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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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dem Drang, laut zu werden. »Als ich zuletzt nachsah, trug ich die Uniform der bajoranischen Miliz, Ministerin. Meine Erfahrungen sind für diese Situation durchaus relevant.« Sie ahnte, dass ihr die Ungeduld, die sie zu unterdrücken versuchte, anzuhören sein musste.
    Asarem hielt inne und sah zu ihrem blanken Ohr. »Und als ich zuletzt nachsah, folgten treugläubige Bajoraner noch den Weisungen der Vedek-Versammlung.«
    Kira kniff die Lider enger zusammen und schluckte das Dutzend spitzer Bemerkungen herunter, das ihr auf der Zunge lag. Es gab Wichtigeres zu besprechen. »Waren Sie seit Kriegsende überhaupt mal auf Cardassia?«
    »Nein«, antwortete die Ministerin.
    »Wie können Sie dann Bajor mit Cardassia vergleichen, unser Leid mit seinem? Woher nehmen Sie sich das Recht, derart ablehnend mit Botschafterin Lang umzugehen?«
    »Das Recht gab mir das Volk Bajors, als es mich zu seiner Dienerin wählte.«
    »Wählte es Sie auch zu seinem Racheengel? Damit Sie die Cardassianer eigenhändig für fünfzig Jahre der Ausbeutung bluten lassen?«
    Asarem schlug mit der Tasche auf den Tisch. »Ich ließ Sie ausreden, weil es der Kommandantin Deep Space 9s zusteht, gehört zu werden. Aber genug ist genug.« Dann drehte sie sich um und verließ den Konferenzraum.
    Kira folgte ihr, gestattete ihr nicht die Flucht. Erst musste sie aussprechen dürfen, was ihr auf der Seele brannte – und wenn sie es Asarem ins Genick rief. »Wir sind vielleicht aus unseren Häusern getrieben worden und Zeugen grauenvoller Hungersnöte und Krankheiten geworden, aber unsere Schreine stehen noch. Wir glaubten, der Himmlische Tempel sei auf ewig verloren, doch die Propheten brachten uns den Abgesandten, und wir wurden stärker. Den Prophezeiungen zufolge werden wir sogar noch stärker werden. Die Cardassianer spielten uns übel mit, aber unser Volk wurde nicht zur Hälfte exekutiert. Unsere Kinder starben nicht millionenfach, weil ihnen die radioaktive Strahlung das Fleisch von den Knochen schmolz. Wir trieben am Ende der Besatzung nicht in einem Meer von Toten, das uns zu ertränken drohte.« Damit sprang sie direkt vor Asarem und versperrte ihr den Weg. »Wo bleibt Ihr Mitgefühl, Ministerin?«
    Asarems Stimme zitterte vor Zorn. »Bei den Generationen toter und misshandelter Bajoraner, deren einziges Verbrechen darin bestand, als Kinder Bajors geboren zu werden. Die Cardassianer verbündeten sich mit dem Dominion! Sie haben sich ihr Schicksal selbst eingebrockt. Und jetzt treten Sie beiseite, oder ich informiere den Premierminister darüber, dass wir Ihre Stellung an Bord dieser Station überdenken müssen.«
    Für einen langen Moment stand Kira reglos da und starrte sie an – wütend, fordernd und abwartend, ob aus Drohungen Taten wurden. Dann machte sie ihr Platz. Ohne ein weiteres Wort ging Asarem den Gang hinunter. Kira sah ihr nach. Ich hoffe, die Luft auf Ihrem hohen Ross ist gut genug für Sie, Ministerin.
    Wie konnte Asarem es wagen, so mit ihr zu reden? Als wüsste nur sie von Bajors Wunden! Dabei hatte Kira sie am eigenen Leib erfahren, alle Schrecken durchlebt. Verflucht, die Besatzungszeit hatte ihr gesamtes Leben geprägt! Doch es kam die Zeit, sich nicht länger anhand seiner Wunden zu definieren. Und wenn das hieß, Freundschaft mit Cardassia zu schließen, dann würde Kira es tun! Sie atmete tief ein, schloss die Augen und sprach ein stummes Gebet für den Trost, den nur der Glaube zu spenden vermochte. Die Pflicht rief, doch Kira spürte, dass sie erst das Durcheinander in ihrem Geist entwirren musste.
    Habe ich etwa gerade Cardassianer verteidigt? Bei den Propheten, was mache ich hier?
    In ihrem Quartier angekommen, schlüpfte Kira in Freizeitkleidung, doch die sonst so bequemen Stücke kratzten mit einem Mal auf ihrer Haut. Kragen und Ärmel fühlten sich so eng an, als gehörten sie einem Fremden. Als Nächstes replizierte sie sich Hasperat, aber es schmeckte nach gewürztem Sägemehl. Was immer sie auch tat, ihr Hirn war wie taub, verweigerte den Dienst und ließ sie inmitten jeder Handlung ratlos zurück. Selbst die Stille wirkte beengend.
    Kira öffnete den Schrank, der die wenigen Überbleibsel ihres religiösen Lebens beinhaltete – einige Kerzen, Räucherstäbchen, ein Bild –, und nahm den Ohrring aus einer Lade. Kalt lag das silberne Metall auf ihrer Hand. Kira ballte sie zur Faust, bis die Kanten des Schmuckstücks ihr ins Fleisch schnitten. Wie in Trance entzündete sie die Kerzen, eine nach der

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