Dieser Mann macht mich verrückt
konnte nur Dean sein.
Riley zupfte an ihren Haaren, zog sie vors Gesicht und starrte in die Müslischüssel. »Das wissen Sie?«
»Eh - ja«, erwiderte April. »Du wohnst in Nashville. Wie bist du hierhergekommen?«
»Eine Freundin meiner Mom hat mich hergebracht.«
Auf diese offenkundige Lüge ging April nicht ein. »Tut mir leid, dass deine Mutter gestorben ist. Weiß dein Vater, wo du ...« Ihre Miene nahm harte Züge an. »Natürlich nicht, der hat keine Ahnung, oder?«
»Nein. Meistens nicht. Aber er ist sehr nett.«
»Nett ...« April strich über ihre Stirn. »Und wer kümmert sich um dich?«
»Ich habe ein Au-pair.«
»Okay.« April ergriff ihr Notizbuch, das sie am letzten Abend auf eine Küchentheke gelegt hatte. »Gib mir ihre Nummer, damit ich sie anrufen kann.«
»Wahrscheinlich liegt sie noch im Bett.«
Aprils Augen drohten Riley zu durchbohren. »Wenn ich sie wecke, wird ihr das sicher nichts ausmachen.«
Unbehaglich wich Riley dem stechenden Blick aus. »Würden Sie mir sagen - wohnt mein - Vetter hier? Das wäre sehr wichtig für mich.«
»Wieso?«, fragte April. »Warum willst du ihn finden?«
»Weil...« Riley schluckte. »Weil ich ihm von mir erzählen muss.«
Zitternd rang April nach Atem. »So, wie du dir das vorstellst, wird das nicht klappen.«
Das Mädchen starrte sie an. »Wissen Sie, wo er ist?«
»Nein«, entgegnete April etwas zu schnell und wandte sich zu Blue, die immer noch zu verkraften suchte, was sie erfahren hatte.
Dean sah Jack Patriot nicht ähnlich. Aber Riley schon. Der gleiche olivenfarbene Teint, das mahagonibraune Haar, die markante gerade Nase. Von zahllosen Schallplattenhüllen hatten ihr die dunkel umrandeten Karamellaugen entgegengeblickt.
»Während ich mit Riley rede, würden Sie oben nach dem Rechten sehen, Blue?«, bat April.
Blue verstand die Message, sie sollte Dean von seiner Halbschwester fernhalten. In ihrer Kindheit hatte sie das Leid gespürt, das mit tiefen Geheimnissen zusammenhing, und sie glaubte, man dürfte junge Menschen nicht vor der Wahrheit schützen. Doch die Entscheidung lag nicht bei ihr. Sie schob ihren Stuhl zurück.
Bevor sie aufstehen konnte, näherten sich Schritte in der Halle, und April packte Rileys Hand. »Komm, wir gehen hinaus und unterhalten uns.«
Zu spät.
»Ich wittere Kaffee.« Frisch geduscht und unrasiert schlenderte Dean in die Küche und glich einer leger gekleideten Hip Country-Reklame, dem Lifestyle-Magazin GQ entsprungen. Zu blauen Bermudas trug er ein hellgelbes T-Shirt mit dem geschwungenen Nike-Logo und lindgrüne Hightech-Sneakers, stromlinienförmig wie Rennautos. Bei Rileys Anblick lächelte er. »Guten Morgen.«
Stocksteif saß sie am Tisch und verschlang ihn mit weit aufgerissenen Augen. April presste eine Hand auf ihre Taille. Als hätte sie Magenschmerzen.
Riley öffnete den Mund. Schließlich gehorchte ihr die Stimme wieder. »Hallo, ich bin Riley.« Ihre Stimme klang wie knisterndes Papier.
»Hi, Riley. Ich bin Dean.«
»Das weiß ich, weil ich ein Sammelalbum habe.«
»Tatsächlich? Was für eins?«
»Mit Fotos von dir.«
»Machst du Witze?« Dean griff nach der Kaffeekanne. »Also bist du ein Footballfan?«
»Nicht direkt.« Sie leckte über ihre trockenen Lippen. »Eher deine Kusine oder so was Ähnliches.«
Ruckartig hob er den Kopf. »Nein, ich habe keine ...«
»Riley ist Marli Moffetts Tochter«, erklärte April tonlos.
Ohne ihren durchdringenden Blick von ihm abzuwenden, ergänzte Riley: »Und Jack Patriot ist auch mein Dad.« Dean starrte sie an, und ihre Wangen röteten sich. »Das wollte ich nicht sagen!«, beteuerte sie. »Noch nie habe ich irgendwem von dir erzählt, ich schwöre es!«
Wie versteinert stand er da. Anscheinend konnte sich April ebenso wenig bewegen. In den kummervollen Augen des Kindes glänzten Tränen. Diese Qualen ertrug Blue nicht. Entschlossen stand sie auf. »Dean ist gerade erst aus dem Bett gestiegen, Riley. Lass ihm ein bisschen Zeit, damit er richtig aufwachen kann.«
Dean drehte sich zu seiner Mutter um. »Was macht sie hier?«
»Vermutlich hat sie dich gesucht«, erwiderte April und wich zum Herd zurück.
In der Tat, dieses Treffen verlief nicht so, wie Riley sich das ausgemalt hatte. An ihren Wimpern hingen Tränen. »Tut mir leid, ich werde es nie wieder sagen.«
Dean war der Erwachsene, er müsste die Kontrolle übernehmen. Aber er stand immer noch reglos da. Blue ging um den Tisch herum zu Riley. »Hier hat jemand noch keinen
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