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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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    Er taumelte rückwärts, gefährlich dicht an den Rand seiner natürlichen Rampe, um die Person ohne Anzug über sich besser sehen zu können. Der Zwerg – ein Schwarzer mit krummen Beinen, einem tonnenförmigen Oberkörper und einem Gesicht, das Vear an einen klingonischen Alien in Star Trek erinnerte – sprang träumerisch beiseite und verschwand hinter den Felsen. Normalerweise hätte er tot sein müssen, ein Opfer des Vakuums und der blutsiedenden Hitze. Da Vear dies wußte, mußte er in Frage stellen, was er gesehen hatte. Vielleicht hatte er den Zwerg gar nicht gesehen. Vielleicht veranlaßten ihn dieser Solo-Ausflug und die Erschöpfung, die sich auch in lunaren Gravitationsverhältnissen einstellen konnte, zu halluzinieren, zu sehen, was nicht ist.
    Aber du hast Gott um ein Zeichen gebeten, erinnerte Vear sich. Wenn dieser o-beinige kleine Homunculus nun Gottes Antwort war? Natürlich kann hier draußen kein Mensch leben; und wenn es Wunder sind, womit sich Gottes Existenz erweist – Seine Bereitschaft, sich in menschliche Angelegenheiten einzumischen – na, dann hast du gerade ein granatenmäßiges Wunder erlebt.
    Der Major erwog, den zerklüfteten Hang hinaufzusteigen, um sich zu überzeugen, daß er eben recht gesehen hatte, aber dreißig, vierzig Schritte weiter oben versperrte ihm Geröll den Weg. Auch war es sehr viel weiter bis zum Rand des Kraters – obgleich er an dieser Stelle seines Kreisbogens auf unheimliche Weise eingebrochen oder erodiert war –, als es den Anschein hatte, und Vear hatte weder die Energie noch genügend Sauerstoff, um den Aufstieg in die Höhenlage, in welcher der Zwerg verschwunden war, und den Rückweg zu schaffen. Und wenn der Zwerg eine Illusion gewesen war, was würde er mit einer solchen Expedition dann erreichen? Ja, und wenn der Zwerg ein Zeichen von Gott gewesen war, das ihm dargeboten und dann scherzhaft wieder weggezogen worden war, was würde er dann gewinnen? Nur sein eigenes Ende, so schien es.
    Schwer atmend, ermahnte Vear sich, daß er sich besser wieder hinsetzte. Ruh deine müden Knochen aus, Bruder. Sieh zu, daß du dieses Schwindelgefühl zum Verschwinden bringst. Bedenkenlos vollführte er mehrere Känguruhsprünge zu dem Felsblock, auf dem er gehockt hatte, bevor der Homunculus erschienen war. Dann ließ er sich behutsam auf einer glatten oberen Facette des Felsens nieder und blieb dort sitzen, nach Luft schnappend und mit ausdrucksloser Miene grübelnd. Überleg dir, um was du betest, hatte sein Daddy ihn immer gewarnt. Du könntest es kriegen.
    Nicht denken, nicht verzagen, nicht beten, dachte Vear. Nur ausruhen. Leere deinen Kopf und ruh dich aus. Ruhe brauchst du, bevor du dich auf den Rückmarsch nach Von Braunville begibst. Ruhe brauchst du, bevor du von neuem die Mühsal und die Strapazen in Angriff nimmst, die es mit sich bringt, fünfzig Menschen auf der Pelle zu sitzen – na schön, achtundvierzig –, die sich an deinen schlechten Gewohnheiten und Persönlichkeitsmacken mindestens ebenso sehr stören, wie du dich an den ihren. Und so schloß Vear die Augen und hörte auf zu grübeln. Er stieg hinab in sich selbst zu einer spirituellen Erneuerung, die dem Beten ähnlich, aber anders als dieses war. Seine Gedanken leerten sich, und er versank immer tiefer.
     
    Als er seinen Schutzanzug in der Kammer neben der Luftschleuse abgelegt und seinen Hausanzug übergezogen hatte, schmiegt Vear sich an die Korridorwand, und er schiebt sich an ihr entlang zu der Zelle, die er mit Peter Dahlquist teilt, einem Computerspezialisten, dessen Hauptaufgabe darin besteht, in der Mondbasis auftauchende Probleme zu beheben. Dahlquist ist auch eines der Kreuze, die Vear zu tragen hat, ein Tüftler, der ihr Zimmer in eine Werkstatt für Freizeitprojekte und ein Lager für allerlei Ersatzteile, Apparate und Konstrukte verwandelt hat, die er von Versorgungsbeamten oder Shuttle-Piloten hat abstauben können, die bereit waren, ihm zuzuhören.
    In der Tat erblickt Vear, als er sich im spiralförmigen Gang ihrem Zimmer nähert, aufschauend eine an Leonardo da Vinci gemahnende Konstruktion – einen Vogel aus Balsaholz, durchsichtigem Plastik, Draht, Gummibändern und erstaunlicherweise grauen und weißen Federn –, die ihm träumerisch durch den engen Korridor entgegengeflattert kommt. Er muß den Arm heben, damit der Spielzeugvogel ihn nicht im Gesicht trifft, und der Vogel sinkt wispernd in harmlosen Pirouetten zu Boden.
    »Sorry«, sagt Dahlquist, der jetzt

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