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Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Titel: Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane zu Salm
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weswegen es nie zu einer Liebe kam. Ich kann nicht aus mir heraus, das ist nun mal so.
    Mit diesen Dingen ist das so, wie wenn ich jetzt in den Spiegel schaue. Dann denke ich, mein Gott, du warst auch schon mal schöner. Aber es nützt nichts. Man muss die aktuellen Verhältnisse akzeptieren, anders geht’s nicht. In die Arbeit musste ich mich auch erst reinfinden. Ich hatte kein Abitur, habe in einem Edelstahlwerk gelernt und musste mich dann mit Finanzen rumschlagen. Was ich allerdings gut konnte, war, Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Deshalb war ich dort auch für die Konfliktkommission zuständig. Ich wollte immer glatt durchs Leben gehen, ohne einen Schweif hinterher. Ehrlich und normal sein, sich gegenüber anderen nicht hässlich verhalten, diese Thesen hatte ich von meinen Eltern übernommen, vorwiegend von meiner Mutter. Aber dass mir das alles gelungen ist, das wäre übertrieben zu sagen. Ich frage mich oft: Was war das jetzt, dein Leben? Du hast deine Eltern gut versorgt, und du hast sehr gute Beurteilungen bei der Arbeit bekommen. Dass du deine schöne Wohnung für das Pflegeheim aufgeben musstest, hat dich etwas aus der Fasson gebracht. Aber dann sage ich mir immer: Wenn es eben so sein sollte… Und ich muss sagen, ich habe es ja nicht schlecht getroffen hier. Ich kann in Gemeinschaft sein und werde versorgt. Nicht mehr das Essen selbst kochen und einkaufen gehen, das ist auch eine große Sache.
    Es fällt auf, dass in der Öffentlichkeit im Moment viel vom Tod gesprochen wird. Man sagt, man müsse den Tod jetzt wieder hervorheben, er gehöre zu uns. Das ist ja schrecklich. Es gibt auch Institutionen, mit deren Hilfe man den Tod selbst bestimmen kann. Ich befürworte das nicht, denn der Tod müsste so kommen, wie er vom Schicksal vorgesehen ist. Bei mir kommt er allmählich, das ist schon ganz schön. Man merkt zwar, dies kannst du nicht mehr und jenes ist nicht mehr so in Form, aber das muss man akzeptieren, das nützt alles nichts. Ich hoffe, ich halte noch ein wenig durch, ich gebe mir jedenfalls große Mühe. Vielleicht kommt man nach dem Tod ja wirklich in eine andere Welt, vielleicht aber auch nicht, der eine hat mehr Glück im Leben, der andere weniger, das ist nun einmal so. Bei mir war es vielleicht ein Zwischending.
    Margot Weiner, 89 Jahre

Ich werde da oben was zu erzählen haben
    Ich habe jetzt mal zurückgeguckt, jeder guckt zurück, wenn er die Diagnose einer unheilbaren Krankheit kriegt, und ich muss sagen, mein ganzes Leben war so etwas von reich, auch wenn man die negativen Aspekte mit einbezieht. Reich an Erlebnissen, an Geschichten, also ich werde da oben was zu erzählen haben, nehme ich mal an.
    Es war schon immer mein Streben gewesen, ein glückliches Leben zu führen. Als ich einmal mit Freunden in einer Berliner Kneipe saß, kam eine Wahrsagerin. Jeder sollte sich heimlich einen Wunsch überlegen, und später deutete die Wahrsagerin aus dem Kaffeesatz, ob der Wunsch in Erfüllung gehen würde oder nicht. Mein Wunsch war, immerwährend glücklich zu sein. Um das zu erreichen, habe ich allerdings viele Stationen gebraucht. Aber ich habe es geschafft. Meine ich jedenfalls.
    Jahrelang habe ich mit Depressionen zu kämpfen gehabt. Ich finde, dass viele Depressionen hausgemacht sind, ich hatte jedenfalls ein sehr starkes Ego. Anfangs probierte ich, meine Ängste mit einem Leben voll Halligalli, Therapien, Kiffen und mit zwei Selbstmordversuchen in den Griff zu kriegen. Als das nichts half, begann ich mit Egoarbeit. Ich schaute mir die Depressionen genauer an: Was ist denn da, was dich bedrückt. Unerfüllte Wünsche zum Beispiel, ich wollte doch dies und jenes. Durch einen Freund kam ich zur Meditation. Sie hilft, sich gedanklich frei zu machen und dadurch Distanz zu seinen Problemen zu kriegen.
    Doch trotz der jahrelangen täglichen Meditationsarbeit hatte ich vor zehn Jahren einen Bandscheibenvorfall. Die Ärztin bestätigte mir, dass meine Bandscheibengeschichte eindeutig psychosomatisch sei und man sie somit auf meine gebrochene Karriere zurückführen könne. Ich war in der Unterhaltungsbranche tätig gewesen, als Produktmanager kümmerte ich mich teilweise um die Veröffentlichungspolitik bei Plattenfirmen oder Musikverlagen. Kurz vor dem Bandscheibenvorfall war meine eigene Firma in Konkurs gegangen. Es kam zur Privatinsolvenz, und ich hatte weder einen Job in Aussicht noch irgendwelche Mittel, mit denen ich den Kredit hätte tilgen können. Zum beruflichen Misserfolg

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