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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Ihren Kofferraum gehen, ihn aufmachen und mir den Spiralhefter holen, der da auf Ihren Ersatzreifen liegt.«
    Die Muskeln in Cals Kreuz spannten sich krampfhaft. Eisig umklammerte es seine Brust. Woher wußte der Halunke das? Wie hatte er es herausgefunden? Wie ein Zombie tat Cal, was Berthelot verlangt hatte. Er reichte seinem Boss den Hefter durch das Fenster und klemmte sich dann hinter das Lenkrad.
    »Ah ja. ›The Dream Impeachment of Harper Mocton‹. Von dem verstorbenen Philip K. Dick.«
    »Woher wußten Sie, daß ich das noch habe?«
    »Weil Sie alle anderen verbotenen Dick-Titel auch hatten. Warum hätten Sie versäumen sollen, diesen zu erwerben?«
    Cal war verzweifelt. Die Venus ging am April-Himmel über einem Kiefernhain auf, aber der Anblick vermochte nicht, seine Bitternis oder das Verlustgefühl zu lindern. Dem Dieb war dieser Hefter nur entgangen, weil Cal ihn im Kofferraum mit sich herumgefahren hatte. Und nachdem seine anderen Manuskripte gestohlen worden waren und Viking infolge des Einbruchs tot in der Wanne gelegen hatte, da hatte ihm dieser kleine Triumph Mut gespendet. Alles andere mochte fort sein, aber er hatte immer noch sein Exemplar des Romans, in dem Dick einen unblutigen Volksaufstand gegen präsidentiale Arroganz erdacht hatte. Und daß er von allem, was er in seiner Kiste gehabt hatte, zufällig ausgerechnet ›The Dream Impeachment of Harper Mocton‹ behalten hatte, erschien ihm schon wie ein … nun, wie ein göttlicher Gunsterweis.
    Jetzt aber würde er sowohl sein Samisdat-Manuskript als auch den kleinen Triumph der fortgesetzten Besitzerschaft einbüßen.
    Berthelot reichte Cal den Hefter zurück. »Ich will das nicht haben. Wollte bloß sehen, ob meine Ahnung richtig war. Bevor ich in den Stall kam, habe ich unter die Sitze geguckt.« Er schlug mit dem Handballen auf den Vordersitz. »Nichts. Und weil der Kofferraum verschlossen war, mußte ich Sie so weit unter Druck setzen, daß Sie ihn aufmachten, um mir selbst zu beweisen, daß Sie den Hefter noch haben. Der Klopfnicht hätte ihn gefunden, wenn er in Ihrer Wohnung gewesen wäre, und er hat ihn nicht gefunden.«
    »Ich hätte ihn in einem Schließfach aufbewahren können. Ich hätte ihn irgendwo in einem hohlen Baum versteckt haben können.«
    »Hätten Sie. Haben Sie aber nicht.«
    Cal hielt den Hefter auf dem Schoß und wartete auf den zweiten Schlag. Die Berthelots hatten bereits reichlich Material, um die Bonner-Pickfords zu erpressen. Wieso hatte der Minister sich die Mühe gemacht, ihm mit diesem Manuskript einen Mordsschrecken einzujagen? Bloß, um ihn mit seinen deduktiven Fähigkeiten zu beeindrucken?
    »Was halten Sie von dem Buch?« fragte Berthelot und deutete mit einem Kopfnicken darauf.
    »Widerlicher, aufrührerischer Mist. Schund in jedem denkbaren Sinne des Wortes. SF-Dreck, der die Veröffentlichung nicht wert ist.«
    Berthelot lächelte. »Nein. Was meinen Sie wirklich?«
    Wieso? dachte Cal. Wirst du meine Antwort auf Band aufnehmen?
    »Es ist verrückt«, sagte er laut. »Aber es hat literarische Qualität. Außerdem gefällt mir, was darin mit Harper Mocton passiert. Ich wünschte …« Weiter, Cal. Gib diesem grinsenden zweibeinigen Piranha deine Leber zu fressen. »Ich wünschte, wir könnten mit unserem eigenen königlichen Hanswurst genauso verfahren.«
    »Ah.«
    Venus funkelte über den nahen Hügeln wie der weißglühende Docht einer unsichtbaren Kerze. Der Geruch von Pferdemist und Maschinenöl kräuselte sich mit der dämmerigen Brise durch den Dart.
    »Ich denke, Sie sollten wissen, daß nicht nur die Meerschweinchen Sie nach Censorinus begleiten werden, Cal, sondern auch Präsident Nixon.«
     
    In einem Gemach im ersten Stock der Berthelot’schen Villa sind die Wände dicht an dicht mit Spiegeln und Videomonitoren bedeckt. Sie verleihen dem Gemach Fenster in die Seele eines jeden Bewohners, Augen in die Außenwelt und einen zerborstenen Spiegelrückblick in Grace Rineharts cinematographische Vergangenheit. Jedes dieser gläsernen Rechtecke ist eine Scherbe in einem stummen Kaleidoskop von Bildern. Keiner der Spiegel enthält jetzt ein menschliches Antlitz, aber auf allen Videomonitoren drängen sich dramatis personae, deren einige seit zwanzig Jahren tot sind, andere live gesendet werden, alle aber stumm sind wie Pantomimen.
    »Hiram, ich verstehe das nicht. Ich habe geschuftet wie ein Nigger, damit Cal Pickford sich von dir einstellen läßt.«
    »Von uns einstellen läßt. Und er arbeitet

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