Dieser graue Geist
geht, ist es meine moralische Pflicht, alle Mittel und Wege auszuloten. Also: Ich achtete sehr genau auf das Geschehen an der Börse. Und meiner Einschätzung nach, machten wir ein völlig respektables Angebot.«
Vaughn ließ sich die Bedeutung dieser Aussage durch den Kopf gehen. »Sie glauben, die von uns bestellte Fuhre ging an L’Gon, damit der sie uns im Austausch für die Tarnvorrichtung weiterverkaufen kann.«
»Wäre doch möglich. Wer immer sie haben will, ist vielleicht bereit, sie mit L’Gon und seinen Cheka-Kumpels zu teilen, solange L’Gon den Handel abschließt.«
Eine Theorie, die Vaughn zu denken gab. »Klingt plausibel. Wer es auch ist, wir müssen ihm einen Schritt voraus bleiben. Wann ist die Defiant startbereit?«
»Ohne Femtobot-Abwehr? Spätestens in zwei Tagen.«
»Dann unterrichte ich die Yrythny-Anführer darüber, dass wir übermorgen aufbrechen.«
»Aber, Sir! Ich habe ernste Bedenken, diese Region ohne ein wirksames Mittel gegen die Netzwaffen zu durchfliegen.«
»Das bezweifle ich nicht. Aber mir scheint, wir müssen unser Glück versuchen.«
Nog schwieg, schob Kekse mit dem Zeigefinger umher und verzog das Gesicht.
»Lieutenant?«
Schuldig senkte er den Blick. »Warum verhandeln wir nicht mit L’Gon? Wenn er beweisen kann, dass er im Besitz einer Fuhre ist, sollten wir sie uns nehmen und mit ihr weiterreisen.«
»Ausgeschlossen.« Vaughn schüttelte den Kopf und sah Nog an.
»Wir stecken in der Klemme, Commander.«
Wer sitzt mir hier gegenüber? , fragte Vaughn sich und suchte in Nogs Gesicht nach Anzeichen von Schauspielerei. Ein Offizier der Flotte, der seine Mannschaft schützen will, oder ein Ferengi, dem das Verhandeln über alles geht? Im rot pulsierenden Neonlicht sah er, wie sich einige betrunkene Minenarbeiter um eine Prostituierte stritten. Sofort stürmten Gesetzeshüter durch die Hintertür in den Raum und führten die Männer ab. »Das können Sie laut sagen, Lieutenant«, murmelte Vaughn und leerte sein Glas. Dann warf er einige Münzen als Trinkgeld auf den Tisch und ging mit Nog zum Ausgang.
Ezri stieg die Leiter hinab und zwängte sich durch die Luke aufs unterste Deck der Fähre, sehnsüchtig auf der Suche nach einem heißen Getränk – vielleicht einem tarkaleanischen Tee, im Gedenken an Julian. Aber zuerst brauchte sie eine Dusche. Der Taucheranzug war bequem gewesen. Dennoch fühlte sie sich völlig durchgefroren. Sie hatte bereits begonnen, sich aus dem klammen Ding zu schälen und ihre Stiefel auszuziehen, als ihr die Soldaten auffielen, die die Tür zu ihrem Besprechungszimmer bewachten.
Die Yrythny, die sie auf dem Tauchgang nach Tin-Mal begleitet hatten, knieten regungslos in der Mitte des Raumes. Candlewood, Juarez und McCallum, blass und mit pitschnassen Haaren, standen neben Jeshoh.
»Was geht hier vor?«, fragte Ezri, da es niemand für nötig zu halten schien, ihr eine Erklärung zu liefern.
»Eines unserer Wasserwirtschaftsdörfer wurde angegriffen«, antwortete ein ungehalten wirkender Soldat. »Die Sprengsätze wurden von Bord dieser Fähre aus gezündet, kurz nachdem eine Nachricht hier einging, deren Ursprung Ihre Arbeitsstation in Luthia war. Jede Person an Bord wird verhört werden.«
»Sie glauben doch wohl nicht, dass ich etwas darüber weiß! Meine Leute und ich waren den ganzen Tag unterwegs.« Dann begriff sie. Shar. Ezri berührte ihren Kommunikator. »Dax an ch’Thane.«
Keine Reaktion.
»Es gibt für alles eine logische Erklärung, das garantiere ich Ihnen«, sagte sie. Abermals tippte sie auf das kleine Gerät, wiederholte ihren Ruf, und abermals meldete sich niemand. Verdammt, Shar, wo stecken Sie?
KAPITEL 12
Kira hörte die erschrockenen Ausrufe, die geflüsterten Fragen, und spürte die Verwirrung der Anwesenden, doch sie sah nichts. Tränen raubten ihr die Sicht. Ihr Atem ging längst stoßweise, keuchend, und als sie endlich die Augen schloss und der Trauer nachgab, war sie dankbar, dass das gedimmte Licht ihr Gesicht verbarg. Falls ihre Tischnachbarn ihr Leid bemerkten, ließen sie es sich nicht anmerken. Auch dafür war sie dankbar. Dies musste sie allein ertragen.
In der Mitte des Raumes schwebte das Hologramm einer täuschend echt wirkendenden Frau. Sie saß auf einem Sessel, ein Bild aus Photonen und Kraftfeldern, und sah den Betrachter direkt an. Dann neigte sie den Kopf, lachte schüchtern. »Mein Name ist Tora Ziyal«, sagte sie bemüht selbstsicher, »und ich bin Künstlerin. Na, ich wäre es gern.
Weitere Kostenlose Bücher