Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
fast die Augen zu. Zu Hause schlüpfte ich sofort in meinen Schlafanzug, nahm meine Tabletten und rief Mama an, um ihr alles genau zu erzählen. Lars schob den Rest Pizza in den Ofen, und auf einen Schlag war ich gar nicht mehr müde. Wir legten uns nebeneinander ins Bett und die Pizzaschachtel auf die Decke.
»Du musst noch entscheiden, wo du schlafen möchtest«, sagte Lars. »Hier im Bett oder auf dem Sofa. Das Bett ist weich, das Sofa hart. Mario pennt immer auf dem Sofa, wenn er in Berlin ist.«
»Ich nehme das Bett«, sagte ich sofort, weil es so gemütlich war.
»Okay, dann ziehe ich aufs Sofa um.«
Ich sah Lars an und wurde traurig, weil es ja sein Bett war und ich ihn nicht vertreiben wollte. Ich überlegte einen Moment, biss ein Stückchen Pizza ab und sagte: »Also, von mir aus darfst du auch in meinem Bett schlafen. Es ist ja groß genug. Außerdem kannst du mich dann besser kraulen.«
Lars begann zu lachen, und ich ließ einen lauten Pups fahren. Dann lachten wir noch mehr. Wir putzten unsere Zähne und schauten dabei aus dem Wohnzimmerfenster. Auf dem gefrorenen Wasser spiegelte sich der Mond, und ich dachte an den lieben Gott. Ich atmete ganz ruhig und bedankte mich bei ihm für diesen besonderen Tag. Mir wurde wieder kalt, und Lars drehte die Heizung etwas auf. Als ich mich mit Muh und Lanti im Bett eingekuschelt hatte, kraulte er mich so lange, bis ich eingeschlafen war.
Der nächste Morgen war ganz still. Kein Mucks war zu hören. Muh flüsterte mir ins Ohr, dass ihr langweilig sei, aber ich flüsterte zurück, dass wir Lars nicht wecken dürften. Das verstand sie natürlich und legte sich wieder neben Lanti. Schnute an Schnute. Ich ging in die Küche und stellte die Espressomaschine an, damit sie aufgeheizt war, wenn mein Bruder später aufstehen würde. Mit einem Glas Orangensaft legte ich mich zurück ins Bett. Es dauerte nicht lange, und mir wurde langweilig. Ich schaute zu Lars, aber der schlief immer noch. Es war schon fast 9 Uhr. Ich überlegte kurz, ihm etwas Orangensaft in sein Ohr zu schütten, nur aus Spaß, aber ich traute mich nicht. Lange würde ich das nicht aushalten. Ich musste etwas tun. Ich rüttelte Lars. Er rührte sich nicht. Ich rüttelte ihn doller. Jetzt grummelte er.
»Bist du wach?«, fragte ich.
»Jetzt ja«, murmelte er in sein Kopfkissen.
»Darf ich die Glotze anmachen?«
»Mach einfach.«
»Wo ist die Fernbedienung?«
»Keine Ahnung. Musst du suchen.«
Ich suchte überall, fand sie aber nicht. Ich fragte Muh, ob sie eine Idee hätte, wo ich noch gucken könnte. Sie gab mir den Tipp, Lars’ Kopfkissen anzuheben. Und tatsächlich, da lag sie. Zuerst schaute ich Teenage Mutant Ninja Turtles , dann Spongebob Schwammkopf und dann Power Rangers Samurai , dann wachte Lars endlich auf.
»Weißt du, dass du mich heute Nacht getreten hast? Du lagst mit deinen Beinen halb über mir und hast mir permanent eine verpasst. Und mit deinem Kopf hingst du halb aus dem Bett raus.«
»Echt?«
Die Vorstellung fand ich witzig. Lars sprang aus dem Bett und rieb sich die Hände. »So, jetzt gehen wir erst mal was frühstücken und dann ’ne Runde Sneakers shoppen. Bock drauf?«
»Wo denn?«, fragte ich.
»Nike Town. Ich habe eine Überraschung für dich, aber mehr verrate ich noch nicht.«
Lars strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Ich hingegen bekam ein ungutes Gefühl im Bauch, zog die Decke bis unter’s Kinn und sagte: »Okay.«
Als Lars in der Küche seinen Espresso trank, schloss ich die Augen und betete: »Lieber Gott, bitte lass mich durchhalten. Hab dich lieb. Dein Daniel. Amen.«
Während der Nacht hatte es geschneit. Alles war schön weiß, aber dafür furchtbar kalt. Ich friere ja so leicht. Zum Glück hatte Lars eine Sitzheizung in seinem Auto, und nach fünf Minuten wurde es schön warm unter meinem Popo. Wir fuhren über eine Brücke nach Friedrichshain. In einem Café frühstückte ich Rührei mit gebratenem Speck. Ich aß nur den Speck und ließ das Rührei auf dem Teller liegen. Mein Bein tat mir weh, aber ich sagte noch nichts. Ich biss auf die Zähne und versuchte durchzuhalten. Ich dachte an die Power Ranger und stellte mir vor, ihre Superkräfte zu bekommen. Leider half es nicht. Lars besorgte uns noch zwei Vitamin-Shakes zum Mitnehmen, dann ging es weiter Richtung Ku’damm . Ich erkannte die Straße, weil Mama dort wohnte. Lars suchte einen Parkplatz, aber an einem Samstag drei Tage vor Weihnachten war das gar nicht so einfach. Wir bogen in eine
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