Dieser Sonntag hat's in sich
der Gemeinde zurückzog. Sie erklärte den Schritt
damit, daß sie auf der Ranch gebraucht würde — man wußte, daß sie von Zeit zu
Zeit im Büro aushalf. Aber die Leute, die Harlan gut kannten, vermuteten, daß
er auf ihre verschiedenen Interessen eifersüchtig war und sie gezwungen hatte,
darauf zu verzichten. Dieser Eindruck verstärkte sich, als Irenes Zustand sich
deutlich verschlechterte : Wenn man sie in Tres Pinos oder Hollister sah,
wirkte sie in sich gekehrt und niedergeschlagen. Sie schien mehr Gewicht
verloren zu haben, als gut für sie war. Das ging mehr als zwei Jahre lang so,
dann erfolgte ein plötzlicher Umschwung, und sie wurde wieder zu der
attraktiven, lebensfrohen Frau, die Harlan einst auf die Burning Oak gebracht
hatte.
»Es war eine wirkliche Kehrtwende«,
sagte Walt. »Die Leute redeten immer wieder davon. Ich weiß noch, daß ich mit
Hal Johnstone darüber sprach. Er war gerade von der Ostküste zurückgekommen, wo
er ein paar Jahre lang gearbeitet hatte. Er hatte sie seit der Hochzeit mit
seinem Vater nicht mehr gesehen und konnte gar nicht glauben, daß es ihr je so
schlecht gegangen sei; er war von seiner Stiefmutter beeindruckt.«
»Und was passierte dann?«
»Etwa sechs Monate später verschwand
sie. Sie ging ohne eine Erklärung, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, einfach
auf und davon. Harlan war außer sich; zuerst dachte er, sie wäre entführt
worden — wissen Sie, in der Ranch steckt eine Menge Geld. Dann glaubte er, sie
wäre mit einem anderen Mann davongelaufen und hetzte Detektive auf ihre Spur.
Aber man fand sie nicht. Schließlich trafen vor etwas mehr als einem Jahr die
Scheidungsunterlagen zusammen mit einer Verzichtserklärung auf alle ehelichen
Güter ein. Die Dokumente kamen von einer Kanzlei in der Gegend von Los
Angeles.«
Danach gab Harlan auf. Er fing an zu
trinken, und das tut er seitdem im Übermaß. Seit ein oder zwei Monaten weigert
er sich, das Haus zu verlassen, und seine Trunksucht scheint ein unglaubliches
Ausmaß angenommen zu haben. Hal hält die Ranch so gut es geht zusammen, aber
das ist nicht einfach. Er hat Tiermedizin und nicht Viehzucht studiert, und
wenn Frank Wilkonson auch ein guter Verwalter ist, fehlt doch ein Mensch mit
Harlans Fähigkeiten an allen Ecken und Enden. Das erklärt, dachte ich, Hal Johnstones
Verhalten bei meinem Besuch: Seine plötzliche Sorge, als ich sagte, daß ich
geklingelt und keine Antwort bekommen habe; sein Sprung nach oben, um nach dem
»kranken« Vater zu sehen. Und es erklärte auch den vernachlässigten Zustand des
Hauses.
»Sie sollten schleunigst versuchen, die
Sache in den Griff zu kriegen«, sagte ich. »Das Haus ist die reine Katastrophe,
und bald werden auch die Gärten verwildern.«
»Die gute Jane Wilkonson tut ihr
Bestes, aber es ist zuviel für eine einzelne Frau.«
»Heißt das, sie putzt das riesige
Haus?«
»Sie versucht es. Sie ist die einzige
Person, die Harlan reinläßt. Es ist nicht einfach für Jane, bei all ihren
Kindern die Zeit zu finden. Aber sie mochte Irene, und sie weiß, wie schlimm es
für sie wäre, wenn das Haus verwahrloste.«
Ich wollte schon sagen, daß Irene hätte
bleiben sollen, wenn sie sich so sehr um das Haus und die Gärten sorgte. Aber
das war ungerecht; ich hatte keine Ahnung, unter welchem Druck die Frau
gestanden hatte.
»Warum, glauben Sie, ist sie
davongelaufen?«
Griscom zuckte die Achseln. »Wer kann
das sagen? Ich habe den jungen Hal schon danach gefragt, aber der weiß auch
nichts. Er war die drei Monate, bevor es passierte, woanders — ich glaube, er
hat in der Praxis irgendeines Freundes ausgeholfen — und kam erst einen oder
zwei Tage vor Irenes Abreise auf die Ranch zurück. Er war genauso überrascht
wie wir alle. Ich hatte geglaubt, daß die Johnstones sich geeinigt hätten. Jede
Ehe hat so ihre Schwierigkeiten, bis sich die Partner einander angepaßt haben.
Die guten überleben, die Ehe der Johnstones scheiterte.«
Das erinnerte mich an Hank und
Anne-Marie. Würde auch ihre Ehe zu denen gehören, die scheiterten?
»Was ist mit Frank Wilkonson?«
Walts Mund verriet eine leichte
Anspannung. »Was soll mit ihm sein?«
»Ich habe die Leute an der Bar von ihm
reden hören. Einer schien Wilkonson ziemlich abzulehnen. Er sagte, daß ihm
nicht gefalle, was Wilkonson auf der Burning O. so macht. Sie hingegen sagten,
daß er Hal Johnstone hilft, die Ranch zusammenzuhalten.«
Walt zögerte und meinte schließlich:
»Also gut, was soll’s. Sie waren
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