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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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viel Macht ausstatten, denn er fürchtet, ich könnte in dieser Realität mehr Bedeutung annehmen als ihr eigentlicher Urheber. Also werde ich wahrscheinlich für eine Weile in der Versenkung verschwinden – und dafür kann ich nichts, Pickford, sondern der Demiurg. Zugegeben, er hat mir gestattet, von den Toten zurückzukehren, aber er ist auch ein eifersüchtiger Trottel, und seine Eifersucht resultiert in meiner Devolution – in drei säuberlichen Schritten – vom Mann zum Dunst zur sprechenden Boa. Er hat die Entropie auf mich losgelassen, und jetzt bin ich auf Sie angewiesen – auf Sie und Ihre hübsche Frau –, um zu verhindern, daß die Entropie uns alle für immer verschlingt. Ihr zwei werdet die erlösende Umschaltung zuwege bringen müssen.«
    Hatte so die Schlange im Garten Eden mit Eva gesprochen? Bestimmt nicht. Wenn Mr. Dick die Absicht hatte, Cal zu versuchen – und darauf hatte er es anscheinend abgesehen –, dann war es unmöglich, die Natur dieser Versuchung präzise zu charakterisieren.
    »Sie reden mir zu allgemein«, sagte Cal. »Sie wollen, daß Lia und ich … äh … ›die erlösende Umschaltung zuwege bringen‹. Wie denn, um Gottes willen?«
    »Indem Sie Risiken eingehen«, sagte die Schlange und stieß gegen die Glaswand. »Indem Sie es sich nicht allzu gemütlich werden lassen.«
    »Gemütlich?«
    »Hören Sie, Gelegenheiten werden sich bald ergeben. Ihre erste Reaktion auf die meisten davon wird wahrscheinlich Abscheu sein. Ein Widerstreben, da mitzumachen. Es ist leichter, eine alte Routine immer neu durchzukauen – immer zur gleichen Zeit aufzustehen, immer die gleichen Frühstücksflocken zu essen und dann zur Arbeit zu trotten, wie Sie es in den letzten zehn Jahren immer getan haben.«
    »Ich arbeite erst seit Weihnachten hier.«
    »Aber die Gemütlichkeit setzt schon ein – mehr sage ich nicht. Und die ist der Erzfeind aller Evolution, aller gesunden Veränderung. Suchen Sie nach Gelegenheiten, ihr zu trotzen. Aus welcher unwahrscheinlichen Ecke sie auch kommen mögen.«
    »Okay. Werd’ ich machen.«
    »Beweisen Sie’s!«
    Cal war verblüfft über dieses herrische Verlangen. »Wie kann ich das?«
    »Indem Sie mich aus diesem Käfig lassen.«
    Cal zauderte. Natürlich schien die Schlange zu sprechen, aber die Wahrheit – die scheinbare Wahrheit – war, daß Philip K. Dicks körperloser Geist die Boa als Sprachrohr benutzte, um seinen Bemerkungen einen Ort wie auch ein unbestreitbares dramatisches Gewicht zu verleihen. Warum also sollte Dick ihn dann bitten, die Boa aus dem Käfig zu lassen? Es wäre ja nicht Dick, der einen Nutzen aus dieser Befreiung zöge, und die Boa würde die plötzliche Freiheit vielleicht eher als Strapaze denn als Geschenk empfinden.
    »Los doch, Pickford! Riskieren Sie etwas! Tun Sie’s!«
    Und so kämpfte Cal gegen die beschwerliche Röte an, um den Riegel beiseitezuschieben und den Deckel vom Käfig zu heben. Sogleich verließ ihn all seine Kraft. Wie eine Statue stand er da, und ein Arm hielt den Deckel, während der Quetscher an der Scheibe herauffloß, durch die Lücke und direkt auf Cals Körper glitt; dann kräuselte sich die Boa über seine Schulter, um seinen Rücken herum und unter der Achsel hindurch. Cal spürte die zuckende Zunge der Schlange und auch die Leichtigkeit, mit der sie ihn hätte zerquetschen können.
    »Mit fliegenden Fahnen«, sagte die P.K. Dick-Stimme. »Sie haben mit fliegenden Fahnen bestanden.«
    Woraufhin die Boa constrictor sich ebenso mühelos wieder auseinanderwand, wie sie sich soeben um ihn gewunden hatte; sie schlängelte sich zurück in ihr Glasgefängnis und plumpste säuberlich auf den Kies am Boden. Cal schloß den Deckel und merkte, daß die lähmende Röte sich wunderbarerweise in sämtliche Farben des sichtbaren Spektrums aufgelöst hatte.
    Das »dunkelrote Zwischenspiel«, wie Cal es bei sich bereits nannte, hatte ein abruptes Ende gefunden.
    Die Menschen im Einkaufszentrum bewegten sich wieder, und Mr. K. kam zu Cal zurück und sagte ihm, er solle aufhören, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, daß die Boa etwa entfliehen könne. Der Quetscher liege völlig zufrieden in seinem Käfig, und Cal brauche nicht länger mit dem Schloß herumzufummeln und könne nun wieder an seine Arbeit gehen.
    »Jawohl, Sir«, sagte Cal nachdenklich. »Mache ich.«

 
    12 »Hey!« brüllte Vear, obgleich die zwergenähnliche Gestalt zwischen den Mondfelsen ihn unmöglich hören konnte. »Was, zum Teufel, machst du

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