Dieser Mann ist leider tot
hat, bevor der Chor hier aufgetaucht ist. Bloß schade, daß ich es ihnen übelnehme, weil sie unseren Mond gekidnappt haben und sich in eine Suche einmischen, für die wir selber pfiffig genug sein sollten.«
»Vielleicht sind wir doch nicht pfiffig genug.«
»Sie sind Millionen von Jahren älter als die menschliche Spezies. Wenn wir so viel Zeit hätten, würden wir sicher eine Intelligenz – und Fähigkeiten – entwickeln, die mit der ihren vergleichbar wäre. Aber sie geben uns nicht die Chance.«
»Ebenso wahrscheinlich ist, daß wir uns selbst in die Luft jagen würden.«
»Ich finde nicht, daß das ihre Einmischung rechtfertigt.«
Leah legte Dolf eine Hand auf den Arm. »Genug für jetzt, okay? Laß uns den Kindern helfen.«
»Okay«, willigte er ein und legte das Buch aus der Hand. Und sie zeigten den Zwillingen, wie man Zedernholzspäne in eine Box schüttete, wie man Futterkörnchen in Glasdeckel streute, und wie die Gravitationsstrom-Wasserfläschchen der Babies funktionierten.
Bischof Jamie A. Parr von der Diözese Georgia der Protestantischen Episkopalkirche stand allein auf einer Plattform im Mountain Convention Center in Gainesville, Georgia. Er wartete darauf, daß der Choragus durch den zweihundertköpfigen Menschenchor, der auf einer Tribüne unmittelbar zu seiner Linken stand, zu ihm spräche. Eine Tri-D-Kamera in dem seiner Estrade gegenüberliegenden Regieraum, etwa hundert Schritt weit entfernt, war auf ihn gerichtet.
Scheinwerferlicht fiel auf den Bischof und auf die in Roben gekleideten Chorsänger, die er persönlich aus den Chören von vierzig der größten Kirchen seiner Diözese ausgesucht hatte. Ansonsten war das Convention Center, ein gefliestes Gebäude, so groß wie ein Flugzeughangar, ominös dunkel. Eine Klimaanlage hatte Hainesvilles frühlingshafte Außentemperatur auf frische fünfzehn Grad gesenkt, aber Bischof Parr schwitzte.
Wann würde der Choragus, der für den außerirdischen Chor sprach, sich ihm diesmal offenbaren?
Um genau ein Uhr, wenn das jüngste Versprechen des modernen Oster-Ereignisses vertrauenswürdig war – der Choragus hatte nämlich vor zwei Sonntagen mit Parr gesprochen, als er auf der Kanzel der Christlichen Episkopalkirche in Savannah gepredigt hatte. Er hatte ihm befohlen, der Welt mitzuteilen, daß sieben menschlichen Familien demnächst eine Audienz bei Gott gewährt werden würde, und er hatte ihn gedrängt, einen repräsentativen Episkopalchor zusammenzustellen, der als Sprachrohr dienen sollte. Dieser Befehl, dieses Drängen, hatte sich dem Bischof inmitten seiner Predigt als eine Art akustische Halluzination offenbart, und die Gemeinde hatte eine merkwürdige Lücke in seinen Darlegungen ertragen müssen, bis er die Sache in eine rechte Ordnung hatte bringen können.
Der Choragus des Chores von Mira Ceti B VIII wollte einen menschlichen Chor als Mundstück – nicht nur, glaubte Parr, weil dies auf den Tri-D-Schirmen der Welt ein Spektakel abgeben würde, sondern auch weil diesem Arrangement eine gewisse Ironie innewohnte. In mehr als acht Jahren hatten die Aliens, die sich auf dem Mond niedergelassen hatten, etwas entwickelt, das eine unbestimmte Ähnlichkeit mit Humor besaß. Ein menschliches Empfinden für das, was komisch und zugleich passend war …
In Parrs Ohr ertönte die Stimme eines Technikers im Regieraum. »Sie sind auf Sendung, Bischof.«
Parr schaute zur Kamera und brachte ein unbeholfenes »Hallo« und ein paar ebenso unbeholfene einleitende Worte zum heutigen Oster-Ereignis zustande. Während er sprach, füllte sich die dunkle Halle mit einem durchscheinenden, maulbeerfarbenen Licht, mit einem fließenden Leuchten wie mit raschelnder Seide.
Ein Windhauch – beinahe arktisch in seiner Kälte – wehte von einem Ende des Mountain Convention Center zum anderen, strich seufzend an dem Bischof vorbei, blähte die indigo-, safran-, maronen- oder elfenbeinfarbenen Gewänder der Chormitglieder. Wie auf ein Stichwort sang der Chor daraufhin einen Dur-Akkord, a capella. Dann noch einen, und noch einen. Der unirdische Wind, der spiralig durch die Halle zog, hatte jeden Menschen zum Singen inspiriert.
Nach kurzer Zeit übersetzte der Bischof diese machtvollen, wortlosen Festgesänge, als wären es lauter Stücke eines verlorenen Textes, den er allein verläßlich deuten konnte. Der Chor sang weiter und weiter, und das seidige, karmesinrote Licht in der Halle wogte rhythmisch, und Bischof Parr verkündete auf englisch und in
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