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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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»Sie kann sich nach einer attraktiven potentiellen Unterkunft für Sie umsehen. Wäre das okay?« Über die Gegensprechanlage erteilte sie Shawanda den entsprechenden Auftrag.
    »Ma’am«, sagte Shawanda. »Wir haben da ein kleines Problem.«
    »Was für ein Problem?«
    Lia warf Kai einen Blick zu. Er schien die Farbe zu verlieren, als sauge irgendeine namenlose intermittierende Krankheit unerbittlich das Melanin aus seiner Haut. Er hatte Shawandas Mitteilung durch die Sprechanlage natürlich gehört, und vielleicht ließ die Kunde von einem unbestimmten ›Problem‹ ihn erbleichen, aber Lia, die sich Mühe geben mußte, die Realität der Wells’schen ›Unsichtbarer Mann‹-Nummer, die Kai hier abzog, zu erfassen, begriff, daß ihr Patient nicht bloß verblaßte, weil irgendeine äußere Bedrohung gegen ihn entstanden war, sondern weil die existentielle Realität seiner Identität außerhalb des Bezirks von Warm Springs Mitte und dem dreizehnten Amtsjahr des Präsidenten Richard Milrose Nixon lag.
    »Hier draußen ist ein Taxifahrer, der wissen will, wie lange sein Fahrgast noch hier bleibt, Dr. Bonner«, sagte Shawanda. »Anscheinend hat Mr. Kai ihm gesagt, er soll die Uhr einfach laufen lassen.«
    »Halt!« befahl Lia Kai, ohne auf den Sprechknopf der Anlage zu drücken. So kannst du hier nicht weg. Das ist ein Abgang, den Emily Post nicht billigt. Außerdem, wie schaffst du es, deine Kleider genauso verblassen zu lassen wie dein Gesicht und deine Hände? Erstaunlicherweise schien ihr gekläffter Befehl – »Halt!« – den ansonsten stetigen Prozeß seines Zerfalls aufzuhalten. Er hatte sich an der Schnittstelle zwischen weltlicher Körperlichkeit und märchenbuchartiger Geisterhaftigkeit stabilisiert.
    Lia sprach in ihr Intercom. »Shawanda, kommen Sie bitte herein.«
    »Ich habe mich bemüht, nicht zu stören, Ma’am. Soll ich dem Fahrer sagen, er soll noch mal ’n Weilchen raus zu seinem Wagen gehen?«
    »Dafür wäre ich dankbar, Shawanda. Aber dann kommen Sie schnell.«
    »Ja, Ma’am.«
     
    Als Shawanda hereinkam, verharrte Kai noch zwischen Substanz und Schatten – das Bild eines ehemaligen Priesters, das in Wellen zwischen Sicht- und Unsichtbarkeit schwankte. Wie ein Fernsehbild bei einem schweren Gewitter.
    »Ach du Heiliger!« wisperte Shawanda wie auf einer Theaterbühne. »Was’n hier los?«
    »Dann sehen Sie es also auch? Ich habe keine Halluzinationen?«
    »Nein, Ma’am. Es scheint tatsächlich zu passieren, was immer es ist.«
    Ich habe eine Zeugin, dachte Lia. Wenn ich verrückt werde, dann werde ich es nicht allein. Aber ich sollte lieber mit Kai reden. Vielleicht wird ihn ein weiterer Befehl – wenn er nur mit genügend Autorität vorgetragen wird – ihn aus dieser unglaublichen Zwischenzeit erretten. Immerhin habe ich ja schon verhindert, daß der arme Kerl in der Cheshire-Katzen-Dschehenna verschwindet, nicht wahr?
    »Kai, bleiben Sie hier! Verdammt, bleiben Sie!« Es war, als wolle sie Viking zügeln, wenn Viking weglaufen wollte. »Was geschieht mit Ihnen?«
    Kai stabilisierte sich wieder, verschwommen flackernd. Als er sprach, klang seine Stimme blechern und von statischem Rauschen durchzogen wie der Klang aus dem Schalltrichter eines alten Victrola. »Bei Gott«, sagte er. »Sie mit Ihrem verdammten Kaffee-Ersatz. Vielleicht kaufen Sie von jetzt an Kaffee mit etwas mehr Ka-wumm.«
    »Welchen zum Beispiel?« fragte Lia, verzweifelt bemüht, ihn am Verschwinden zu hindern.
    »Didl-didl-quiep«, sagte Kai. (Oder es klang doch wenigstens wie »didl-didl-quiep«. Wenn das eine Kaffeemarke sein sollte, dann war es eine Kaffeemarke aus einem anderen Kontinuum.) Und dann sagte er: »Ich meine Luzianne, die schwarze Sorte mit Zichorie.«
    »Der ist fies«, sagte Shawanda. »Zieht einem den Mund zusammen.«
    »Aber er hält einen auf dem Planeten fest«, erwiderte Kai. »Ich mag ihn auch nicht – aber er hält einen verdammt gut auf dem Planeten fest.«
    Wir reden über Kaffee, dachte Lia verwundert. Der Kerl flackert zwischen lebendiger Substanz und dem unfaßlichen Gas der Nichtexistenz hin und her, und wir diskutieren die Vorzüge verschiedener Kaffeemarken – Brim und Luzianne und Didl-didl-quiep. Kaffeemarken, um Gottes willen.
    »Hören Sie«, verlangte Kai plötzlich und klammerte sich an die Armlehnen seines Sessels wie ans liebe Leben. »Ich glaube, ich bin beschädigt. Ich kann mich hier nicht halten. Nehmen Sie sich Ihr Honorar aus meiner Brieftasche, Dr. Bonner und werfen

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