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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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hyperventiliert, und bemüht sich, es den Präsidenten nicht merken zu lassen. Hilf mir, Gott. Gib mir Worte, die ich diesem erhabenen Trottel sagen kann.
    »Sir, ich hatte gehofft, ich könnte meinen zweiten Einsatz hier zu Ende bringen und dann meinen Abschied nehmen. Seit langem schon hege ich im Hinterkopf den Wunsch, als Religiöser in einen heiligen Orden einzutreten.«
    »Als Religiöser?«
    »Als Mönch. Wie Franz von Assisi. Wie Thomas Merton. Ein frommer Mann, Sir.«
    »Aber wenn ich recht verstehe – genieren Sie sich nicht, mir zu widersprechen, aber ich bespreche mich in solchen Fragen oft mit Minister Graham –, wären Sie in einem Kloster – Affenhäuser nannte ich sie liebevoll, als ich noch Quäker war – doch viel länger, als Sie sich jemals in einem ITS [4] aufhalten müßten, das Sie zum Mars brächte. Wie können Sie die zwei oder drei Jahre des Plans 4-M mit der Lebenszeit vergleichen, die Ihre katholischen Zeloten ohne Zweifel von Ihnen verlangen werden?«
    »Aber ich vergleiche das ja nicht, Sir! Die Reise in einem Raumschiff, egal, wie lange sie dauert, ist etwas völlig anderes als das Ablegen der Gelübde!«
    King Richard hebt die Hand und winkt beruhigend. »He, beruhigen Sie sich doch, Gordon. Nicht aufregen, mein Sohn.«
    Vear greift nach einer Magnetspule auf Dahlquists Schreibtisch und schüttelt sie in die Richtung des Präsidenten. »Selber nicht aufregen, mein Vater! Roland Nyby hat sich Ihretwegen umgebracht! Weil Ihre Scheiß-Regierung jeden von uns gnadenlos umklammert!«
    »Jede Gesellschaft hat ihre Schwächlinge, Gordon. Ihre Heulsusen, ihre Verlierer, ihre Waschlappen. Sie können nicht erwarten, daß der Präsident der Vereinigten Staaten persönlich die Verantwortung für die Unzulänglichkeiten jeder Pfeife übernimmt.«
    Mr. Nixon hat mehr Mumm, als Vear vermutet hat. Unerschütterlich steht er da und beäugt den Major müde. Na klar, denkt Vear, man wird ja nicht zum mächtigsten Mann des Westens – zum Teufel, des ganzen Planeten –, indem man sich vor inhaltslosen Drohungen und leeren Gesten beugt. Laß ihn wissen, daß du seine Sprungschanzen-Nase in einen blutigen kleinen Lappen zu verwandeln gedenkst, und dann geh hin und mach’s auch!
    Solcherart sich selbst ermunternd, rückt Vear vor. Mr. Nixon wirft einen Blick zur Iristür des Raumes und befiehlt seinen Leibwächter kühl mit einem Kopfnicken herein.
    Ingham stürzt sich auf Vear, schlägt ihm die Spule aus der Hand und schiebt ihn rückwärts über Dollys Werkbank. Siliziumchips, Vakuumröhren, Stränge von Kupferdraht, Zangen, Potentiometer, Kondensatoren, Computerplatinen und diverse andere Brocken von hartem und weichem Plunder fliegen umher. Vear kippt rückwärts hinein, und Ingham wirft sich über ihn, sein Footballspielergesicht entweder zu einem Grinsen oder zu einer Grimasse verzerrt, und sein Unterarm fällt auf Vears Adamsapfel und preßt härter und immer härter, als wolle er ihn restlos zermalmen.
    Für Ingham hat die Hinckley-Sache wieder ganz von vorn angefangen, und er genießt die neuerliche Gelegenheit, ein empathisches Empfinden für das Leiden anderer zu verspüren (eine Fähigkeit, die er in Vietnam erlernt hat) – nicht indem er sich weigert, Vear wehzutun, sondern indem er es ablehnt, ihn unmittelbar zu töten.
    »Gaaaah!« protestiert der Major. Aber Ingham fährt fort, ihn zu erdrosseln, und nachdem Vear aus dem Winkel eines hervorquellenden Auges das gleichgültige Gesicht des Präsidenten noch einmal gesehen hat, verschwindet er im Dunkel. In der Mitternacht, so hofft er, oder zumindest in vorübergehender Erlösung.
     
    »Hier ist das Atemgerät. Stell mal fest, ob du den Idioten wachkriegst.«
    »Gordon! Mein Gott, Gordon, steh auf!«
    Vear schlug die Augen auf. Zwei Männer in Raumanzügen – ihre NASA-Namensschilder identifizierten sie als Franciscus und Stanfield – beugten sich über ihn auf dem Felsensims oberhalb von Von Braunville. Eine hübsche Scheibe des Planeten Erde schwebte über ihnen und erfüllte das zerklüftete Becken des Kraters mit Kobaltschatten und eisblauem Leuchten.
    »Er hat mir gesagt, er wollte nur ein bißchen ›frisches Vakuum‹ schnappen. Er hat gesagt, er hätte nicht die Absicht, einen Nyby zu bauen.«
    »Yeah, na ja, vielleicht hat der Scheißer – ich bitte um Vergebung, Major – dich belogen.«
    Stanfield bemühte sich, ein Hilfsatemgerät einzuklinken, und Franciscus klatschte mit seinen riesigen weißen Handschuhen auf den Helm.

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