Dieser Mann ist leider tot
am Zaumzeug: Er will nicht länger Vize sein, sondern im Oval Office sitzen. Ich soll Willies Bestrebungen durchkreuzen. Und wenn ich einmal drin bin, wird der liebe alte Dick mir die Faust in den Arsch rammen und mich tanzen lassen wie eine Handpuppe.«
»Das ist blanker Humbug, Hi. Erstens: Wenn Dick so verliebt in die Macht ist, wieso kandidiert er dann nicht noch einmal? Er würde sechzig Prozent der Stimmen kassieren. Und zweitens würdest du ihm solche Manipulationen doch nie erlauben.«
»Eine fünfte Kandidatur könnte seinen Ruf beeinträchtigen. FDR hat in manchen Kreisen immer noch keine Chance, weil er es zur vierten gebracht hat.«
»Aber Roosevelt hat mitten in einem Weltkrieg für eine vierte Amtsperiode kandidiert. In einer solchen Situation kneift man nicht einfach.«
»Okay. Und Nixons Krieg? Der ist vorbei. Wenn er in mehr oder weniger friedlichen Zeiten noch einmal kandidiert, kann es so aussehen, als sei er gierig nach dem, wonach er gierig ist – nach Macht, die ihn glorifiziert. Natürlich würde er gern in die Geschichte eingehen als der einzige, der fünfmal Präsident war, aber nicht, wenn man dabei auf die Idee kommen könnte, dies sei der einzige Grund für seine Kandidatur gewesen.«
»Aber das wäre es doch nicht. Ich bin sicher, das wäre es nicht.«
Berthelot sagt nichts. Auf einem Bildschirm über ihnen, so groß wie ein Billardtisch, läßt seine Frau – fünfzehn Jahre jünger – für einen blonden Schauspieler einen BH-Träger heruntergleiten; der Schauspieler wird später bei einem terroristischen Bombenattentat in London getötet.
»Wie auch immer, Hiram – wenn du erst vereidigt bist, kannst du Dick abschütteln – nicht, daß du es müßtest, ganz und gar nicht – und tun, was du willst; du brauchst dich nur von deinem Gewissen leiten zu lassen. Du wärest der Präsident, nicht er, und die Verfassung würde dich stützen. Was könnte er da tun?«
»Was wir mit Pickford getan haben. Mich erpressen.«
»Das würde Dick nicht tun. Außerdem, womit sollte er dich auch erpressen? Du hast eine saubere Weste. Die einzige wirklich reine Weste, die ich jemals gesehen habe.«
»Mein Informant sagt mir, der Präsident werde zunehmend eigenwillig und rücksichtslos, seit die O 2 -Fabrik in Censorinus mit der Produktion begonnen hat. In privater Hinsicht. Bei öffentlichen Anlässen ist er immer noch weitgehend der alte ›Neue Nixon‹, aber wenn er mit seinen engen Vertrauten allein ist, zeigt er sich viel autokratischer als während des Krieges.
Ich habe Zutrauen zu der Einschätzung des Mannes. Ich habe an zahlreichen Kabinettssitzungen teilgenommen, und ich habe schon lange das Gefühl, daß der Präsident mir vertraut. Trotzdem zähle ich kaum zu seinen Vertrauten. Ist es so schwer zu glauben, daß er aus verborgenen, privaten Gründen eine neue Rücksichtslosigkeit entwickelt, aus der er vielleicht gerettet werden muß?«
»Soll das heißen, er ist krank? Soll das heißen, seine Krankheit könnte ihn dazu bringen, daß er versucht, dich zu erpressen?«
»Das soll es heißen. Ja, Grace, das soll es heißen.«
»Aber womit soll er dich erpressen? Wie?«
Berthelot wendet den Blick von der blassen Frau in der Festung aus Kissen. Auf einem Bildschirm neben einem niedrigen, weißlackierten Sekretär führt seine Frau – sieben Jahre jünger – eine Gruppe von Kriegsfreiwilligen mit Bürstenhaarschnitt über einen verfilzten Dschungelpfad in Kambodscha. Wenn einer der erschöpften Männer stolpert oder zurückfällt, gibt sie ihm ungeduldig Winkzeichen.
»Mit dir«, sagt er und wendet ihr seinen Blick wieder zu. »Mein Informant sagt, dein geliebter Dick – inzwischen ein sehr kranker Mann – werde versuchen, mich zu manipulieren, indem er deinen Ruf zu zerstören droht. Es gibt Filme, sagt er. Keine Hollywood-Produktionen, wohlgemerkt, sondern Material, das heimlich im ›Art, Film, and Photography Salon‹ gedreht wurde. Und der Präsident werde diese Filme seinen Freunden bei den Medien zugänglich machen, wenn ich mich unzugänglich zeigen und meinen eigenen Willen durchsetzen sollte, statt dem seinen zu folgen.«
Grace starrt ihren Mann an, und ihre Augen sind wie verschmorte Pennies in einem Sicherungskasten. »Was wirst du tun?«
Berthelot streckt einen Arm nach seiner Frau aus und lehnt sich über das Bett. Als sie seine suchenden Finger beiseiteschiebt, kriecht er wie ein Hund über die Matratze, bis er vor ihrem Fort aus Fransenkissen angekommen ist.
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