Dieser graue Geist
dominante Statur des Guls. Na und? Sie hatte weit einschüchterndere Gegner als Macet bezwungen.
»Es geht das Gerücht«, sagte er endlich, »Sie hätten eine, wie soll ich es formulieren, eine einzigartige Erfahrung mit den Portalen gehabt. Ich wäre sehr an den Details interessiert.«
Eins musste sie ihm lassen: Es gehörte schon Furchtlosigkeit dazu, einen ehemaligen Gegner auf dessen Terrain aufzusuchen – ohne Waffen und Verstärkung. Tat die cardassianische Delegation nicht genau das? Und doch blieb Macet ihr den Grund ihres Kommens bislang schuldig. Vertrauen sieht anders aus, nicht wahr, Gul?
»Verzeihen Sie, aber mein nächster Termin dürfte jeden Augenblick hier eintreffen.«
Er nickte, das Gesicht erneut ausdruckslos. »Vielleicht ein andermal. Sehen Sie mir meine Direktheit nach, Colonel, aber sollte es Ihre Arbeit erlauben, würde ich mich freuen, wenn Sie mir beim morgigen Empfang ein wenig Ihrer Zeit widmeten.« Als wollte er nicht auf die nächste Abfuhr warten, nickte er knapp und verließ das Büro.
Kira sah ihm nach. Ganze Ewigkeiten schienen zu vergehen, bis der Turbolift endlich kam. Als er schließlich hielt, war er besetzt.
Taran’atar betrat die Ops. Anstatt Macet zu grüßen, warf er ihm einen eiskalten Blick zu – eine Geste, die Macet zweifelsfrei sehen sollte. Er sollte sehen, dass Taran’atar bei der kleinsten Provokation zum Kampf bereit war. Der legt das Fundament für ein geistiges Duell mit dem Cardassianer.
Macet grinste nur und betrat den Lift. »Habitatring«, sagte er. Als sich die Kabine in Bewegung setzte, sah er zu Kira – noch immer grinsend –, und dann war er fort.
Taran’atar betrat ihr Büro. »Sie wollten mich sehen, Colonel?«
Sie riss sich von den Lifttüren fort und kam zum Geschäftlichen. »Ich glaube, es gibt etwas zu besprechen. Bezüglich Ihres getarnten Aufenthalts auf der Station …«
Kaum in ihrem Büro angekommen, schob Ro Thriss auf einen Sessel und bat Dr. Tarses, den neuen Counselor der Sternenflotte vorbeizuschicken. Ratsmitglied zh’Thane sähe darin zweifellos wieder einen Bruch der Privatsphäre, doch das kümmerte Ro nicht. Thriss hatte eine Kneipenschlägerei angefangen. Sie verdiente es, wie jeder andere Aggressor behandelt zu werden – ob Trunkenbold oder Adel.
Während sie Thriss’ Tascheninhalt untersuchte und nach verborgenen Waffen scannte, konnte Ro nicht anders, als über die Ironie der Situation nachzudenken. Dieser Ärger war aus einer Ecke gekommen, in der sie ihn nie vermutet hätte. Nach all den Vorkehrungen, mit denen sie die Station vor den Cardassianern und die Cardassianer vor der Station zu schützen hofften, erwiesen sich überraschend die Andorianer als wahrer Sorgenfall.
Thriss widersetzte sich keiner von Ros Aufforderungen. Sie weinte nicht, protestierte nicht, sparte sich etwaige Unschuldsbeteuerungen und jeglichen Sarkasmus. Stumm starrte sie vor sich hin und ließ sich auch mühelos in eine Arrestzelle geleiten, wo sie sich umgehend hinlegte und einschlief. Ro ignorierte die stetigen Kontaktversuche zh’Thanes, schrieb einen Bericht über den Vorfall und bat den Corporal der Nachtschicht, sich jeden zu notieren, der mit der Gefangenen sprechen wollte. Zh’Thane würde bis zum Morgen warten müssen, wenn sich Ro wieder selbst ihrem Kummer widmen konnte. Hin und wieder sah Ro zum Monitor und der schlafenden Thriss. Mit ein wenig Glück wachte sie erst auf, wenn Ros Schicht vorbei und sie in ihrem Quartier war. Sollte sich doch dieser Counselor um ihre Wutausbrüche kümmern. Nein, Ro war vorsichtig optimistisch – auch wenn Ratsmitglied zh’Thane ihr für Thriss’ Verhaftung das Leben zur Hölle machen mochte.
Die Therapeutin traf ein. Trotz ihrer Antipathie gegenüber Counselors begrüßte Ro Lieutenant Commander Phillipa Matthias mit einem festen Händedruck. Diese umging den üblichen Small Talk und kam direkt zur Sache, was Ro durchaus gefiel. Matthias schien wenig auf die üblichen einfühlsamen Psychoquatsch-Methoden ihrer Branche zu geben. Mit einem Mal freute Ro sich regelrecht, bei zukünftigen Ermittlungen mit diesem Counselor zusammenzuarbeiten. Dabei hatte sie während ihrer Haftzeit eine gesunde Abneigung gegen Seelenklempner entwickelt. »Könnte Ihre Wut auf ein Gefühl des Verlassenseins während Ihrer Kindheit zurückgehen?« Das war Ros Lieblingsfrage gewesen. Ein Gefühl des Verlassenseins? Geht’s noch? Mein gesamtes Volk wurde unterdrückt – ist euch das Grund genug für ein
Weitere Kostenlose Bücher