia eigentlich, dass Tonio nicht auch ein Gangster ist? Er hat sie hergelockt und sein Komplize erledigt den Rest. Hätte sie nur auf ihren Vater gehört!
    » Wo ist das verdammte Lokal? « Sie läuft über die Brücke.
    » Dort vorn. Was regst du dich so auf? «
    » Dort vorn, dort vorn, das sagst du schon die ganze Zeit. Man sieht nicht das Geringste! « Sie stellt sich in den milchigen Lichtkegel einer Straßenlaterne. » Gott, ist das mühsam bei euch. «
    » Mühsam? «
    Julia will ihre Furcht vertuschen. » Man kann nicht mit dem Fahrrad fahren oder mit dem Mofa. Alles nur zu Fuß. «
    » Oder auf dem Wasser. « Er lächelt.
    » Schrecklich. Ich könnte hier nicht leben. «
    Langsam wird Tonio sauer. Venedig ist die schönste Stadt der Welt. Was bildet sie sich ein, seine Heimat zu beleidigen? Das Mädchen sieht hübsch aus, ist gebildet und was sonst noch, aber leider ist sie schrecklich zickig. Sie ist der Typ Großstadtziege, die glaubt, alles wäre nur zu ihrer Bequemlichkeit da. Ein Drink, denkt er und ist froh, dass ihm das so rasch klar wird. Dann bin ich weg. Er überholt sie, läuft um die Ecke und weist voraus.
    » Glaubst du mir jetzt? «
    So ist das in Venedig. In einem Augenblick ist alles einsam und gruselig, und man glaubt, man wäre der einzige Mensch in der Stadt. Nur ein paar Meter weiter schlägt einem quirlige Lebendigkeit entgegen. Die beiden betreten einen Platz, an dessen Ende Wasser glitzert.
    » Hey, ist das der Canale Grande? « Sie ist so erleichtert, dass sie laut lachen könnte. » Echt schön hier. Tolle Stadt. «
    » Wäre der Nebel nicht, könntest du sogar die Rialtobrücke sehen. « Wer begreift dieses Mädchen? Nur ein paar Minuten mit ihr zusammen, und Tonio glaubt, er fährt Achterbahn.
    » Komm weiter. Ich hab Durst. « Sie rennt über den Platz und breitet die Arme aus. » Hammer! «
    Tonio holt sie ein, zeigt auf eine bunt erleuchtete Bar. » Da gehen wir rein. «
    » Moment mal. « Sie bleibt stehen. » Du bist auch nicht älter als ich. «
    » Ja, und? «
    » Glaubst du, die lassen uns da rein? «
    » Wieso nicht? «
    » Es ist immerhin eine Bar. «
    Er grinst. » In Italien heißt alles Bar , wo du was trinken kannst, vom Kaffee bis zum Grappa. Komm nur. «
    Sie laufen auf die Lichterschlange zu. Bunte Glühbirnen, deren

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