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Diese eine Woche im November (German Edition)

Diese eine Woche im November (German Edition)

Titel: Diese eine Woche im November (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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Der alte Mann will ihr ins Wort fallen. » Lass gut sein, Papa. Woher wüssten sie sonst, dass sie bei uns klingeln müssen? «
    Tonio möchte nur dasitzen und die Zeit verrinnen lassen. Er will mit der Signora nicht darüber sprechen, was mit ihrem Mann geschah.
    » Wen meinen Sie mit ihnen? « , antwortet Pippa.
    Das Gesicht der Frau wird düster. » Ich bin ehrlich zu euch, also seid ehrlich zu mir. Manchmal schicken die Trucidi Kinder aus, um schlimme Nachrichten zu überbringen. «
    Pippa versucht es mit einer frechen Lüge. » Stimmt. Wir kommen von den Trucidi. Wir wollen erfahren … «
    Tonio legt ihr die Hand auf den Unterarm. » Hör auf. Diese Leute haben Angst, das siehst du doch. « Ein langer Blick zwischen ihm und der Mutter. » Wir kommen nicht von den Trucidi, Signora. Trotzdem weiß ich, was diese Leute Ihrem Mann angetan haben. «
    Die Lippen der Frau zittern. » Wer bist du? «
    » Ich habe alles gesehen. Nachts. Die Männer. Der Brunnen. «
    Tränen treten in ihre Augen. » Du hast gesehen, wie sie Franco … «
    » Wo ist Ihr Mann, Signora? « , erwidert er.
    » Ich weiß es nicht. « Sie verschränkt die Finger ineinander. » Ich habe geglaubt, ihr beide seid vielleicht die Boten, die uns mitteilen, dass Franco tot ist. «
    Tonio erschrickt über die Verzweiflung im Blick der schönen Frau. » Er ist bestimmt nicht tot. In der Nacht am Brunnen hätten sie ihn umbringen können. Sie haben es nicht getan. «
    » Was wollt ihr von uns? « , fragt der alte Mann.
    » Wir suchen jemanden, den die Trucidi entführt haben. « Tonio beugt sich vor. » Wir müssen wissen, wo diese Leute sich aufhalten. Sind sie in Venedig? Wenn Sie es uns sagen, werden wir alles tun, um auch Ihrem Mann zu helfen. «
    » Vorsicht, Maria « , sagt der Alte.
    Schweigen. Weiß treten die Knöchel der Signora hervor. » Wo sind eigentlich eure Eltern? «
    » Tot « , antwortet Tonio.
    » Meine auch « , nickt Pippa.
    » Wo wohnt ihr? «
    » Bei unserem Onkel – Onkel Rinaldo « , antwortet Pippa an Tonios Stelle.
    Die Signora schaut zwischen den beiden hin und her. » Franco sagte zu mir, je weniger ich weiß, desto besser. Ich habe keine Ahnung, wer diese Leute sind. « Nacheinander legt sie Gabeln und Löffel in die Teller. » Ich weiß es wirklich nicht. «
    » Ist Ihr Mann denn nie zu denen hingegangen? Hat er eine Adresse genannt, wenigstens einen Stadtteil? «
    Hilfe suchend sieht die Frau den alten Mann an. » Hat er dir etwas gesagt, Papa? «
    Der Vater schüttelt den Kopf.
    Der Sohn hat bis jetzt schweigend zugehört. » Es ist nicht schwer, etwas über die Trucidi rauszukriegen. « Auf den erstaunten Blick der Mutter erklärt er: » Ich habe im Internet einiges gefunden. Sogar ihr Erkennungszeichen. «
    » Was für ein Erkennungszeichen? « , fragt Tonio.
    » Die Schlange mit den drei Köpfen. «
    Fassungslos betrachtet ihn die Mutter. » Lino! Davon hast du mir nie erzählt. «
    » Ich habe Papa einmal danach gefragt. «
    » Ja, und? «
    » Er wurde zornig und hat mir verboten, jemals wieder darüber zu reden. «
    » Eine dreiköpfige Schlange …? « , flüstert Signora da Silva.
    » Wissen Sie etwas davon? «
    Eine tiefe Falte zwischen ihren Augen. » Franco hat eine Tätowierung. «
    » Papa? « , fragt der Junge. » Ich habe nie so was an ihm gesehen. «
    » Sie ist fast unsichtbar. Ich habe sie entdeckt, als er schlief. Es war im Sommer, er hatte das Haar kurz abrasiert. Auf dem Hinterkopf, wo der Haarwirbel sitzt, entdeckte ich die Tätowierung. «
    » Was ist es? «
    » Ein Kranz aus Schlangen « , antwortet die Mutter. » Die Schlangen haben drei Köpfe. «
    Sie sitzen an dem großen Tisch, es riecht nach Knoblauch und Rosmarin. Draußen wird es heller. Der Regen zieht nach Osten ab.
    » Danke « , sagt Tonio und stellt den Teller zu den übrigen.

20

    R uhig, nur ruhig, denkt Herbert. In höchster Anspannung geht er in dem schmalen Raum auf und ab. Sechs Schritte zur Tür, sechs zum Fenster. Es ist zugemauert. Muffig und kalt ist es hier drin, Feuchtigkeit dringt ein. Es gibt Strom, die Fassung der Lampe ist durch die Nässe oxidiert, auch das Bettgestell ist verrostet. Die Matratze, der Campingtisch, die Wolldecken scheinen eilig herbeigeschafft worden zu sein.
    Herbert tritt leise auf, Julia schläft. Die Ruhe wird ihr helfen, das Kommende leichter zu ertragen. Was soll er ihr sagen, wie viel muss er ihr verschweigen? Je weniger Julia über die Hintergründe weiß, desto besser kann er sie aus der

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