Diese Nacht darf niemals enden
Alexa stehen bleiben. Einen Moment zögerte sie, dann gab sie mit einem knappen Nicken nach. „Nun gut, wenn Sie darauf bestehen.“ Hilflos warf sie die Hände in die Luft. „Aber ich weiß wirklich nicht, was Sie sich davon erwarten.“
„Ich denke, Guys Frau wird es als notwendige Voraussetzung für das Gelingen ihrer Ehe ansehen.“
Jetzt verstand Alexa. Guy wollte seiner Frau versichern, dass Alexa keine Gefahr mehr für die Ehe darstellte. Sie holte tief Luft. „Ich werde Ihre Bitte erfüllen, Madame , aber nur unter der Bedingung, dass ich danach nie wieder Kontakt zu Ihrer Familie haben muss, mit keinem aus Ihrer Familie. Sie müssen verzeihen, wenn es barsch klingt, aber ich will mein Leben weiterleben.“
Nichts in Madame de Rochemonts Miene verriet, was sie dachte. „Wie Sie wünschen, Mademoiselle “, stimmte sie zu. „Kommen Sie, der Wagen wartet bereits auf Sie.“
10. KAPITEL
Wie in Trance ging Alexa an Bord des Privatjets der Familie Rochemont. Sie kannte dieses Flugzeug bereits. Während der Zeit mit Guy war sie sicherlich gut ein Dutzend Mal in der Maschine gereist. Die Extravaganz hatte sie damals schockiert, doch Guy hatte es völlig nüchtern betrachtet.
„Es spart Zeit“, hatte er zu ihr gesagt.
Und Zeit hatte er immer am wenigsten gehabt – zumindest für Alexa. Also hatte sie diese Extravaganz mitgemacht, hatte die Umwelt mit zusätzlichen Abgasen belastet und Gehaltskosten für ein Dutzend Leute verursacht, nur damit Guy de Rochemont die Frau, die er aktuell in seinem Bett haben wollte, auch in sein Bett bekam.
Ich habe mitgemacht – und es willig mit mir machen lassen.
Verachtung für das eigene Verhalten stieg in ihr auf.
Ich war seine Komplizin. Weil ich es so wollte. Ich wollte ihn und habe seine Bedingungen ohne Zögern akzeptiert. Denn es waren die einzigen, die er mir angeboten hat. Ich habe mir eingeredet, dass es so in Ordnung war, dass es das war, was uns beiden passte. Aber das stimmte nicht. Ich hätte die Kraft aufbringen müssen, nein zu den Bedingungen zu sagen. Nein zu ihm zu sagen.
Doch diese Kraft hatte sie nicht besessen, stattdessen hatte sie alles klaglos akzeptiert.
Letztlich hatte sie dafür bezahlt, schon bevor alles zu Ende war – nämlich von dem Moment an, als ihr klar geworden war, dass sie sich in Guy verliebt hatte. Von dem Moment an hatte er sie als seine Geisel gehalten. Er hatte ihr Herz als Geisel gehalten – und ihre Selbstachtung.
Nun, die hatte sie jetzt wieder zurückgewonnen, mit ihrem Nein zur Rolle der Geliebten eines betrügerischen Ehemanns. Das würde sie auch Guys Frau deutlich machen. Sie sollte erleichtert sein, dass Guy sich das von ihr wünschte. Immerhin zeigte er nun wenigstens Rücksicht auf das Mädchen, das er geheiratet hatte. Vielleicht hatte die Ehe ja doch eine Chance.
Alexa war froh darüber.
Konnte sie etwas anderes sein? Sie würde das durchstehen, und danach würde sie zu dem Leben zurückkehren, das sie kannte, dem Leben, das ihr geblieben war.
Während des Flugs sagte Alexa sich diese Dinge immer wieder vor, wiederholte es wie ein Mantra.
„Miss Harcourt?“ Die Stewardess tauchte an ihrer Seite auf. „Der Captain lässt Ihnen ausrichten, dass wir jetzt mit dem Landeanflug beginnen.“
Sie zwang sich zu einer entsprechend höflichen Erwiderung. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie holte tief Luft. Sie würde es durchstehen, musste es.
Der Jet landete auf einem kleinen Privatflughafen außerhalb von Paris. Eine Limousine wartete, um Alexa zu ihrem Ziel zu bringen. Es war ein Frühsommernachmittag wie aus dem Bilderbuch, die Sonne schien und tauchte die vorbeirauschende Landschaft in warmes goldenes Licht. Irgendwann bog der Wagen von der Landstraße in eine schmale Allee, die zu reich verzierten schmiedeeisernen Toren in einer hohen Mauer führte. Der Knoten in Alexas Magen wurde härter. Sie sah sich um, während der Wagen der gewundenen Auffahrt durch den gepflegten Park folgte. Als das Schloss in Sicht kam, stockte ihr der Atem.
Château Rochemont, das Schloss an der Loire, schien direkt aus dem Märchen zu stammen. Erbaut aus hellgrauem Stein, mit Türmchen und Zinnen, lag es inmitten blühender Rabatten. Als Alexa vor dem Portal aus dem Wagen stieg, erwartete sie, jeden Moment Höflinge flanieren zu sehen, zurechtgemacht für die fête , wie auf dem Gemälde in Madame de Rochemonts Londoner Salon.
Es ist eine so ganz andere Welt, absolut nicht zu vergleichen.
Und es war die Welt, in der
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