Dieser Mann ist leider tot
hinter der Biegung des Korridors auftaucht. »Wie gefällt dir meine unechte Spottdrossel?«
»Sie ist wahrscheinlich hübscher als deine unechte Schildkröte. Aber die Schildkröte hat wenigstens nicht versucht, einem die Augen auszustechen.«
»Du hast Besuch.«
»Besuch?«
»In unserem Zimmer. Halt die Ohren steif und polier deine Messingknöpfe. Bildlich gesprochen, meine ich.«
»Wer ist es denn? Logan?«
Dahlquist hebt seinen Spielzeugvogel auf. Er ist älter als Vear, aber blond und jungenhaft. Er sagt: »Es wäre kein Problem, für jeden in Von Braunville so einen zu bauen, Gordon. Ein paar von den NASA-Bonzen wollen uns Haustiere schicken, aber die tun’s doch auch, meinst du nicht?«
»Dolly …«
»Weniger teuer, als wenn man eine Meute Cockerspaniels vom Cape heraufschießt. Keine Haltungskosten. Keine Sorgen um ihre Gesundheit.«
»Wer, zum Teufel, will was von mir, Dolly?«
Dahlquist streichelt einen Flügel seiner unechten Spottdrossel und untersucht ihren Balsabauch, um festzustellen, ob bei dem Absturz etwa ein Gummiband gerissen ist. »Das soll ich dir nicht sagen. Aber ich würde klopfen, bevor ich reingehe.« Er tätschelt Vears Schulter und schlüpft vorbei.
Vear starrt nachdenklich hinter ihm her; er möchte ihm von der seltsamen Erscheinung erzählen, die er über sich auf dem Rand von Censorinus gesehen hat, und zugleich möchte er es nicht. Nicht, warnt er sich. Sie werden sagen, du bist verrückt, und dich nach Hause schicken. Toll. Nach Hause fahren, das könnte genau das richtige sein. Wenn heutzutage bloß nicht Catch-22 gelten würde. Du mußt verrückt sein, wenn du auf dem Mond bleiben willst, werden sie sagen; wenn du es also nicht willst, mußt du normal sein, und wir können dich nur nach Hause schicken, wenn du verrückt bist …
Besorgt geht Vear den Gang hinunter zu dem Zimmer – einem Zimmer, geformt wie ein dreieckiges Tortenstück –, das er mit Dahlquist teilt. Hier hebt er zögernd die Hand und klopft mit den Knöcheln an die Tür.
»Wer ist da?«
Mein Gott, denkt Vear. Was für ein Organ. Aber er nennt seinen Namen und seinen Dienstgrad. »Dies ist zufällig mein Zimmer«, fügt er hinzu.
»Kommen Sie rein. Aber schließen Sie die Iristür hinter sich.«
Verdattert befolgt der Major den Befehl des Basso profundo. Drinnen findet Vear zwei Männer in Anzügen mit Westen; einer von ihnen – der ältere – sitzt auf einer freigeräumten Fläche auf der Kante von Dahlquists unaufgeräumter Koje, und der andere – der Besitzer der meerestiefen Stimme – steht neben seinem Arbeitgeber, die eine Hand in die gegenüberliegende Achselhöhle geschoben. Der Major bemerkt überdies, daß der Gorilla – ein außergewöhnlich adretter und wohlduftender Primat – zu seinem grauen Zivilanzug ein keckes grünes Barett trägt. Diese Kopfbedeckung weist ihn paradoxerweise als Vietnamveteranen und als Geheimdienstmann zugleich aus. Die Person, die mit übereinandergeschlagenen Beinen auf der Koje sitzt, ist schließlich niemand anderes als der Präsident der Vereinigten Staaten.
»Mr. President«, sagt Vear, nimmt trotz seiner Überraschung Haltung an und salutiert.
»Okay, okay, Major. Es ist gut zu sehen, daß es stramm und zackig zugeht hier draußen, meilenweit entfernt von der Welt, die uns alle ernährt hat; aber jetzt sind wir drei unter uns, und wir wollen’s nicht allzu feierlich machen.« Er schenkt Vear ein reizendes, schwarzes Irengrinsen. »Was übrigens in diesem Zusammenhang ein Grund dafür ist, daß ich mich hingesetzt habe.«
Vear hat seinen Arm sinken lassen und kann nur glotzen. Was habe ich getan, fragt er sich, daß der Präsident der Vereinigten Staaten den weiten Weg von Washington, D.C., hierher nach Von Braunville, Censorinus, Mond, auf sich nimmt, um mir in meinem engen Quartier entgegenzutreten? Komme ich vor ein Kriegsgericht? Jetzt wedelt der Präsident mit spastischer Autorität mit der Hand.
»Sie können uns alleinlassen, Ingham«, sagt Mr. Nixon zu seinem Leibwächter. »Mir droht keine Gefahr von diesem patriotischen Air Force-Offizier, und unser kleiner Schwatz wird besser gehen, wenn der Major sich nicht von jemandem bedroht fühlen muß, der größer und stärker ist als er.«
»Jawohl, Sir«, pflichtet Ingham bei und geht widerstrebend hinaus.
»Ein großartiger Kerl«, sagt der Präsident zu Vear und deutet dabei mit dem Kopf auf die Iristür. »Hat zweimal die Ehrenmedaille verliehen bekommen, einmal wegen Heldenhaftigkeit
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