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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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unmögliche Weise aus dem Sessel, in dem er gesessen hat, verdunstet ist. Er verwandelte sich in Dampf – oder Nebel oder wabernden Geist –, vor ihren eigenen und Shawandas Augen, und so gelobten sie beide einander, niemals jemandem von dieser Tatsache zu erzählen. Geliebte und Ehemänner natürlich ausgenommen, und Lia hat es soeben Cal erzählt.
    »Dick«, sagte Cal.
    Das Wort [2] erschreckt sie. Er steht hinter ihr, die Arme im heißen, harten Wasserstrahl um sie geschlungen, und der Körperteil, den ein Liebesromanautor ›seine Männlichkeit‹ nennen würde, gleitet provokativ an der Kerbe ihres Hinterns herauf und wieder weg. Fast ebenso komisch wie erotisch, hat er sich mit Blut gefüllt, kaum daß Cal einen ersten Blick auf ihre Nacktheit geworfen hatte, und er ist mit jeder Berührung straffer und straffer geworden – dem Bersten nahe wie ein übermäßig aufgeblasener Ballon; ihr Rücken und ihr Hintern, und sein Bauch und seine Schenkel glitschen glitschen glitschen aneinander im glatten Wasser.
    Lia sagt: »Ich weiß, was es ist, aber das ist nicht mein Lieblingsname dafür. Und ich frage mich, wieso du dich nicht mal ein paar Minuten entspannen kannst.«
    »Es ist der einzige aufrechte Teil meiner selbst; dafür kann ich nichts. Natürlich gibt es eine narrensichere Methode, mich zu entspannen. Für eine Weile jedenfalls.«
    »Aha.«
    »Wenn ich doch etwas dafür könnte, und wenn ich du wäre – was uns beide in eine peinliche Zwickmühle brächte –, dann wäre ich, glaube ich, beleidigt.«
    »Du denkst nicht geradlinig, Freundchen. Eine derartige unwillkürliche Reaktion ist kein Kompliment – sie ist ein besinnungsloser Reflex. Ein Ausklappfoto in einem Magazin kann die gleiche idiotische Habachtstellung auslösen.«
    »Lia …«
    »Und es törnt mich ab, wenn du anfängst, mit Teenager-Ausdrücken über deinen Penis zu reden. Du klingst wie ein Schulhof-Cowboy. Wie ein Möchtegern- Schulhof-Cowboy.«
    Dieser Scheiß ist mir wirklich verhaßt, denkt Lia und genießt dabei das Gefühl von Cals frisch rasiertem Gesicht in ihrem Nacken. Männer haben mehr Namen für ihren gottverdammten Penis als die Eskimos für Schnee, und anscheinend glauben sie, sie brauchen nur einen dieser Spitznamen herauszuholen – von dem damit bezeichneten eifrigen Dingelchen mal ganz zu schweigen –, um uns absolut unwiderstehlich anzutörnen. Da kommt einem wirklich das kalte …
    »Lia …«
    »Was denn, verdammt?«
    »Ich meine Philip K. Dick, nicht den zornigen alten Käpt’n Standhaft da unten. Hör mal, wirf mir nicht vor, daß ich Punkjargon rede. Ich habe nicht schmutzig geredet, und wenn ich schmutzig geredet hätte, dann hätte ich dich mit esoterischem Schmutz überschüttet. Junker Pfriem. Fotzenstange. Meister Pi …«
    Lia fährt herum, preßt ihre Brüste an Cals Brust und öffnet den Mund an seinem Hals. Junker Pfriem streift ihre moosweiche Scham, und das herabdonnernde Wasser blendet Cals zyklopischen Freund. Sie schaut hinunter und sieht, daß er zu ihr herauf äugt, und sie drückt ihren Mund auf den Mund ihres Mannes und läßt ihre Zunge dort streunen, derweil ihre Finger die regenglatten Sprossen seiner Wirbelsäule liebkosen.
    Das ist eine Methode, dich zum Schweigen zu bringen, denkt sie. Eine narrensichere.
    Nach diesem Kuß sagt Lia: »Was hat der Mann mit dem priapischen Nachnamen mit uns zu tun, Cal? Oder mit irgend etwas von dem, was mir heute passiert ist?« Die Demanifestation des Mr. X in ihrem Praxissessel kommt ihr – jetzt – vor wie ein Fiebertraum. Signifikant real ist nur Cal, ihr Mann und Geliebter.
    Cal packt sie bei den Oberarmen. »Ich meinte, daß dein Klient von heute – dieser ›Kai‹ – und Philip K. Dick ein und derselbe sind. Du bist von demselben Menschen besucht worden, um den ich trauere.«
    Lia erinnert sich plötzlich. »Er wollte ein Bild von dir sehen. Er sagte, du seiest der Grund, weshalb er nach Warm Springs gekommen ist. Vielleicht wärst du … wie sagte er noch? Jedenfalls ging es letzten Endes darum, daß du ihm vielleicht bei seinen Problemen helfen könntest. Amnesie, teleskopische Wahrnehmung – dergleichen.«
    »Ich?«
    »Aber ich habe ihm gesagt, mein Familienleben gehe ihn nichts an.«
    Lia sieht, daß Cals Gesicht trotz des rötenden Wasserstrahls erbleicht. Ihre Geschichte von Kais Metamorphose in durchsichtiges Nichts hat ihn nicht weiter beunruhigt, aber wenn er erfährt, daß Kai ihn für den Fokus einer verräterischen Emanation

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