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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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– nur Personen, an deren Diskretion Vaughn keinen Zweifel hegte. Abermals fühlte er sich an den ersten Tag ihrer Reise hierher erinnert. Irgendjemand beobachtet uns. Fragt sich nur, wer.
    Shar wanderte nun schon seit fast einer ganzen Stunde mit Keren über die Klippen, und konnte doch nicht sagen, ob sie vorwärts kamen. Bei jeder Wegbiegung glaubte er, dahinter müsse das Ziel liegen. Stattdessen fand er stets weitere Felsen und mehr Matsch. Bei jedem Schritt knirschte der Kies zwischen dem Gras unter seinen Füßen. Stürme hatten Äste abgebrochen und Geröll von den Hängen auf den Trampelpfad geweht. Mal musste Shar einen Hang hinaufklettern, mal über glitschiges Lavagestein balancieren. Seine schmutzige Uniform bezeugte, wie viel Glück ihm beschieden gewesen war, als er den Pfad zuletzt verlassen hatte. Warum konnten sie nicht einfach auf dem wunderbar ebenen schwarzen Strand dort unten gehen? Er hatte kein Problem damit, von hier bis zum Horizont zu marschieren, wenn er dafür endlich diesen Matsch hinter sich lassen durfte.
    So schwierig hatte dieses Unterfangen nicht ausgesehen, als er sich gegen den Transporter und für den Fußweg entschieden hatte. Shar wanderte gern, schließlich war er in der Threlfar-Provinz in den westlichen Hügeln Andors aufgewachsen. Doch die heimischen Anhöhen waren nicht halb so trügerisch wie die auf Vanìmel.
    Vor ihrem Aufbruch aus Luthia hatte Keren ihm eine Karte der Halbinsel Hebshu gezeigt, eines der wenigen Landwirtschaftsgebiete des Planeten. In der zweidimensionalen Darstellung hatte ein Wanderweg vom Landebereich über die Berge bis kurz vor den Gipfel und dann ins Tal hinabgeführt, wo die größten Äcker der Region lagen. Keine große Sache, allem Anschein nach. Nun aber fragte sich Shar, ob der Weg nur für leichtfüßige Tathracs gedacht war.
    »Ich habe die Transporter im Bereitschaftsmodus, Keren«, keuchte er. »Wir könnten sie benutzen.«
    Sie wirbelte herum und kam zielsicher auf ihn zu. »Betrachten Sie das hier als Teil Ihrer Forschung. Sie lernen die Umgebung kennen – aus erster Hand.« Lachend wandte sie sich wieder um und setzte ihren Marsch fort.
    »Und die Bauern und Hirten müssen ihre Ware über diesen Pfad bringen, um sie zu verschiffen?«, rief er ihr nach. Es schien unvorstellbar, dass irgendein Fahrzeug diese Strecke bewältigen konnte.
    Keren lachte und umschiffte gekonnt einige Pfützen vor sich. »Unsere Transporter haben eine geringere Reichweite als Ihre, und die Wetterbedingungen sind nicht immer ideal. Atmosphärische Interferenzen und so weiter. Wenn die Vulkane loslegen, gibt’s noch mehr Störungen …«
    »Stimmt es, dass Milchprodukte und Fell zu den wertvollsten Dingen zählen, die Sie transportieren?« Nahrung ergab Sinn. Einzig der Wert von Tierhaaren verwirrte ihn. Andererseits hatte Thriss ihm oft genug attestiert, keine Ahnung von Mode zu haben.
    »Verzeiht mir, Thirishar ch’Thane von den vielen Locken, aber kann es sein, dass die Fülle an Haaren auf Eurem Kopf Eure Hirnfunktion beeinträchtigt?«, scherzte sie. »Warum sind Haare wohl so ein Statussymbol bei meinem Volk? Wären sie so teuer, wenn jeder sie hätte?« Sie schüttelte ihre Flechten, um das Argument zu unterstreichen.
    »Entschuldigung. In Kommerzfragen bin ich verloren. Mein Freund Nog hat dafür weitaus mehr Verstand als ich.« Erschöpft hielt er an und lehnte sich an einen Fels. »Es tut mir leid, aber ich bin nicht an derartige Schwerkraft gewöhnt – und an die dünne Luft hier oben.«
    Keren kehrte zu ihm zurück, schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und badete im Sonnenlicht. »Nach einem Sturm ist es immer schön hier. Der Himmel ist dann so klar grün, dass sein Anblick beinahe schmerzt. Und die Wolken … Ich liebe diesen Ort.«
    Der Wind vom Meer blies durch sein Haar und ließ seine Antennen frösteln. Auch er wandte sich wärmesuchend zur Sonne. »Warum leben Sie dann nicht auf dem Planeten?«
    »Wir Wanderer haben kaum eine Wahl. Ich hätte Wasserwirtschaft oder Viehzucht lernen können. Mich in der Dienerschaft eines Hauses hocharbeiten oder mir eine angesehene Dame als Patronin suchen dürfen. Doch keine dieser Optionen reizte mich. Sobald ich alt genug war, verließ ich das Haus meiner Aufzucht und ging nach Luthia.«
    »Aber Sie entschieden selbst über die Art Ihrer Tätigkeit. Niemand sagte Ihnen, was Sie tun konnten.« Shar erschauderte bei dem Gedanken an die Streitgespräche, die er und Charivretha über seinen

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