Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
Wir haben also keine Schule. Darf ich mich mit Layla treffen?«
»Ich hab aber morgen so viel zu tun, Daniel. Es ist Waschtag.«
»Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte.«
»Wann denn?«
»Ich weiß noch nicht. Muss erst Layla fragen.«
»Wenn jetzt dieses ganze Theater von vorne anfängt, mein Freund, dann …«
»Also, ja oder nein?«
»Ja, von mir aus.«
Ich rannte in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Ich wollte es schön gemütlich haben, bevor ich die SMS abschickte. Ich war etwas aufgeregt und vertippte mich ein paar Mal, aber dann schaffte ich es fehlerfrei: Wollen wir uns morgen treffen? Ja oder nein? Bitte sag ja. Daniel
Mama kam in mein Zimmer und rief: »Aber wenn sie jetzt wieder die kleine Prinzessin spielt und fünf Minuten vor dem Treffen absagt, gibt’s Ärger.«
Genau das war mein Problem: Mama konnte Layla nicht leiden. Ich wollte sie aber öfter sehen, nicht nur in der Schule, aber ohne Mamas Einverständnis würde das schwierig werden. Ich wünschte mir auch, dass sie zu meinem Geburtstag kommt. Es war schließlich der erste Geburtstag seit zehn Jahren, den ich wieder feierte. Außerdem hatte Lars mir versprochen, dass ich einladen dürfe, wen ich wolle, weil es mein Tag sei, an dem die Erwachsenen nichts zu melden hätten. Ich rief Tamtam an und erklärte ihr die verzwickte Lage, in der ich mich befand.
»Kannst du mit Mama mal reden?«, fragte ich.
»Okay, mache ich«, sagte sie.
»Wann?«
»Lassen wir das ein paar Tage sacken, und dann kläre ich das schon irgendwie mit Debbie. Von Frau zu Frau«, lachte Tamtam.
»Jaaaaa, genau so meine ich das«, sagte ich und war froh, dass sie kapierte, worauf ich hinaus wollte. »Also, wann rufst du Mama an?«
Sie versprach, es noch am Wochenende zu erledigen. Ich war nun etwas beruhigter, wählte Lars’ Nummer und gab ihm alle Neuigkeiten durch.
»Supergeil«, schrie er so laut durchs Telefon, dass ich es mir vom Ohr weghalten musste.
»Ja, ne?«
»Und habt ihr schon geknutscht?«
»Nee.«
»Morgen?«
»Weiß nicht.«
»Verstehe, verstehe«, sagte er. »Weil deine Mutter ja dabei sein wird. Aber kann die nicht in der Zwischenzeit irgendwas anderes machen?«
»Ja, schon. Layla und ich gehen dann ins Mercado was trinken.«
»Da könnt ihr auch gut knutschen. Irgendwo heimlich in der Ecke. Perfekt.«
»Nee, geht auch nicht«, sagte ich.
»Warum das denn?«
»Mama will das nicht. Sie hat es mir verboten.«
»Hat Layla denn schon auf deine SMS geantwortet?«
»Nein.«
»Bist du traurig deswegen?«
»Bisschen. Aber eher aufgeregt. Ich kontrolliere alle zehn Sekunden, ob ich auch Empfang habe.«
»O ja. Ich kenne das. Das kennen wir alle.«
Wir plauderten noch ein Weile, und mein Bruderherz erzählte ganz viel von der Liebe und roten Herzchen und Schmetterlingen und wie das ist, mit Mädchen Sex zu haben, aber ich konnte mein Lachen nicht verkneifen, obwohl ich schon beide Hände vor meinen Mund hielt. Lars hörte auf zu reden.
Pause.
»Was ist?«, kicherte ich.
»Sag mal, hast du den Lautsprecher an?«
Ich sagte: »Ja.«
Lars fragte: »Hört jemand zu?«
Ich sagte: »Ja.«
Lars fragte: »Wer?«
Ich sagte: »Mama.«
Lars fragte: »Wie lange schon?«
Ich sagte: »Die ganze Zeit.«
Stille. Nach ein paar Sekunden sagte er leise: »Fuck!«
Mama und ich kugelten uns und lagen fast auf dem Boden, weil es so lustig war. Wir lachten so laut, wie es lauter nicht ging.
»Reingelegt, reingelegt, reingelegt«, rief ich immer wieder, und Lars sagte nur: »Na warte, du kleiner hinterlistiger Strolch. Meine Rache wird fürchterlich sein.«
»Aber ich hab den Zauberspiegel mit Zitronensäure. Daran prallt deine Rache ab und kommt doppelt zu dir zurück.«
»Okay, du hast gewonnen«, lachte Lars.
Dann legten wir auf. Von Layla kam an dem Abend keine Antwort mehr, aber ich beschloss, deswegen nicht traurig zu sein. Ich erlaubte Mama, ihren Waschtag zu haben, ging am nächsten Tag mit Papa zu seiner Kartenrunde und freute mich, dass ich wieder Schmetterlinge im Bauch hatte. Er waren zwar nicht so viele wie beim ersten Mal, aber ein paar waren immer noch besser als gar keine.
Am Sonntag schickte mir Layla eine SMS, dass sie sich schon darauf freute, am Montag meine Hand zu halten. Ich schrieb ihr zurück, dass es mir auch so ginge. Ein schönes Gefühl. Dann dachte ich ans Hospiz und das schöne Gefühl ebbte langsam ab. Dort würden morgen nämlich wegen Vincent alle sehr traurig sein. Außerdem hatte ich ein Telefonat zwischen
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