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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich, ein Krachen und
Stöhnen zu vernehmen, so als ob die Windmühlenflügel gegen den Wind ankämpften.
Natürlich nicht die wirklichen Flügel, sondern die Geister derer, die sich einst
mühevoll drehten...
    Nein, es war nur die Zypresse dort
drüben, die unter dem Wind ächzte.
    Nach ein paar weiteren Minuten ging ich
in die Mulde hinunter, in der die Windmühle stand. Ein sandiger Weg führte um
das Gebäude herum, von Dickicht begrenzt, das den Abhang überwucherte. Der
Boden war mit Verpackungsmüll, Bierdosen und Weinflaschen übersät; an einer
Stelle hing Toilettenpapier von der Wand der Mühle. Ich ging langsam um das
Gebäude herum, zweimal stolperte ich über freiliegende Rohre. Mir war nicht
ganz wohl bei der Sache, denn der immer lauter werdende Lärm der Kläranlage
übertönte alle anderen Geräusche.
    Nach etwa drei Vierteln des Weges stieß
ich auf eine doppelte Metalltür, die in den Hügel gegenüber der Mühle
eingelassen war. Dahinter erklang noch lauterer Maschinenlärm. Ich war so damit
beschäftigt, mit meiner Taschenlampe Vorhängeschloß und Kette, die die Tür
sicherten, zu beleuchten, daß ich nicht merkte, daß die Erde vor mir abfiel.
Ich verlor den Boden unter den Füßen, fiel vornüber, riß meinen Körper nach
hinten und landete auf meinem Hinterteil.
    Ein heftiger Schmerz schoß durch mein
Steißbein aufwärts. »Uff«, sagte ich, betastete mit den Händen den Boden und
fühlte groben Zement. Als ich das Gleichgewicht verlor, hatte ich die Taschenlampe
fallen lassen; ich tastete um mich herum und fand sie schließlich in meiner
Kniekehle. In ihrem Lichtstrahl erkannte ich, daß ich etwa einen halben Meter
unterhalb des umliegenden Erdreiches saß, und zwar auf einem betonierten Weg,
der zur Tür der Windmühle führte. Die Tür bestand aus Holz und hatte einen
schweren Eisenriegel. Ich saß einen Augenblick lang still, bis die Schmerzen in
meinem Rückgrat nachließen. McCone, dachte ich, du bist nicht mehr das
gelenkige Schulmädchen, das du einmal warst.
    Seit ich in meinem Beruf — der selbst
mir im Augenblick recht dubios vorkam — arbeitete, hatte ich mir unzählige
Beulen und blaue Flecken geholt. Man hatte sogar versucht, mich zu erstechen,
ich war chloroformiert und entführt worden, fast zu Tode gestürzt, beinahe
ertrunken und einmal — das war das demütigendste Erlebnis von allen — ins
Hinterteil geschossen worden.
    Wieviel mehr kannst du eigentlich noch
ertragen? fragte ich
mich nun.
    Das war eine gute Frage, aber im Moment
galt meine Aufmerksamkeit dem großen Eisenriegel an der Tür zur Windmühle. Der
Riegel hätte verschlossen in einer horizontalen Stellung sein müssen. Aber er
war leicht geneigt, und die Türe stand einen Spalt offen.
    Ich nahm meine 38er aus der Tasche und
blieb stehen. Dann näherte ich mich der Tür und legte die andere Hand auf den
Riegel. Als ich die Tür zu mir zog, quietschten ihre rostigen Scharniere. Ich
löste die Sicherung der Pistole, kauerte nieder und wartete.
    Drinnen war kein Laut zu hören.
    Ein nervöses Prickeln verschmolz mit
dem stechenden Schmerz, der immer noch mein Rückgrat malträtierte. Er wartete
darauf, daß ich den ersten Schritt tat.
    Mit meiner freien Hand fühlte ich
hinter mich und fand einen Brocken Zement. Ich warf ihn durch den Türspalt. Er
fiel krachend zu Boden.
    Nichts.
    War da wirklich niemand — oder war
derjenige nur schlauer als ich?
    Ich wartete. Minuten vergingen.
Totenstille.
    Ich richtete mich langsam auf, wobei
ich gegen den stetigen Schmerz ankämpfen mußte. Ich nahm die Taschenlampe in
meine linke Hand und sah durch die Türöffnung. Innen war es stockdunkel, kalt
und miefig.
    Ich hob die Waffe und meine
Taschenlampe — ruhig, ganz ruhig.
    Und sah niemanden.
    Wände und Boden in dem Raum hinter der
Tür waren aus Beton. Alles mögliche Gerümpel lag da herum. So viele Sachen, daß
ich sie gar nicht einzeln wahrnehmen konnte. Es roch nach Zwiebeln und Öl,
abgestanden und widerlich.
    Der Raum war leer.

14
     
    Als ich sicher sein konnte, daß niemand
im Dunkeln lauerte, betrat ich die Windmühle. Ich leuchtete den Raum kurz mit
der Taschenlampe aus und stellte fest, daß hier jemand kampiert hatte. Ein
Haufen zerlumpter Decken an der hinteren Wand bildete ein provisorisches Bett;
eine Kerze in einem roten Glasbehälter — wie man sie auf den Tischen in
italienischen Restaurants findet — stand daneben auf dem Boden. An den Wänden
zu beiden Seiten des Lagers häuften sich Papiertüten,

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