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Diesen Sommer bin ich dein

Diesen Sommer bin ich dein

Titel: Diesen Sommer bin ich dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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versuchte nicht,
sie erneut zu umfassen. Er berührte sie nicht einmal. Er hatte die Hände fest
auf dem Rücken verschränkt. Dennoch wäre sie einen Schritt zurückgetreten, um
mehr Abstand zwischen sie zu legen, wenn die Bäume es zugelassen hätten.
»Würdet Ihr mir die große Ehre erweisen, mich zu heiraten?«
    Was? Sie sah ihn
sprachlos an. Seine Frage kam so unerwartet, dass ihr Verstand es im Moment
nicht erfassen konnte. Das war gewiss keine Poussiererei. Er hatte sie gebeten,
ihn zu heiraten!
    »Warum?« Die Frage
war gestellt, bevor sie sie zurückhalten konnte.
    »Ich sah Euch auf
der anderen Seite von Lady Mannerings Ballsaal und wusste, dass ihr die Frau
seid, die ich heiraten würde - wenn Ihr mich denn haben wollt.«
    Es war gewiss der
Traum jeden Mädchens, quer durch einen bevölkerten Raum erwählt zu werden. Eben
noch Aschenputtel, plötzlich die große Liebe von Prince Charming. Es gab keinen
romantischeren Mythos. Und wider Willen war auch Lauren dagegen nicht immun.
Aber sie war kein Mädchen mehr. Zwischen Mythos und Realität bestand der größte
Unterschied der Welt. Das Leben hatte ihr genug Portionen Realität zugeteilt,
dass sie daran keinen Zweifel hegte. Sie glaubte nicht an Liebe auf den ersten
Blick. Sie glaubte nicht einmal an romantische Liebe.
    »Seitdem«, sagte
er, »hat sich meine Achtung für Euch von Tag zu Tag verstärkt. Von Stunde zu
Stunde.«
    »Tatsächlich?« Sie
wünschte fast, sie wäre das törichte Mädchen, das sie nie gewesen war -
um des naiven Glaubens an märchenhafte Romantik willen. Sie wünschte fast, sie
könnte glauben. »Warum?« Sie schien diese Frage in letzter Zeit sehr häufig
gestellt zu haben.
    »Ihr seid
wunderschön«, sagte er. »Ihr seid elegant und anmutig und würdevoll. Tatsächlich
seid Ihr eine perfekte Lady. Ich habe mich Hals über Kopf in Euch verliebt.«
    Diese Worte weckten
sie aus ihrer geistigen Lähmung. Männer verliebten sich nicht Hals über Kopf.
Junge Mädchen vielleicht, aber wenn sich Männer überhaupt verliebten, dann
weitaus langsamer und pragmatischer. Lord Ravensberg war nicht der Mensch, der
sich leidenschaftlich in irgendeine Frau verliebte. Er liebte sich vermutlich
viel zu sehr selbst. Und Lauren Edgeworth war nicht die Frau, die bei
irgendeinem Mann hochfliegende Gefühlsregungen bewirkte.
    »Mylord«, fragte
sie ihn, während sie ihm unmittelbar in die Augen sah und wünschte, es wäre
heller, »welches Spiel spielt Ihr?«
    »Spiel?« Er beugte
sich ein wenig näher zu ihr, und sie wandte sich jäh ab und ging einige Schritte
den Weg entlang. Sie blieb stehen und kehrte ihm den Rücken zu.
    »Ist es mein
Vermögen?«, fragte sie ihn. »Müsst Ihr Geld heiraten?«
    »Ich habe allen
Reichtum, den ich brauche«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Und ich erbe
noch weitaus mehr.«
    »Warum dann?« Sie
blickte den Weg entlang und betrachtete geistesabwesend die sich verlagernden
Muster bläulichen Lichts und den Schatten, den eine ferne Lampe darüber warf.
»Warum habt ihr an Lady Mannerings Ball teilgenommen? Man sagte mir, ihr hättet
in dieser Saison noch keinen anderen Ball besucht. Warum habt Ihr nur mit mir
getanzt? Ihr wart mit dieser Absicht dort, nicht wahr? Ihr hattet die Absicht,
um meine Hand anzuhalten, bevor Ihr mich überhaupt gesehen hattet, nicht wahr?«
    »Ich hatte Euch
schon zuvor im Park gesehen«, sagte er. »Erinnert Ihr Euch? Man kann Euch nur
schwer vergessen.«
    London war während
der Saison ein einziger großer Heiratsmarkt. Viscount Ravensberg musste Ende
zwanzig sein, vielleicht auch älter. Er war Erbe einer Earlswürde. Es war
durchaus denkbar, dass er beschlossen hatte, es sei an der Zeit zu heiraten.
Aber warum sie? Und warum sozusagen ungesehen? Sie glaubte keinen Augenblick,
dass er während dieses kurzen Blickwechsels im Park, als er die Milchmagd
umfangen hielt und küsste, Leidenschaft für sie entwickelt hatte. Sie glaubte
nicht, dass er überhaupt Leidenschaft für sie empfand. Sie wandte sich zu ihm
um. Aus diesem Blickwinkel war sein Gesicht besser beleuchtet. Es zeigte
weniger Lachen als gewöhnlich.
    »Eure Vortäuschung
der Leidenschaft ist beleidigend, Mylord«, sagte sie. »Lügen sind unnötig.
Warum nicht einfach die Wahrheit?«
    Seine Züge wirkten
hart und wie gemeißelt, ohne den üblichen gut gelaunten Ausdruck. Sie konnte
ihn sich jetzt besser als je zuvor als Kriegsoffizier vorstellen.
    »Beleidigend«,
wiederholte er leise. »ich habe Euch beleidigt. Und ihr

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