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Diese eine Woche im November (German Edition)

Diese eine Woche im November (German Edition)

Titel: Diese eine Woche im November (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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der Wissenschaft, einflussreiche Männer. Die Bruderschaft kann nur erfolgreich sein, wenn ihr Einfluss überallhin reicht. Nur wenige dieser Männer, die an Sandro vorbeiziehen, stammen aus Italien. Die meisten sind Vertreter anderer Kontinente. Sie kommen nicht aus den reichen, satten Nationen der Erde, ihre Länder sind hungrig, ihre Menschen sind wütend. Ihre Zusammensetzung lässt das Ausmaß des großen Planes ahnen, auch wenn das Geheimnis streng gehütet wird. Die Ritter gruppieren sich um die Empore. Auf ein Zeichen der Musik werfen Gesellen und Ritter ihre Kapuzen zurück. Damit ist der Einzug beendet.
    Der Trucido kommt durch das Mitteltor. Gemäß seinem Rang trägt er einen scharlachroten Mantel, auf dessen Rücken die dreifache Schlange in Gold gestickt ist. Zügig durchquert Marcantonio Corniani den Saal, falsche Feierlichkeit liegt ihm nicht. Er begrüßt keinen der Anwesenden, weil er niemanden bevorzugen will. Er läuft die Stufen zur Empore hoch. Sein Gesicht verrät Anspannung. Mit dem Rücken zur Versammlung verneigt er sich vor der Gestalt auf der Galerie. Sie hebt die Hand, eine schwarze Feder schwebt herab und landet zu Füßen des Trucido.
    Corniani wendet sich den Anwesenden zu.
    » Ein neuer Stein soll dem Gebäude der Wahrheit hinzugefügt werden « , beginnt er. » Die Paläste dieser Welt sollen stürzen. Unser Feind ist der Teufel mit den acht Häuptern. Die Großen Acht bringen Armut und Elend über die Menschen. Wir Trucidi sind Richter und Henker in einem. Wir werden dem Teufelstier sämtliche Häupter abschlagen. «
    Ein hoher Ton des Hornes. Die Ritter heben die Schwerter, zum Zeichen, dass sie das geheime Ziel der Bruderschaft teilen.
    » Zum Ablegen des Eides rufe ich das Große Siegel an! « Corniani erhebt die Stimme. » Es erscheine in unserem Kreis! «
    Auch wenn die Anwesenden angehalten sind, den Blick auf den Trucido zu richten, drehen sich einige um. Seit einem Jahrhundert hat niemand das Wappen der Bruderschaft zu Gesicht bekommen. Seine Einzelteile waren in alle Welt verstreut. Nur der runde Spiegel befand sich im Besitz der Cornianis. Marcantonio hatte ihn in seiner Pariser Wohnung an der Wand hängen. Niemand, der sich darin betrachtete, ahnte, dass er in das verstümmelte Wappen der Trucidi blickte. Nun ist das Siegel wieder komplett, die Schlangenköpfe funkeln an ihrem alten Platz. Auf einem Kissen aus schwarzem Samt wird das Emblem von vier Brüdern hereingetragen.
    Sandros Augen ruhen voll Stolz darauf. Das Diadem, die Brillanten, die Smaragde, er hat um jeden dieser Steine gekämpft.
    Das Wappen erreicht die Empore, Corniani neigt das Haupt. » Wir sprechen den Schwur. «
    Gesellen und Ritter sinken auf die Knie. Corniani sagt die Formel, die sein Urahn, der Große Doge, erdacht und zu Papier gebracht hat.
    » Wir geloben, die Erhabenheit des Ordens zu schützen. «
    » Wir geloben, die Erhabenheit des Ordens zu schützen « , wiederholen Ritter und Gesellen.
    » Wir geloben, die Geheimnisse des Ordens mit unserem Leben zu bewahren und lieber den Löwen zum Fraß vorgeworfen zu werden, als sie zu verraten. «
    » Wir geloben! «
    Sechsunddreißig Artikel hat der Schwur der Trucidi. Corniani ruft einen nach dem anderen auf. Die Brüder schwören, jeden zu befolgen.
    » Wir geloben, nicht nach dem Geld der Acht zu trachten « , lautet die letzte Aufgabe. » Wir geloben, die teuflische Acht zu Fall zu bringen. «
    Von allen wird es beschworen.
    Corniani beugt vor dem Wappen das Knie und küsst das Diadem der Schlangenhäupter. Damit ist die Zeremonie abgeschlossen. Freude und Erleichterung sind groß. Applaus setzt ein. Die Gesellen klatschen, die Ritter klopfen mit den Schwertern auf den Boden. Der Trucido schaut in den Saal, ein glückliches Lächeln zieht über sein Gesicht. Die Brüder werden nicht ruhen, bis ihre Aufgabe erfüllt ist. Die Anwesenheit des Siegels macht das Ritual zum Gottesdienst. Niemand wird sich seiner Pflicht entziehen.
    Umbrandet von Applaus, schaut der Trucido zur Galerie auf. Die Gestalt über ihm streckt ihm huldvoll die Hand entgegen. Er rafft seinen Mantel, betritt die Wendeltreppe und läuft zu dem Wesen mit den schwarzen Schwingen hinauf. Oben angelangt, tritt er vor sie hin.
    Es wird still im Saal. Aller Augen sind auf das Paar gerichtet. Sekunden vergehen, bis die Gestalt die Schlangenmaske abnimmt. Darunter kommt das Gesicht Eleonoras zum Vorschein. Sie ist die einzige Frau im Bunde. Sie ist die Königin, die Madonna, deren

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