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Titel: Diesen Partner in den Warenkorb legen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Dilling
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Partnerbörse in Deutschland, die genetisches Matching anbietet. Wattestäbchen, DNA -Abstrich, Kompatibilitäts-Prognose – für einmalig 139 Euro analysiert Gmatch eine bestimmte Sektion der DNA , das Humane Leukozyten-Antigen, auf dem unser immunologisches Programm gespeichert ist. 9
    Was das mit der Partnerwahl zu tun hat? Weil wir von der Natur so programmiert sind, dass wir möglichst gesunden Nachwuchs zeugen wollen, tendieren wir dazu, unterbewusst jene Menschen attraktiv zu finden, deren Immunsystem sich am stärksten von unserem unterscheidet – und damit fortpflanzungstechnisch am besten ergänzt.
    Die Erkenntnisse, auf die sich Anbieter wie Gmatch oder GenePartner in Zürich berufen, gehen auf Experimente zurück, die in den Neunziger Jahren unter anderem an der Universität Bern durchgeführt wurden. Dabei mussten Frauen an getragenen T-Shirts von Männern riechen und anschließend darüber Auskunft geben, welchen Körpergeruch sie besonders anziehend fanden. Das Ergebnis: Sexy war, wer den Breitband-Immunschutz garantierte.
    Wenige Wochen, nachdem man sein Wattestäbchen an Gmatch geschickt hat, erhält man einen Umschlag mit dem Ergebnis: Singles können von nun an passend zu ihrem Immunprofil in der Partnerbörse nach kompatiblen Kandidaten suchen (abgesehen von der Genanalyse ein konventionelles Portal mit den üblichen Steckbriefkriterien Foto, Beruf, Interessen). Paare, die sich ihr Zusammenpassen bescheinigen lassen wollen, erhalten mit dem Umschlag eine Punktezahl zwischen 1 und 10. Alles über sechs Punkten sei sehr gut, sagt Gmatch-Gründer Reichert. Schon erstaunlich: Nicht einmal DNA -Analysen sind zu komplex, als dass man das Ergebnis am Ende nicht in einer 10-er Skala darstellen könnte, die auch ein Grundschüler versteht.
    Genetisches Matching klingt, als hätten Orwell, Bradbury und Huxley über die Liebe im Jahr 2012 gebrainstormt: Paarbildung als eine biochemische Zwangsläufigkeit, ermittelt im Labor, errechnet per Algorithmus. Nicht etwa ein aus der Reihe tanzender Eckzahn oder ein gemeinsames Faible für Benn-Gedichte soll der Grund dafür sein, warum sich Menschen ineinander verlieben, sondern das evolutionäre Erbe, das uns mit unsichtbarer Hand steuert. Die Himmelsmacht schrumpft zur Wattestäbchen-Wahrscheinlichkeit. Wer will es so genau wissen?
    Momentan noch nicht allzu viele: Gmatch hat nur ein paar hundert Mitglieder – nicht nur genetisch gesehen ein ziemlich kleiner Pool, in dem man da fischen kann. Zudem stößt ein solcher Anbieter gerade im datenschutzbesorgten Deutschland auf Vorbehalte – zu groß die Bedenken, DNA -Informationen einem Unternehmen anzuvertrauen.
    Auch wenn Partnerbörsen wie Gmatch ein Nischenphänomen sind und wohl auch bleiben: Es ist auffällig, mit wie viel wissenschaftlichem Gewese der Liebe heute zu Leibe gerückt wird. Ratgeber, Partnerbörsen, Therapeuten – unzählige Experten meinen, die Zauberformel für das ewige Glück zu zweit gefunden zu haben. Wissenschaftlich unterfüttert durch »Erkenntnisse« der Psychologie, Soziologie, Biochemie, Philosophie oder Ökonomie. Und mit jeder Menge Geschäftssinn aufbereitet.
    Immer wieder taucht dabei vor allem ein Begriff auf: Matching – das populärwisseschaftliche Konzept der Paarbildung. Das Wort der Stunde stammt ursprünglich aus dem Bereich der Arbeitsvermittlung. In seiner Trait-und-Factor-Theorie von 1909 beschreibt der amerikanische Ingenieur und Sozialreformer Frank Parsons Arbeitnehmer als dann am produktivsten, wenn sie bei einer Tätigkeit eingesetzt sind, die am besten ihren Fähigkeiten entspricht – eine Erkenntnis, die uns heute nicht sehr revolutionär vorkommt. Aber vielleicht steht dieses Schicksal dem Liebes-Matching ja auch bevor. Vielleicht finden wir es in fünfzig Jahren vollkommen normal, unseren Partner wie einen Arbeitsplatz zu wählen: profilgenau passend gemäß bestimmter Anforderungskriterien. Und abgesichert durch eine mathematische Formel. It’s the algorithm, stupid!
    »Das mit uns habe ich mir anders vorgestellt« – Die Checkliste in unserem Kopf
    Friederike Knappe aus Hamburg hat eine sehr genaue Vorstellung von der Liebe im Allgemeinen und dem perfekten Match im Besonderen. Ich habe die 33-Jährige auf einer Dienstreise kennengelernt. Sie saß mir in einem dieser Vierer-Sitzgruppen im ICE gegenüber und hatte erst einen Psychotest in einer Frauenzeitschrift gemacht und sich dann aus den Magazinen NEON und Psychologie Heute Expertenzitate

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