Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
Vom Netzwerk:
»Wie viele Fehler könnte Vanìmels fragiles Ökosystem ertragen? Ich sehe ein, dass die Geschichte der Hausstämmigen ihre Schattenseiten hat: Umweltverschmutzung, Zerstörung, die Ausbeutung von Rohstoffen. Aber schäme ich mich dafür, wie meine Vorfahren mit den Wanderern umgingen? Lieutenant, ich schäme mich für ihre Ignoranz, nicht für ihre Taten! Heute haben Wanderer Volksvertreter, Anspruch auf Bildung … Sie haben alles, um lange, erfüllte Leben zu führen. Ist es so schwer, zu verstehen, warum wir ihnen versagen, ihre Makel an nachfolgende Generationen zu vererben?«
    Stille trat ein. Vergeblich suchte Ezri nach Worten. Einzig die Wellen an der Wasseroberfläche sorgten noch für Geräusche, und selbst die waren hier unten lediglich ein schwaches Flüstern.
    So weit, so gut.
    L’Gon erwartete Vaughn in einem vollgestopften Kabuff auf der anderen Seite der Suite. Die dunkle Wandverkleidung und das orangefarbene Licht erschwerten dem Commander die Sicht. Da waren bis zur Decke reichende Wandteppiche, ein Tablett voller Speisereste – glitschige Knochen und Hautfetzen in einem See aus Blut –, und weiter hinten saß L’Gon, in dessen Augen Vaughn sich selbst gespiegelt sah, ein bizarres Zerrbild. Der Cheka stand nicht auf, deutete nur auf einen Hocker neben seiner Couch. Ein Roboter bot Getränke an und brachte eine Schüssel mit gebratenem Knorpel, der offenbar als Imbiss gedacht war.
    L’Gon verschwendete keine Zeit. Sobald der Roboter die Getränke gebracht hatte, nannte er seinen Preis – allerdings mit derart metallisch klingender, vibrierender Stimme, dass Vaughn ihn bitten musste, das Gesagte zu wiederholen.
    Meine hundertjährigen Ohren müssen sich verhört haben , dachte er zynisch.
    »Wir wollen Ihre Tarnvorrichtung.« Mit der Schere am Ende eines seiner Beine pflückte er ein unförmiges Insekt von der Zimmerdecke. Dann nässte er es mit klebrig wirkender brauner Flüssigkeit ein, wartete einen Moment und saugte das breiig werdende Ungeziefer mit einem Röhrchen aus. Den Rest warf er achtlos von sich. Biomaterie tropfte von seinen Reißzähnen auf die Härchen an seinen Spinnwarzen.
    Vaughn ließ sich die Überraschung nicht anmerken. Im Moment war nicht von Belang, wie der Cheka von der Tarnvorrichtung der Defiant erfahren hatte. Vaughn musste so tun, als träfe ihn die Forderung nicht unerwartet. »Ich fürchte, das ist unmöglich.«
    »Uns geht es nicht um das Gerät an sich«, fuhr L’Gon fort. Sondern um die Blaupausen und etwaige Bauteile, die wir nicht selbst reproduzieren können. Im Gegenzug steht Ihnen die gewünschte Materiefuhre umgehend zur Verfügung.«
    Vaughn stellte sein Glas auf einen Tisch und erhob sich. »Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft. Ich finde selbst hinaus.«
    Er hatte kaum ein paar Schritte gemacht, als L’Gon fragte: »Verstehen Sie nicht, wie das hier abläuft? Ich besitze etwas, das Sie brauchen. Sie besitzen etwas, das ich haben will. Wir verhandeln.«
    »Ich ließ Sie wissen, was ich im Austausch für die Materie zu geben bereit bin. Sollten Sie Ihre Meinung ändern, teilen Sie es mir mit.« Vaughn warf ihm einen letzten Blick zu, doch L’Gons Brustkorbpanzer machte es unmöglich, seine Körpersprache zu interpretieren.
    Mit einem seidenen Faden aus seinem Abdomen nahm sich der Cheka Knorpelstücke aus der Schüssel, tränkte sie in einem schleimigen Enzymbrei und steckte sie sich in den Mund.
    Vaughn wartete noch einen Moment, doch L’Gon schien lediglich an seinem Mittagessen interessiert zu sein. »Ich finde schon raus.« Selbst für den hinter ihm hereilenden Roboter hatte er kein Wort mehr übrig.
    Nachdem die Tür zur Suite des Cheka hinter ihm ins Schloss gefallen war, sah Vaughn auf das Chronometer. Keine zehn Minuten. Er hatte stets gewusst, was er wollte. Wem nutzte es, Zeit mit dem Kampf gegen Windmühlen zu verschwenden? Bowers wirkte enttäuscht, als er unangetastet zurückkehrte. Sam schien sich bereits auf den Showdown am O. K. Corral gefreut zu haben. Doch Vaughn klopfte ihm auf die Schulter und erklärte, dass diese Chance vielleicht noch kam. Die bösen Buben waren nach wie vor in der Stadt.
    Dann kontaktierte er Nog und bat darum, weggebeamt zu werden. Auf eine Begegnung mit L’Gons Handlangern konnte er verzichten.
    Woher wusste er von der Tarnvorrichtung, verflucht? Wieder und wieder ging ihm die Frage durch den Kopf. Seit ihrer Ankunft beim Konsortium hatten nur wenige Besatzungsmitglieder der Defiant die Avaril verlassen

Weitere Kostenlose Bücher