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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Universität aufgestiegen
war, hatte sie auch ältere Semester unterrichtet. Im Namenverzeichnis der
Fakultät stand, daß sie an der Universität von Davis promoviert hatte, der
»guten Landwirtschaftsschule«, von der die Männer in Walts Bar gesprochen
hatten.
    Einmal hatte Irene Lassers Name in der
Zeitung gestanden, nämlich als sie ein Jahr vor ihrer Hochzeit ein Stipendium
erhielt. Aus dem Telefonbuch erfuhr ich, daß sie während der ganzen Zeit, in
der sie an der Universität unterrichtete, im gleichen Haus am Pine Drive
wohnte. Ich fuhr dorthin. Der Pine Drive war eine kurze Straße in der Nähe des
Universitätsgeländes in einer Gegend, die jetzt hauptsächlich von Vietnamesen
bewohnt war. Unter der Adresse fand ich ein kleines, weißes Holzhaus, dessen
Bewohner kein Englisch konnten. Einige Nachbarn, alles Vietnamesen, sprachen
zwar Englisch, aber keiner erinnerte sich an die Frau, die vor mehr als sieben
Jahren hier gelebt hatte. Auch der Besitzer des nahe gelegenen
Lebensmittelgeschäftes, wo man Reis und fernöstliche Nahrungsmittel kaufen
konnte, kannte sie nicht. »Hier ist alles anders geworden«, sagte er, »und alle
sind neu. Wir bauen hier ein zweites Saigon auf.«
    Das Ergebnis meiner Nachforschungen war
unbefriedigend. Und ich mußte warten, bis Jack Stuart aus dem Yosemite Park
zurückkam — vorausgesetzt, er war nicht vom Half Dome heruntergefallen und
hatte sich das Genick gebrochen — , um von ihm zu erfahren, was er wußte. Von
der Personalabteilung der Universität in San José oder vom Standesamt in Davis
konnte ich vor Montag niemanden erreichen, und bis dahin...
    Scheinwerfer auf dem Weg, der vom Haus
der Wilkonsons zur Autobahn führt. Ich schaute auf die Leuchtanzeige meiner
Uhr: zehn Uhr fünfundvierzig. Er hatte seine Arbeit im Ranchbüro abgeschlossen
und das allwöchentliche Abendessen zu zweit mit seiner Frau beendet.
    Die Scheinwerfer kamen näher und
blieben dann stehen. In ihrem Licht sah ich, wie sich das automatische Tor
öffnete; das Auto fuhr heraus, und das Tor schloß sich wieder. Das Mondlicht
war so hell, daß ich die typische Form des Ranchero klar erkennen konnte. Er
bog nach links ab und beschleunigte seine Fahrt, während er in Richtung
Hollister fuhr.
    Ich wartete, bis seine Rücklichter
außer Sichtweite waren, dann ließ ich den MG an und schaltete die Scheinwerfer
ein. Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, daß Wilkonson direkt zum Kingsway
Motel an der Lombard Street in San Francisco fahren würde, wollte ich ihn doch
nicht ganz aus den Augen verlieren.

13
     
    Wilkonson fuhr durch Hollister hindurch
und in gleichmäßigem Tempo in Richtung Norden nach San José. Dort nahm er die
Autobahn 208, die an der Westseite der Halbinsel von San Francisco entlang
einer Hügelkette verläuft. Südlich der Stadt verließ er die Autobahn bei der
Ausfahrt Skyline Drive; das überraschte mich, denn das war ein ziemlicher Umweg
zur Lombard Street.
    Der Skyline Drive führt oberhalb endlos
anmutender gleichförmiger Siedlungen noch weiter ins Vorgebirge hinauf. Im
Landesinneren war es während des Tages brütend heiß gewesen, und die hohen
Temperaturen hatten Nebel über die Hügel heraufziehen lassen. Er legte sich in
dichten, feuchten Schwaden über die Windschutzscheibe des MG und ließ die
Lichter der weiter unten liegenden Häuser verschwimmen. Dann führte die Straße
in eine dunkle, dünnbesiedelte Gegend. Kurz nach Fort Funston auf den Klippen
über dem Pazifik verzweigte sie sich; der Ranchero nahm den Weg, der in den
Great Highway überging.
    Nun hatte er mich völlig verwirrt. Das
war nicht der direkte Weg zu seinem Motel, und das Wetter war für eine Fahrt am
Strand entlang viel zu unfreundlich. Mit Sandpartikeln durchsetzte Nebelbänke
lagen über der Straße. Abgesehen von den grellen Autolichtern, die von den
weißen Betonklötzen der Straßenbegrenzung reflektiert wurden, war die Sicht
gleich Null. Diese Blöcke waren errichtet worden, um zu verhindern, daß die
Sanddünen und der lose Schmutz von einer scheinbar endlosen Müllhalde auf die
Straße Übergriffen. Jenseits der Abgrenzung sah man schemenhaft die
urweltlichen Gestalten von Baggern und Baugeräten, die auf dem Gelände geparkt
waren. Dahinter erkannte man durch den Nebelfilm die Lichter der Häuser an der
48th Avenue.
    Die Ampel vor uns schaltete von Grün
auf Gelb und Rot. Als Wilkonson sie erreichte, war sie schon wieder auf Grün
umgesprungen. Ich verlangsamte die Fahrt, als er nach rechts

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