Dieser Mann macht mich verrückt
sind‘s gewöhnt, die Polizei von Garrison in ihre Tasche zu stecken. Was Sie sich letzte Woche erlaubt haben, war wirklich ein ganz mieser Trick. Aber sobald Dean anfängt, den Bullen Autogramme zu geben und ein Dutzend Eintrittskarten für sein nächstes Match zu verteilen, werden sie sich nicht einmal an Ihren Namen erinnern.«
Eins musste Blue der alten Xanthippe zugestehen. Statt zurückzuschrecken, lächelte sie Dean an. »Meinen Sie, das wird funktionieren?«
Achselzuckend richtete er sich auf. »Ich mag Cops. Also werde ich sie mal auf dem Revier besuchen. Aber ehrlich gesagt, mich interessiert viel mehr, was meine Anwälte von Ihrem kleinen Boykott halten werden.«
»Anwälte!«, stieß sie geringschätzig hervor. Dann wandte sie sich wieder zu Blue, die das unfair fand. Immerhin versuchte sie zwischen den gegnerischen Parteien zu vermitteln. »Werden Sie sich für Ihre Frechheit in der letzten Woche entschuldigen?«
»Werden Sie sich bei Riley entschuldigen?«
»Weil ich die Wahrheit gesagt habe? Nach meiner Ansicht darf man Kinder nicht zu sehr verwöhnen. Leute von Ihrem Kaliber wollen alle kleinen Probleme dieser dreisten Kids lösen. Deshalb werden sie niemals lernen, für sich selber zu sorgen.«
»Vor Kurzem hat dieses Kind seine Mutter verloren«, mischte sich Dean mit täuschend sanfter Stimme ein.
»Seit wann ist das Leben fair?« Mrs Garrisons tückische Augen verengten sich, was die Falten im blauen Lidschatten vertiefte. »Wie es auf dieser Welt zugeht, sollte man schon in jungen Jahren begreifen. In Rileys Alter habe ich auf der Feuerleiter geschlafen, um meinem Stiefvater zu entrinnen.« Ihre Hüfte stieß gegen den Tisch, und die Kaffeetasse fiel zu Boden, gefolgt von einem Stapel Wurfsendungen. Mit einer vagen Geste zeigte sie auf die Bescherung. »In dieser Stadt ist niemand mehr bereit, ein bisschen Hausarbeit zu erledigen. Jetzt gehen alle schwarzen Mädchen aufs College.«
Dean rieb sich das Kinn. »Zum Teufel mit Abe Lincoln.«
Nur mühsam verkniff sich Blue ein Lächeln.
Nita musterte ihn von oben bis unten. »Also ein cleverer Junge, was?«
»Ja, Ma‘am.«
Wie ihre Kennermiene verriet, hatte sie schon sehr viele attraktive Männer gesehen. Aber ihr Verhalten wirkte keineswegs kokett. »Tanzen Sie?«
»Dafür verstehen wir uns nicht gut genug.«
Ihre Lippen verkniffen sich. »Jahrelang habe ich bei Arthur Murray in Manhattan Unterricht gegeben. Bei mir lernten die Schüler, wie man in Ballsälen tanzt. Damals war ich sehr schön.« Wie ein angewiderter Blick in Blues Richtung bekundete, fand sie diese junge Frau ziemlich unscheinbar. »Wenn Sie ihn anhimmeln, verschwenden Sie nur Ihre Zeit, Mädchen. Für Mr Robillard sind Sie viel zu hässlich.«
»Moment mal!« Empört hob Dean die Brauen.
»Genau das ist es, was ihm so an mir gefällt«, fiel Blue ihm ins Wort, »ich stehle ihm kein Rampenlicht.«
Seufzend resignierte er.
»Was für eine Närrin Sie sind!«, höhnte Nita. »Solche Männer habe ich mein Leben lang gekannt. Letzten Endes entscheiden sie sich immer für Frauen von meiner Sorte. So, wie ich früher mal war. Große Titten, blondes Haar, lange Beine.«
Damit traf sie den Nagel auf den Kopf, aber Blue gab sich nicht kampflos geschlagen. »Es sei denn, die Männer sind Transvestiten. Dann brauchen sie tolerante Frauen.«
»Gibst du mir Bescheid, wenn du fertig bist?«, bat Dean.
»Wer sind Sie eigentlich?« Die alte Frau starrte Blue an und feuerte die Frage wie eine Stinkbombe ab.
»Porträtmalerin. Hunde und Kinder.«
»Ach, tatsächlich?« In den trüben Augen flammte wachsendes Interesse auf. »Nun, vielleicht werde ich Sie beauftragen, Tango zu malen.« Sie wies mit ihrem Kinn auf den alten Hund. »Ja, das werde ich tun. Morgen können Sie anfangen.«
»Tut mir leid, sie hat schon einen Job, Mrs Garrison«, verkündete Dean. »Sie arbeitet für mich.«
»Überall in dieser Stadt haben Sie herumerzählt, sie sei Ihre Verlobte.«
»Das ist sie auch. Und sie wird Ihnen zweifellos versichern, dass ich ein Fulltimejob bin.«
»Unsinn! Sie führen sie nur an der Nase herum, damit sie weiterhin mit Ihnen schläft. Sobald Sie sich mit ihr langweilen, werden Sie ihr den Laufpass geben.«
Das gefiel ihm ganz und gar nicht. »Diese Beleidigung nehme ich nur aus Respekt vor Ihrem Alter hin, Mrs Garrison. Und jetzt haben Sie vierundzwanzig Stunden Zeit, um Ihren Boykott zu widerrufen.«
Gleichmütig ignorierte sie ihn und wandte sich wieder zu Blue.
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