Diese Nacht darf niemals enden
Harcourt“, antwortete er in sachlich-professionellem Ton. „Sie bittet mich, Ihnen auszurichten, dass ihr ein Treffen heute Nachmittag gelegen käme.“
In London? Das war praktisch. Dann konnten sie es jetzt gleich und ein für alle Mal hinter sich bringen. Alles andere ließ sich verschieben.
„Also gut.“ Alexa zog die hintere Tür des Wagens auf und setzte sich auf die Rückbank. Der Mann setzte sich hinters Steuer und fuhr los.
Vor einem großen weißen Haus mit prächtigen Stuckarbeiten in Belgravia hielt der Wagen an. Nur Menschen von höchstem gesellschaftlichen Rang konnten es sich leisten, hier zu wohnen. Alexa hatte gewusst, dass Guy reich war, aber sie hatte nie wirklich darauf geachtet. Als sie jedoch jetzt die Außentreppe eines Hauses, das mehrere Millionen Pfund kosten musste, emporstieg und von einem Butler in die elegante Empfangshalle eingelassen wurde, fühlte sie sehr bewusst die tiefe Kluft zwischen ihrer Welt und der, in der Guy mit seiner Frau lebte. Alexa hatte er nie mit in diese Welt genommen.
Er ist Welten von mir entfernt, er war es immer.
Der Gedanke schoss wie ein Speer durch sie hindurch und machte ihr mit jäher Wucht klar, wie unsinnig es gewesen war, sich in einen solchen Mann zu verlieben.
Unmut stieg in ihr auf, dass sie jetzt hier war. Aber es musste getan werden. Mit hoch erhobenem Kopf folgte sie dem Butler, der gemessenen Schrittes vor ihr die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg. Nach einem kurzen Klopfen hielt er ihr eine Tür auf, die in einen großen Salon führte.
Wie angewurzelt blieb Alexa stehen. Ihr Blick glitt automatisch die hohen Wände entlang. Es waren die Gemälde, die sie faszinierten, nicht der opulente Einrichtungsstil. Unhörbar schnappte sie nach Luft. Hier hingen unschätzbar wertvolle alte Meister, genügend, um ein kleines Museum auszustatten – Fragonard, Watteau, Boucher, Claude, Poussin …
Ohne recht zu merken, was sie tat, trat sie wie magnetisch angezogen vor das Gemälde, das ihr am nächsten hing, und betrachtete es. Ein Meisterwerk des Rokoko, die Darstellung einer fête galante . Die jungen Damen waren eingehüllt in sich bauschende Wolken aus Seide und Satin, die jungen Herren ebenso prunkvoll zurechtgemacht. Das Bild war atemberaubend schön, exquisit in seiner reichen Farbgebung und den Details von Stoff, Früchten und Blumen.
Hinter Alexa ertönte eine Stimme.
„Rokoko liegt heutzutage nicht mehr im Trend, doch ich muss gestehen, ich habe eine Schwäche für diese Epoche. Sie verkörpert all das, was die Kunst so charmant macht.“
Die Stimme wies ihre Trägerin als Angehörige der Oberklasse aus. Doch in ihr schwang eindeutig ein französischer Akzent mit. Und es war keinesfalls die Stimme der jungen Frau, die Alexa bei der Wohltätigkeitsgala im Waschraum getroffen hatte. Sie drehte sich um und sah sich einer Frau gegenüber, die bereits älter war, aber dennoch die Figur und Haltung einer Dreißigjährigen besaß. Sie stand vor einem großen offenen Kamin aus Marmor zwischen zwei mit Brokat bezogenen Sofas. Das elegante Kleid war definitiv Haute Couture, um ihren Hals lagen mehrere Perlenreihen. Ihr Haar war makellos frisiert, ebenso perfekt war auch ihre maquillage … und sie hatte grüne Augen.
Grün wie Smaragde.
Alexa zuckte unwillkürlich zurück.
„Ja.“ Die Frau wusste genau, worauf Alexas Reaktion zurückzuführen war. „Die Augenfarbe hat mein Sohn von mir geerbt.“
Ihr Sohn? Alexa schluckte. Madame de Rochemont … Und sie hatte gedacht, es müsste sich um Guys Ehefrau handeln!
Guys Mutter kam mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Wie von allein setzte Alexa einen Fuß vor den anderen, um ihr entgegenzugehen und ihr die Hand zu schütteln.
„So nehmen Sie doch bitte Platz, Mademoiselle Harcourt.“
Mit einer Geste, die zu ihrer eleganten Erscheinung passte, deutete Madame de Rochemont auf eines der Sofas. Alexa schwirrte der Kopf, als sie sich setzte. Madame de Rochemont nahm ihr gegenüber Platz. Ihre grünen Augen musterten kurz Alexas Erscheinung, so als wollte sie sie einschätzen. Alexa wusste nicht, was sie denken sollte. Warum war sie hier? Warum wollte Guys Mutter sie sehen?
„Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gekommen sind, Mademoiselle Harcourt. Schon seit einiger Zeit trage ich den Wunsch in mir, Sie kennenzulernen.“
Darauf konnte Alexa nichts anderes tun als die Ältere verständnislos anzusehen. Das hier kam so völlig unerwartet, sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Einen
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