Dieser Mann macht mich verrückt
Damit tun Sie diesem Mädchen keinen Gefallen. Schauen Sie es doch an! Ihre kleine Freundin ist zu dick. Trotzdem erlauben Sie ihr, fette Pommes frites zu verschlingen.«
Rileys Gesicht färbte sich feuerrot. Zerknirscht starrte sie die Tischplatte an, und Blue verlor die Geduld. »Riley ist völlig okay. Und sie hat viel bessere Manieren als Sie, Mrs Garrison. Nun wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich einen anderen Tisch suchen würden. Wir möchten unseren Lunch ungestört beenden.«
»Nein, ich bleibe hier. Dieses Lokal gehört mir.«
Obwohl die Teller noch nicht leer waren, hatte Blue keine Wahl. Sie stand auf. »Also gut. Komm, Riley.«
Unglücklicherweise war das Kind in der Nische gefangen, und Mrs Garrison rührte sich nicht. Höhnisch entblößte sie falsche Zähne voller Lippenstiftflecken. »Ah, Sie sind genauso respektlos wie dieses Balg.«
In wachsendem Zorn zeigte Blue auf den Boden. »Komm da heraus, Riley! Sofort!«
Riley verstand den Sinn der Geste. Irgendwie schaffte sie es, mitsamt ihrem Rucksack unter dem Tisch hindurchzukriechen. Mrs Garrisons Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
»Moment mal, mir läuft niemand davon! Das wird Ihnen leid tun!«
»Wow, jetzt fürchte ich mich ganz schrecklich. Wie alt oder wie reich Sie sind, ist mir egal. Ich finde Sie einfach widerlich!«
»Das werden Sie bereuen!«
»Wohl kaum!« Blue warf Aprils Zwanziger auf den Tisch, was sie fast umbrachte, da der Lunch nur zwölf fünfzig kostete. Dann schlang sie einen Arm um Rileys Schultern und führte sie aus der Grabesstille des Restaurants.
»Fahren wir jetzt auf die Farm zurück?«, wisperte Riley, sobald sie den Gehsteig betraten.
Eigentlich hatte Blue einen Job suchen wollen. Doch das konnte warten. Sie drückte das Mädchen etwas fester an sich. »Klar. Ärgere dich nicht über den alten Drachen. Diese Frau lebt geradezu von ihrer Gemeinheit. Das habe ich in ihrem Gesicht gelesen.«
»Ja, ich auch.«
Auf dem Weg zum Saab und während der Fahrt bemühte sich Blue weiterhin, Riley zu besänftigen. Das Kind gab ihr die richtigen Antworten. Aber sie spürte, wie schmerzlich es unter Mrs Garrisons grausamen Worten litt.
Noch ehe sie den Stadtrand erreichten, hörte sie eine Sirene heulen und sah einen Streifenwagen im Rückspiegel. Sie hatte das Tempolimit nicht überschritten und keine rote Ampel ignoriert. Deshalb dauerte es eine Weile, bis sie merkte, dass die Polizisten hinter ihr her waren.
Eine Stunde später saß sie im Gefängnis.
10
So schnell wie möglich kamen April und Dean in die Stadt. April legte Blues Führerschein vor und verlangte die Herausgabe ihres Saab. Dean bezahlte die Kaution für Blue. In seinem Aston schrie er sie an: »Nur zwei Stunden lasse ich dich allein. Und was treibst du, verdammt noch mal? Du lässt dich verhaften! Beinahe komme ich mir wie in einer Wiederholung von ›1 Love Lucy‹ vor.«
»Ich wurde verleumdet!« Schmerzhaft prallte ihre Schulter gegen die Beifahrertür, als er um eine Kurve raste. Vor lauter Wut wollte sie irgendwas verprügeln, am liebsten ihn, weil er ihre Empörung nicht teilte. »Seit wann wird man eingelocht, nur weil man ohne Führerschein fährt? Noch dazu, wenn man einen gültigen Führerschein besitzt?«
»Den du nicht bei dir hattest.«
»Aber die Bullen hätten mir eine Chance geben müssen, ihn zu holen.«
Die Beamten hatten ihre Erklärung akzeptiert, Riley sei eine Freundin der Familie und zu Besuch auf der Farm. Während sie in ihrer Zelle schmorte, saß das Kind im Wartezimmer, trank eine Cola und sah Jerry Springer im TV. Trotzdem musste es ein traumatisches Erlebnis für eine Elfjährige sein. April hatte sie zur Farm gefahren, sobald ihr der Schlüssel des Saab ausgehändigt worden war.
»So was Idiotisches!«, stieß Blue hervor und starrte Dean an, dessen blaugraue Augen die Farbe eines stürmischen Meeres angenommen hatten.
Der Aston brauste um eine weitere Biegung. »Immerhin konntest du keinen Führerschein vorweisen. Und du hast hier in Tennessee ein kalifornisches Auto gefahren, das jemand anderem gehört. Wieso redest du von Verleumdung?«
»Anscheinend haben all diese Modezeitschriften dein Gehirn benebelt. Überleg doch mal! Zehn Minuten nach meinem Streit mit Nita Garrison stoppen mich die Bullen unter dem lahmen Vorwand, sie müssten die Sicherheitsgurte kontrollieren. Wie erklärst du dir das?«
Nun ging sein Zorn in herablassende Belustigung über. »Also hast du dich mit einer alten Lady
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