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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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merkwürdigste – von allen – ›Nicholas and the Higs‹ (1967).
    Die meisten Dick-Bibliographen glauben, daß ›Nicholas and the Higs‹ schon in den fünfziger Jahren geschrieben, dann vom Autor als ›unrettbar‹ beiseitegelegt und in den drei Jahren nach dem Mord an John F. Kennedy am 22. November 1963 in Dallas, Texas, komplett überarbeitet wurde.
    Dieses merkwürdige Buch wurde beinahe von allen Rezensenten verrissen. Einer sprach von einer ›undisziplinierten Posse‹ und dem ›konkreten Beweis‹ dafür, daß Dicks literarische Kräfte nachließen. Andere warfen Dick vor, er suche pynchonesker als Pynchon zu sein (der amerikanische Romancier Thomas Pynchon war damals am bekanntesten für sein Werk ›V‹).
    Die meisten Einwände gegen ›Nicholas and the Higs‹ indessen basieren auf Dicks verschrobener Integration von Elementen der Phantastischen Literatur und der Science Fiction in eine ansonsten naturalistische Erzählung …
     
    »Pickford, ist alles in Ordnung?« Cal hörte die Frage wie aus weiter Ferne. Dann aber begriff er, daß Mr. K. – der sah, wie er auf den Boden eines Meerschweinchenkäfigs starrte – denken mußte, er habe sich einen Muskel gezerrt oder es sei ihm plötzlich übel geworden. Vielleicht glaubte sein Boss, er werde gleich in das Aquarium kotzen. Betäubt und erschrocken zugleich begriff Cal, daß die Möglichkeit durchaus bestand.
    »Pickford!« Mr. K.s Stimme schwang sich in himmlische Falsetthöhen.
    »Mir fehlt nichts«, beruhigte Cal ihn hastig. »Wirklich, mir fehlt nichts.« Aber er traf keine Anstalten aufzustehen; er war fasziniert sowohl von der Tatsache, daß dies Philip K. Dicks Nachruf war – der Mann war vor fast drei Wochen gestorben, und er erfuhr es erst jetzt –, als auch von dem klinischen Resümee zu Dicks Stellung in der amerikanischen Literatur. Cal starrte also weiter auf die feuchte Meldung und bemühte sich, sie zu Ende zu lesen.
    »Können Sie sich nicht bewegen? Brauchen Sie einen Sanitäter?«
    »Ich habe gerade erfahren, daß jemand, den ich liebe, gestorben ist«, sagte Cal, und spontane Tränen ließen verschwimmen, was er sah.
    »Ihre Mutter? Ihr Vater?«
    »Nein, nein. Nichts dergleichen, Mr. Kemmings. Mir fehlt nichts, wirklich nicht. Lassen Sie mich nur zwei Minuten in Ruhe. Bitte.«
     
    … Erfolgreiche Bücher von Pynchon, Joseph Heller, James Barth und Kurt Vonnegut jr. mögen Dicks eigenes Vordringen in den ›literarischen Surrealismus‹ veranlaßt haben, aber die meisten Kritiker sind sich darin einig, daß er seine Stärke nicht war.
    Nach ›Nicholas and the Higs‹ veröffentlichte Dick vierzehn Jahre lang kein neues Buch. 1981 aber erschien ›Valis‹, sein letzter Roman, bei Banshee Books, einem kleinen New Yorker Taschenbuch-Verlag, der auf Krimi-, Kampfsport- und SF-Titel spezialisiert ist. Als Science Fiction etikettiert, erscheint ›Valis‹ den meisten Anhängern von Dicks Büchern als schmutzige Chronik des totalen Zerfalls seiner Persönlichkeit.
    »Dieses Buch hat nicht den geringsten literarischen Verdienst«, schrieb Luke Santini in ›Harper’s Magazine‹ in seinem Artikel ›A Crap Artist Craps Out‹ (›Eine Stußkanone hat ihr Pulver verschossen‹, November 1981). »Vielleicht hat es einen Wert für Studenten der Psychiatrie und des abnormalen menschlichen Verhaltens, aber als Kunstwerk ist es irgendwo zwischen U-Bahn-Graffiti und der fanatischen Bibelpropaganda der Wachtturm-Gesellschaft anzusiedeln.«
    Banshee Books ernteten intensive Branchenkritik für die Veröffentlichung von ›Valis‹. Die Kritik galt eher dem Umstand, daß der Verlag die frühere Reputation des Autors ausbeutete, und nicht so sehr dem verworrenen Inhalt des Romans an sich.
    Unter dem Vorwurf der aufrührerischen Verleumdung Präsident Nixons beschlagnahmte der Washingtoner Ausschuß für Medienzensur, gegründet in der ersten Amtsperiode des Regierungschefs, die 60.000 Exemplare der zweiten Auflage von ›Valis‹, bevor Banshee Books sie in den Handel bringen konnte …
     
    »Cal!« rief Mr. Kemmings; nur selten nannte er jemanden beim Vornamen. »Ich kann Sie hier nicht so kauern lassen, mein Sohn.«
    »Es ist okay, es ist okay. Nur noch zwei Minuten.«
     
    Seit langem geht das Gerücht, Dick habe während seines vierzehnjährigen ›Schweigens‹ mindestens zwanzig unveröffentlichte Romane geschrieben. Verläßliche Experten messen diesem Gerücht wenig Bedeutung bei, aber manche räumen doch ein, daß Dick noch zwei

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