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Kunden, vor allem Männer, haben keine Partnerin, weil sie so viel arbeiten. Worüber sie aber durchaus verfügen, ist Geld.« Er wirkt amüsiert. Irgendwie scheint er selbst nicht so recht zu glauben, dass er mit seinem Kuppelservice sein Leben finanziert.
Die Frage ist, ob Menschen, die weder die Zeit noch die Lust haben, selbst Kontaktanfragen zu versenden, sich tatsächlich nach einer Beziehung sehnen – oder ob der Leidensdruck vielleicht doch nicht groß genug ist. »Ich habe auch meine Zweifel, wie ernst es meinen Kunden ist«, gibt Prager zu, »ich erlebe es oft, dass sie den Zeitraum nach der ersten Verabredung, in dem man sich noch einmal melden sollte, verstreichen lassen. Sie sind dann drei Wochen auf Dienstreise oder anderweitig beschäftigt. Aber gerade am Anfang muss man Zeit in ein Kennenlernen investieren – ohne dass man weiß, was daraus wird. Ich glaube, meine Kunden hätten gerne das Endergebnis: eine tiefgehende, solide Beziehung und auch irgendwann Familie. Aber für den Weg dorthin möchten sie am liebsten eine Abkürzung nehmen.«
Vor seiner Tätigkeit als Online-Kuppler hatte Prager eine ganz andere Karriere: Er war Drehbuchautor in Hollywood, schrieb unter anderem an der Serie »Southpark« mit und hatte eine leitende Position beim Fernsehsender HBO . Doch irgendwann war er das Schlangennest Hollywood leid. »Ich hatte das Gefühl, dass meine Kreativität ausgesaugt wird und ich viele Shows nur deshalb mache, damit ich meine Rechnungen bezahlen kann.« Er schlug einen anderen Weg ein: Er zog nach New York, ging noch mal an die Uni und wurde Therapeut.
»Nach außen hin sieht mein Karrierewechsel vielleicht drastisch aus, aber er fühlt sich nicht so an. Drehbuchschreiben ist dem, was ich jetzt mache, sehr ähnlich. Wenn man in Hollywood erfolgreich sein will, muss man Menschen und Beziehungen lesen können. Man muss wissen, wie man Leute manövriert. Außerdem habe ich in L.A. immer, wenn ich mal nicht gearbeitet habe, meinen Freunden Beziehungstipps gegeben. Man kann sagen: Ich war Experte auf dem Gebiet, bevor ich meinen Abschluss als Therapeut hatte.«
Aufgeflogen sei er nur einmal, erzählt Prager. Ein Kunde war mit einer Frau verabredet, die ihm beim ersten Date gestand, einen Sohn zu haben und dies nicht in ihrem Profil angegeben zu haben. »Daraufhin erzählte mein Kunde, dass die Mails, die sie bekommen hatte, nicht von ihm stammten.« Kam es zum Eklat? »Nein, von wegen! Die Frau fand es originell«, sagt Prager und versichert: »Jeder, wirklich jeder träumt davon, den Teil des Kennenlernens, bevor man sich mit jemandem trifft, auszulagern.«
»Liebe ist kein Zufall« – Ein neues Verständnis einer effektiven Partnersuche
Genau wie die Partnerbörsen verkauft auch Matt Prager eine »Illusion der Machbarkeit«, wie es einmal in einem FAZ -Artikel über die Liebe im Netz hieß.
Eine ganze Single-Industrie macht den Alleinstehenden heute klar: Einsamkeit ist ein Zustand, der sich ohne Weiteres beheben lässt. »Wir verlieben Sie!«, »Liebe ist kein Zufall«, »In drei Schritten zu Ihrem Traumpartner« – die Slogans der Partnerbörsen, die einem im Fernsehen, in Zeitschriften und auf Nachrichtenportalen begegnen, suggerieren, dass die Liebe heute nicht mehr eine Frage des Schicksals ist, sondern etwas, das einem im Handumdrehen widerfahren kann – wenn man nur beim richtigen Anbieter ist. Eine Zeit lang warb Neu.de mit einer Geld-zurück-Garantie: Wer nach einem Jahr noch keinen Partner gefunden hatte, sollte seinen Einsatz wiederbekommen.
Partnerbörsen erklären den Zufall, diesen launischen Liebesschöpfer, zum Gegner, den es auszuschalten gilt. Sie stellen ihre Systematik, ihre wissenschaftlichen Methoden seiner Planlosigkeit entgegen. Sie behaupten, dauerhafte Liebe habe mehr mit psychologischen Kategorien der Übereinstimmung zu tun als mit Intuition und Glück.
Und ihre Mitglieder glauben es. Das Gütesiegel »wissenschaftlich gestütztes Verfahren« befreit sie aus ihrer Passivität, zu der sie das Warten auf den Zufall verdammt hat. Sie können nun endlich aktiv werden, etwas für ihr Glück tun. Sie nehmen ihr Schicksal einfach selbst in die Hand. Sie sind Amors Albtraum.
Glich der traditionelle Liebessucher einem einsamen Angler, so haben ihm die Partnerbörsen mit ihren riesigen Datenbänken ganze Schleppnetze in die Hand gegeben, schreibt Klaus Werle in »Die Perfektionierer«. Wie Frank, der Projektmanager aus Berlin, überlegen sich Millionen von
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