Dieser graue Geist
Vorschein. Manche waren abstrakt, Farbstudien ohne erkennbares Motiv, andere erwiesen sich als einfarbige Skizzen, Stillleben der bajoranischen Pflanzenwelt. Ein kubistisches Werk bildete die sprichwörtliche Ausnahme. Es war in Grau gehalten und zeigte die Profilansicht zweier Gesichter, die in seiner Mitte zusammenflossen. Der Stil des Gesichtsgemäldes und der anderen Werke war jedoch stets gleich.
Kira hätte sie noch in einer Galerie voller Kunstwerke wiedererkannt. War dies etwa der Ort, an dem Ziyals Pagh nun wohnte?
Als sich das Gemurmel wieder gelegt hatte, setzte Lang ihre Ansprache fort. »Die letzten Kriegstage kosteten Cardassia zahlreiche Bauwerke und historische Schätze. Zum Glück überstanden die Kellerarchive des Kunstinstituts in der Hauptstadt die schlimmsten Angriffe. Unser Regierungsleiter verwandte viel Zeit und Mühe darauf, die Trümmer des Instituts auf Werke durchforsten zu lassen, die noch zu bergen waren, denn er hoffte, die Kunst könne uns ein neues Gespür für unsere Identität geben. Damit mein Volk nicht nur körperlich, sondern auch geistig heile. Der Begriff Holocaust umfasst per definitionem weit mehr als nur das Physische. Dies haben wir gelernt.
Während unserer Suche entdeckten wir ein Archiv, in dem die Arbeiten Tora Ziyals, der Tochter der Bajoranerin Tora Naprem und des cardassianischen Militäroffiziers Skrain Dukat, überdauert hatten. Seinen Inhalt sehen Sie vor sich: ihre Einführung per holografischer Aufzeichnung und ihr Portfolio. Verständlicherweise brachten diese Werke bei denen, die nach Heilung strebten, eine Saite zum Klingen. Jenen, die glauben, die klaffende Wunde zwischen Bajor und Cardassia müsse geschlossen werden, bevor unser beider Völker nach vorne schauen können – Bajor zur Föderation, Cardassia zur Einigkeit.«
Shakaar sprang auf und applaudierte. Ministerin Asarem schloss sich ihm an, wenn auch langsamer, und die gesamte bajoranische Delegation folgte ihr. Kira sah in ihren Gesichtern, wie unwohl sie sich fühlten. Wie sehr sie sich anstrengten, sich ihre Kritik an Shakaars Enthusiasmus nicht anmerken zu lassen. Auch Kira stand auf, doch in ihrem Herzen tat sie es für Ziyal. Nach und nach stimmten andere Anwesende in die Ovation ein. Die Vertreter der Sternenflotte waren die Ersten, die Bajors Geste nachahmten, und die Föderationsdiplomaten folgten ihnen prompt.
Lächelnd hob Lang die Hände und deutete ihren Zuhörern an, Platz zu nehmen. Dann fuhr sie fort. »Ziyal ist ein Symbol. Sie verkörpert die Gräuel der Besatzung Bajors durch die Cardassianer, während der Frauen aus ihren Häusern entführt und zu einem Leben als Konkubinen cardassianischer Militärangehöriger gezwungen wurden, sowie die Größe, die aus einer wahren Allianz unserer beider Völker erwachsen kann. All das sehen wir in Ziyals Kunst.
Als ein Zeichen des guten Willens und Symbol der Hoffnung für die Zukunft, überreicht das Volk Cardassias den Bewohnern Bajors eine Sammlung der Werke Tora Ziyals. Mögen sie Erinnerung des Vergangenen sein, aber auch ein Zeichen der Zukunft, die wir gemeinsam finden können, wenn es uns gelingt, unsere Unterschiede hinter uns zu lassen.«
Abermals brandete Applaus auf, noch lauter als zuvor. Mittlerweile war der Raum brechend voll. Überall, wo keine Stühle oder Buffettische standen, drängten sich Beobachter aneinander, seien es Mitglieder der Flotte, des bajoranischen Militärs oder Quarks Kellnertrupps. Jubelrufe kamen auf. Lang nickte bescheiden und hakte sich mit zitterndem Arm am Ellbogen ihres Attachés unter.
Admiral Akaar stupste Kira an, drängte sie aus ihrem Sitz, doch sie war so ergriffen, dass sie sich erst einmal am Tisch abstützen musste. Dann beugte sich der Admiral vor und bat sie, mit ihm zur Botschafterin zu gehen. Kira hatte Mühe, ihm zu folgen, denn Akaars Schritte waren fast doppelt so groß wie ihre. Ob sie neben Lang nicht störend auffallen würde? Sie wollte Shakaar auf keinen Fall in die Parade fahren.
Der Premierminister hatte die Botschafterin bei der Hand genommen und unterhielt sich angeregt mit ihr. Ministerin Asarem stand daneben. Kira erkannte das Feuer in seinen Augen. Er ist wirklich aufgeregt. Weniger als einen Meter vom Admiral entfernt, lauschte sie dem Austausch hoffnungsvoller Worte. Dann kehrte das Gespräch zu Ziyal zurück.
»Ziyals Kunst verbindet die Traditionen ihrer beider Völker«, sagte Lang. »Sie beweist, dass wir miteinander im Einklang sein können, dass es
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