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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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erzählt hatte. Er war ein NASA-Mann, und er kam aus der U.S. Air Force; er war kein Kartäuser- oder Zisterziensermönch. Er war stolz darauf, seine Pflicht zu tun, selbst wenn ein Schweinehund wie Commander Logan oder King Richard versuchte, ihm die fragwürdigen Elemente zu diktieren, aus denen diese Pflicht sich zusammensetzte. Er hatte eine Menge Zorn zu bewältigen, und auch eine Menge Schuldgefühle, aber er war nicht verrückt, sondern normal, verdammt! Normal, normal, normal!
    Noch später, als er wieder in sein Tortenstück zurückgekehrt war, unter Stubenarrest gestellt, bis Commander Logan Dr. Zolas letzte Profilanalyse von ihm gelesen hätte, stellte Vear – zu seiner Erleichterung – fest, daß der Müll auf dem Tisch seines Stubengenossen derselbe Müll war, den er vorher schon dort gesehen hatte. Ein Handgemenge mit einem Geheimdienstmann hatte das Tohuwabohu nicht um ein neues Chaos bereichert.
    Der Major setzte sich auf seine Pritsche, genau dahin, wo der Präsident während ihres Traumkolloquiums gesessen hatte. Mein Unterbewußtsein hat den Mann bösartig geschmäht, dachte er. Aber jemand in einer Machtposition muß es aushalten können, wenn ihm der Wind ins Gesicht weht. Mit der Macht geht Verantwortung einher, und der Mißbrauch der Verantwortung verdient unsere Verachtung eher als die läßlichen Sünden der Machtlosen. Gott sei Dank war meine Phantasie privat – wenigstens bis zu meinem Gespräch mit Dr. Zola. Sie können ja niemanden vors Kriegsgericht stellen, weil er geträumt hat, er habe seinem Boss eins auf die Nase gegeben, oder?
    Dahlquist kam herein. Er stellte fest, Vear sehe ziemlich gut aus für einen, der sich um Haaresbreite in den Himmel halluziniert hätte.
    Ich muß beim Abstieg mit Franciscus und Stanfield im Delirium von dem Homunculus – vielleicht sogar von King Richards »Besuch« – gebrabbelt haben, dachte Vear. Jetzt rennen diese beiden Tröpfe in Von Braunville herum und erzählen meine Wahnphantasien jedem, der Zeit hat, sie sich anzuhören, und boshaft genug ist, sich vorzustellen, was sie verursacht haben könnte. Die halbe Basis denkt jetzt, ich leide an Stoffwechselstörungen. Die andere Hälfte glaubt, Isolation und Überarbeitung hätte bei mir – wie bei Nyby – eine Sicherung durchbrennen lassen. Sie glauben, ich hätte – wie Nyby – ein Zimmer im Hotel Thanatos beziehen wollen. Für immer.
    »Ich habe nicht versucht, mich umzubringen!« schrie Vear.
    »Das weiß ich«, antwortete Dahlquist. »Du wirst mir niemals die Genugtuung gewähren, die andere Hälfte dieses Zimmers zu erben.«
    »Dolly, du hast schon Dreiviertel!«
    Dahlquist zuckte die Achseln und schaufelte auf dem Stuhl vor seiner Werkbank einen Platz frei, um sich hinzusetzen. Einen Augenblick später bastelte er an einem Spielzeugvogel wie dem, mit dem er Vear beworfen hatte … ja, wann? Aber das hatte er nicht getan. Das war einfach nur ein Teil deines Traumes, Gordon. Nichtsdestoweniger setzt dein Zimmergenosse hier eine unechte Spottdrossel zusammen, und dieses Projekt hat er nicht schon vor deinem großen Expeditionsabenteuer begonnen – zumindest nicht, soweit du dich erinnern kannst. Bis gestern hat er kugelförmige Stereolautsprecher gebaut, um sie im Speiseraum aufzuhängen, damit dort Earl-Klugh- und Spyrogyra-Konzerte eingespielt werden könnten.
    Ein Frösteln rieselte an Vears Wirbelsäule herunter; es faßte kühl nach ihm, wie die Kälte von Censorinus selbst.
     
    In dieser Schlafperiode sah der Major dösend eine kleine schwarze Gestalt mit kräftigem, aber schmerzgeplagtem Körper, die auf dem Kratergrund Räder schlug und Hupftänze vollführte. Das Gesicht des Zwerges war eher geschäftsmäßig als fröhlich. Immer wenn Vear sich ihm näherte, löste er sich auf, nur um einen Augenblick später auf einem anderen Stück Mondboden oder auf einem Vorsprung von schwarzem Feldspat hoch über der Ebene wieder zu erscheinen. Stellen, von denen er aber auch bald wieder verschwand …
     
    Als Vear am nächsten ›Morgen‹ erwachte, sah er Dahlquist am Mikrofiche-Lesegerät ihres Zimmers sitzen und abwechselnd lesen und einen Bleistift über einen Block gelbes Kanzleipapier treiben.
    »Was ist los?«
    Dahlquist drehte sich um und warf dabei eine Drahtspule auf den Boden. »Ich habe gestern – während deiner Traumsuche nach den Tröstungen der Auslöschung – erfahren, daß ein Schriftsteller, den ich sehr gern mochte, dieses Jahr gestorben ist. Die Bibliothek hier hat

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