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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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offen mit mir, ich will auch offen mit Ihnen
sein. Es gab Gerede über Irene Johnstone und Wilkonson, etwa zu der Zeit, als
man diesen Stimmungsumschwung bei ihr beobachten konnte.«
    »Aha.«
    »Wilkonson hatte damals gerade auf der
Ranch angefangen. Irene half im Büro aus. Jane Wilkonson war schwanger und
machte eine schwierige Zeit durch. Die Kinder spielten verrückt.«
    »Kurz gesagt, die idealen Umstände, um
ihn in die Arme einer anderen Frau zu treiben.«
    »Ja, aber ich persönlich glaube das
nicht. Irene war unglaublich nett zu Jane. Sie kaufte für sie ein, fuhr sie zum
Arzt und kümmerte sich tagelang um die Kinder, diese fünf kleinen Teufel.« Er
grinste. »Es muß Harlan verrückt gemacht haben, sie im Haus zu haben. Harlan
liebt seinen Sohn, aber der Junge machte ihm in seiner Jugend ganz schöne
Schwierigkeiten, und Harlan pflegte immer zu sagen, daß er froh war, daß sie
nur den einen haben konnten.«
    »Konnte seine erste Frau keine Kinder
mehr bekommen?«
    »Sie hatte irgendwelche
gesundheitlichen Probleme. Soviel ich weiß, ist sie immer kränklich gewesen.
Aber, wie gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, daß sich Irene so um Jane
bemüht hätte, wenn sie mit Frank ein Verhältnis gehabt hätte.«
    Für einen ehemaligen Bullen war Walt
Griscom in mancher Beziehung recht naiv, dachte ich. Irenes Verhalten paßte,
zumindest in meinem zynischen Weltbild, ausgezeichnet zu einem
Liebesverhältnis. Sie hatte vielleicht erkannt, daß man eine Affäre mit dem
Ehemann am besten vertuscht, indem man mit der Ehefrau eine freundschaftliche
Beziehung pflegt. Und sie liebte vermutlich Kinder und wußte, daß man das Herz
eines Vaters am ehesten über seine Kinder gewinnt. Oder vielleicht mochte sie
Jane sogar wirklich und hatte ihr aus einem Gefühl der Schuld heraus geholfen.
Die Möglichkeiten waren zahllos.
    Aber das tat nichts zur Sache. Es war
viel wichtiger, daß alles zusammenpaßte: die Frau, die im Gartenbau tätig war;
ihr angebliches Verhältnis mit Wilkonson; ihr Verschwinden; seine Suche an
Orten, wo jemand mit ihrem Beruf arbeiten oder einkaufen könnte.
    »Wie sieht Irene Johnstone aus?«
    Eine gute Frage für einen ehemaligen
Polizisten. Ohne zu zögern, erwiderte Walt: »Groß, etwa 1,75. Braune Haare — nicht
langweilig; ich würde sagen kastanienbraun. Sie hat ihr Haar oft zu einem
hübschen Zopf hochgesteckt. Schöne Gesichtszüge — zart, aber kräftig. Ein
voller Mund. Riesige Augen, die Augen waren ihr größtes Plus — wie blaue
Lichter.«
    Die Frau, der ich bei Rudy Goldring
begegnet war.
    »Hat Irene jemals Rudy Goldring erwähnt
— den Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe, der ermordet worden ist?«
    »Irene hat nie jemanden oder etwas aus
der Zeit, bevor sie hierherkam, erwähnt.«
    »Was glauben Sie, warum nicht?«
    »Ich hatte immer angenommen, daß sie
bis dahin kein erwähnenswertes Leben geführt hat.«
    »Und Sie hatten nie das Bedürfnis, sie
überprüfen zu lassen? Nur um zu sehen, was für eine Frau Harlan geheiratet
hat?«
    Sein Lächeln verriet mir, daß er es oft
in Erwägung gezogen hatte. »Ich habe aufgehört, mich um solche Dinge zu
kümmern, als ich bei der Polizei aufhörte und Wirt wurde.« Er hielt inne und
fügte dann hinzu: »Jetzt wünsche ich, ich hätte es getan.«
     
    Während ich nun in meinem MG saß und
das Westtor der Ranch beobachtete, dachte ich über Irene Lasser Johnstone nach,
oder besser über Irene Lasser, wie sie in Rudy Goldrings Testament genannt
worden war; offensichtlich hatte sie ihren Mädchennamen wieder angenommen. Sie
blieb für mich eine etwas vage Figur: Niemand schien besonders viel über sie
oder die Existenz ihrer Tochter Susan zu wissen. Auch meine Nachforschungen
heute hatten lediglich die grundlegenden Fakten ihres Lebens vor ihrer Zeit auf
der Burning Oak Ranch ans Tageslicht gebracht.
    Kurz nach dem Frühstück war ich nach
San José gefahren, aber ich hatte feststellen müssen, daß die meisten
Informationsquellen, wie die Personalabteilung der Universität und das
Zeitungsarchiv, samstags geschlossen waren. Schließlich habe ich mich mit dem
Mikrofilmraum der öffentlichen Bibliothek und den Dateien alter Telefonbücher
und Vorlesungsverzeichnisse der Universität zufriedengegeben. Irene hatte fünf
Jahre lang an der Universität unterrichtet, bevor sie heiratete und San José
verließ. Sie hatte Vorlesungen und Laborkurse für Studienanfänger des Fachs
Gartenbau abgehalten. Als sie dann in der Hierarchie der

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