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Diesen Sommer bin ich dein

Diesen Sommer bin ich dein

Titel: Diesen Sommer bin ich dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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saß, wie er
erwartet hatte, ohne die Rückenlehne ihres Sessels zu berühren. Aber es wäre
falsch, ihre Haltung als kerzengerade zu bezeichnen. Ihr Rücken wies eine
elegante Biegung auf. Tatsächlich zeigte jede Linie ihres Körpers Anmut. Das
heißt, disziplinierte Anmut. Und vielleicht unbewusste, disziplinierte Anmut.
Sie folgte dem Theaterstück gewiss mit all ihrer Aufmerksamkeit, die Hände
regungslos im Schoß, ihren geschlossenen Fächer mit einer Hand fest umfassend.
    Kit beobachtete
sie.
    Bemerkte sie es?
Hatte sie die äußerst interessierte Bewegung bemerkt, die bei ihrem Betreten
von Farringtons Loge im Parkett und in den übrigen Logen aufgekommen war?
Zahlreiche Monokel und Lorgnetten waren auf sie gerichtet und Köpfe
zusammengesteckt worden, wie es geschieht, wenn man Klatsch austauscht. Es
hatte natürlich aufgeregtes Gerede gegeben, als er an dem Tag, nachdem er mit
ihr auf dem Mannering-Ball getanzt hatte, mit ihr in den Hyde Park
gefahren war - besonders, laut Rush, deswegen, weil er sie auf einen der
schattigeren Wege kutschiert hatte, anstatt den Gesellschaftskreis bis zu Ende
zu drehen. Aber seit damals waren zwei Wochen vergangen, in denen nichts die
Flammen der Spekulation gespeist hatte.
    Sie schien sich des
Interesses nicht bewusst, dass sie erregt hatte. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit
erst von der Bühne ab, als der erste Akt endete.
    »Ich hatte
vergessen«, sagte sie, »wie es ist, die Aufführung eines Theaterstücks wirklich
zu erleben. Man vergisst sich selbst vollkommen, nicht wahr?«
    »Ich habe dem Stück
nicht zugesehen«, gestand er ein, wobei er bewusst die Stimme senkte.
    Sie presste in fast
unmerklicher Verärgerung die Lippen zusammen und öffnete den Fächer auf ihrem
Schoß. Offensichtlich verstand sie die Bedeutung seiner Worte. Ebenso
offensichtlich missfiel ihr seine Art der leichten Poussiererei. Sie missfiel
ihm auch selbst. Er war weitaus wirkungsvollerer Feinheiten fähig. Aber es
amüsierte ihn zu studieren, wie weit er gehen konnte, bevor sie die kühle
Kontrolle über ihr Naturell verlöre - und auch zu untersuchen, was
geschehen würde, wenn dies in der Tat einträfe. Gab es hinter der kühlen
Fassade denn etwas Interessantes zu entdecken?
    Alle anderen
Logengäste hatten sich inzwischen erhoben. Farrington führte Miss Merklinger
auf ein Glas Zitronenlimonade davon. Ihre Eltern folgten ihnen, sehr korrekt,
in kürzestem Abstand.
    »Lauren.« Lady
Wilma Fawcitt berührte ihre Cousine an der Schulter. »Sutton hat angeboten, uns
zu Lord Bridges Loge hinüberzubegleiten, um der lieben Angela unsere Aufwartung
zu machen. Komm mit.« Sie nickte Kit huldvoll zu. »Gütiger Himmel, Ihr werdet
Euch recht verlassen fühlen, Lord Ravensberg. Aber wir werden zum zweiten Akt
zurück sein.«
    Lady Bridges war
Suttons Schwester, wie sich Kit erinnerte. Er erhob sich. Miss Edgeworth nicht.
Sie fächelte sich gemächlich die Wangen und legte einen schlanken Arm auf die
Samtarmlehne ihres Sitzes.
    »Ich glaube, ich
werde hier bleiben, Wilma. Bitte grüß doch Lady Bridges von mir.«
    Interessant!
    Sutton und seine
Verlobte hatten nun kaum noch eine andere Wahl, als wirklich in die Loge der
Bridges zu gehen, die genau auf der entgegengesetzten Seite des Theaters lag.
Miss Edgeworth schaute ins Parkett hinab und fächelte sich weiterhin Luft zu,
während Kit seinen Platz wieder einnahm.
    »ihr wart
Erkundungsoffizier auf der Pyrenäenhalbinsel, Lord Ravensberg«, sagte sie, ohne
den Kopf zu wenden und ihn anzusehen. »Ein Spion.«
    Sie hatte also
einiges über ihn erfahren? »Ich bevorzuge erstere Bezeichnung«, erwiderte er.
»Das Wort Spion beschwört Bilder von Umhängen und Dolchen und Großtaten
verwegener Tollkühnheit herauf, die einem die Haare zu Berge stehen lassen.«
    Da wandte sie sich
zu ihm um. »Ich hätte erwartet, dass Euch ein solches Leben gefällt. War dem
nicht so?«
    Er dachte an die
langen einsamen Reisen, manchmal zu Pferd, häufiger zu Fuß, durch feindliches
Gebiet, gleichgültig zu welcher Jahreszeit. Er dachte an die endlosen,
fruchtlosen Unterfangen, an das Umgehen französischer Kundschaftertrupps, an
die Bemühungen um vorsichtigen Kontakt mit Partisanengruppen sowohl in Portugal
als auch in Spanien, an die Notwendigkeit, geduldig und taktvoll mit
unbedeutenden Diktatoren, wirren Hitzköpfen und grausamen, fanatischen
Nationalisten zu verhandeln, an die entsetzlichen Gräueltaten, die weitab der
Schlachtlinien geschahen - Folterungen,

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