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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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gewesen, es nicht zu tun, und schau doch nur, was ich dafür bekommen habe.«
    Viking legte den Kopf schräg und betrachtete die Mappen auf dem Teppich.
    »Elf Meisterwerke der amerikanischen Literatur«, sagte Cal. »Elf unbekannte Meisterwerke. Unbekannt, weil kein etablierter Verlag sie veröffentlicht hat. Aber ich habe Kopien davon, Vike, und das ist eine große Ehre. Es ist außerdem der Auftrag, der Tyrannei zu widerstehen, die diese Werke überhaupt erst daran gehindert hat, gedruckt zu werden.«
    »Und wie machst du das, Cal? Indem du in einer Tierhandlung arbeitest?«
    Diese unerwartete Frage erboste Cal. »Ich tue es nicht, ich tue es überhaupt nicht, und hör zu: Es kotzt mich an, denn ich weiß, daß ich es nicht tue!« Er drückte den aufgerauchten Joint im Aschenbecher aus und stand auf.
    Du Misthund, dachte er. Was verhörst du mich, wenn du nichts weiter tust, als im Scheiß-Garten Löcher zu graben und Dreiviertel jedes gottverdammten Tages zu verpennen?
    Aber Viking war ein unerbittlicher Sokratiker. »Ich weiß, daß du es nicht tust, Cal, und ich verstehe da etwas nicht. Wieso begründest du deinen Widerstand gegen die Nixon’sche Tyrannei auf diese unveröffentlichten Romane?«
    »Ich kann dir nicht folgen, Arschlochschnüffler.«
    »Ich meine, das ist ja schlimm. Aber du hast ein weit drängenderes Motiv, nicht wahr? Ein Motiv, das dir sehr viel näher am Herzen liegt?«
    Wage nicht, es auszusprechen! dachte Cal. Paß auf, du beinhebender, flohverseuchter, arschlochschnüffelnder Knurrer. Sag’s ja nicht!
    »Was ist mit deinen Eltern?« beharrte Viking. »Ist das, was sie zu erleiden hatten, nicht viel schmerzlicher – für dich, meine ich – als die durch King Richard zerstörte Karriere eines Schriftstellers, mit dem du nicht mal verwandt bist?«
     
    Das Wort Eltern bringt das Faß zum Überlaufen. Cal packt Viking beim Halsband und zerrt ihn zur Bibliothek hinaus, durch die Diele und durch das Wohnzimmer zur Haustür. Viking ist froh, wieder hinauszukommen – wahrscheinlich, weil er glaubt, Cal wolle mit ihm Spazierengehen, aber Cal hat andere Pläne. Er hakt die kalte Kette wieder an Vikes Halsband und verschwindet schleunigst wieder im Haus, bevor der Husky begreift, daß er keinen Ausflug, sondern nur eine weitere lange Zeitspanne der angeleinten Langeweile vor sich hat.
    Das hast du von deiner verdammten naseweisen Aufdringlichkeit, denkt Cal. Er kehrt in die Bibliothek zurück, setzt sich neben die offene Kiste zwischen seine illegalen Dickiana und fährt fort, den Mann zu betrauern.
    1974, nach dem Zusammentreffen mit seinem Kontaktmann in Snowy Falls, Colorado, einer Kleinstadt in den Bergen oberhalb von Waisenburg, und nachdem er von dem eine Kopie von ›They Scan Us Darkly, Don’t They?‹ bekommen hatte, schickte er Dick einen Scheck über fünfzehn Dollar – eigentlich mehr, als er sich leisten konnte. Zwei Monate später schrieb er Dick einen Brief zum ›They Scan Us Darkly‹ und vertraute ihn dem Typen an, der sein Kontaktmann gewesen war. Dieser beförderte ihn persönlich zu Dick nach Fullerton und verstieß dabei gegen das Interne Reisebeschränkungsgesetz, durch das der zwischenstaatliche Reiseverkehr geregelt wurde. Zwei Wochen später traf der Schmuggler sich mit Cal in einem Chop-Suey-Lokal in Manitou Springs und übergab ihm eine maschinegeschriebene Mitteilung des Autors.
    Während er daran denkt, wie er fummelnd den Brief aufriß, findet Cal ihn mit Klebstreifen an der Innenseite des Covers seiner Fotokopie von ›They Scan Us Darkly‹ befestigt, und er nimmt ihn heraus, um ihn noch einmal zu lesen. Er ist fast acht Jahre alt und noch nicht angegilbt, aber noch immer riecht Cal den chinesischen Küchendunst – Pfannkuchen, süß-saures Schweinefleisch – aus dem schmuddeligen Lokal oben in Manitou, der darin hängt:
     
    Lieber Mr. Pickford,
     
    danke, daß Sie mir Ihren Kommentar zu ›They Scan Us Darkly, Don’t They?‹ und zu meiner Arbeit im allgemeinen zugeschickt haben. Nachdem ich Ihren Brief zehnmal gelesen habe, sage ich mir schließlich: »Ich glaube, du hast es geschafft; ich glaube, du hast geschrieben, was du dir zu schreiben vorgenommen hattest. Ich sehe es an dem, was Cal Pickford in seinem Brief über deinen Roman sagt.«
    Ich habe fünf Jahre gebraucht, um ›They Scan Us Darkly‹ zu schreiben, und ich habe – wie Sie so deutlich erkannt haben – Herz und Leib und Leben hineingesteckt. Es ist ziemlich riskant, so etwas zu Papier zu

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