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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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abends nach Hause kam, zeichnete ich alle Tiere, die ich gerne hatte, kraulte Rocky, trank Ginger Ale, futterte Chips und andere leckere Süßigkeiten, bis mir schlecht wurde, telefonierte mit Lars, guckte Berlin – Tag & Nacht , nahm meine Pillen, hatte entweder Schmerzen in der Lunge, im Bauch oder im Herzen und schrieb jeden Tag mit Tamtam. Eine ganz normale Woche im Oktober eben, okay, bis auf die Nachrichten von Tamtam – die waren neu. Lars hatte mir erlaubt, ihr zu schreiben, aber nur, wenn ich sie nicht nerven würde. Ich fragte Tamtam, ob ich sie nerven würde, und sie schrieb: »Nö.« Da war ich beruhigt. Sie erzählte mir jeden Abend von ihrem Tag im Büro, und ich erzählte ihr von meinen Schulaufgaben. Ich stellte mir dabei vor, Tamtam sei meine feste Freundin. Tamtam ist ziemlich hübsch. Sie hat lange blonde Haare, ein schönes Gesicht und ist dazu auch sehr lieb – und sie ist Single. Ich rechnete mir da gute Chancen aus.

    Am Samstag fand im Hospiz ein Tag der offenen Tür statt. Alle waren ganz aufgeregt deswegen, sogar Mama, die in der Nacht zuvor kaum ein Auge zugetan hatte. Vielleicht lag es aber auch an Papas Schnarchkonzert oder den traurigen Gedanken in ihrem Kopf. Genau konnte man das nie sagen. Mama ist morgens ja immer etwas grummelig. Gegen Mittag holte sie meinen kleinen Reisekoffer vom Schrank und packte ihn mit Klamotten voll. Ich war natürlich neugierig, aber sie erklärte mir, dass Ester ein paar Sachen von mir benötigte und obwohl mir das auf Anhieb merkwürdig vorkam, kümmerte ich mich nicht weiter darum. Lars hatte geschrieben, dass er von Berlin direkt mit dem Auto zum Hospiz käme. Das war in dem Augenblick alles, was mich interessierte. Er blieb dieses Wochenende zwar nur für eine Nacht, aber eine Nacht war besser als keine.
    Als Mama und ich im Hospiz ankamen, war schon ziemlich viel los. Es gab Kaffee und Kuchen, und da als Ehrengast eine Weinkönigin aus der Pfalz eingeladen war, gab es auch Wein. Wer wollte, konnte etwas Geld ins Hospizschwein stecken, wer aber gerade nichts dabei hatte, so wie ich, bekam seine Fanta auch gratis. Ein Fotograf lief mit seiner großen Kamera umher und machte Fotos. Ester stellte ihn mir vor. Er arbeitete für eine Hamburger Zeitung, aber ich wollte lieber mit der Weinkönigin an den Kickertisch. Ich fand sie sehr hübsch. Sie hätte auch eine Schönheitskönigin sein können. Im Kickern war sie nicht sehr gut, aber ich erlaubte ihr nicht aufzugeben. Das erste Spiel gewann ich 10:0. Mama unterhielt sich mit anderen Eltern und verschwand immer mal wieder, um vor der Tür eine Zigarette zu rauchen. Irgendwie schien sie heute ganz besonders nervös zu sein. Als ich das zweite Spiel auch 10:0 gewann, gestand ich der Weinkönigin zu, sich wieder mit den anderen Gästen zu unterhalten. Ich schickte Lars eine SMS und fragte ihn, wo er sei, und er schrieb, dass er noch im Stau feststecke. Wir hatten schon fünf Minuten nach drei, und ich wurde etwas sauer auf ihn. Er hatte mir doch fest versprochen, pünktlich um drei da zu sein. Ich trank von meiner Fanta, dann stand er plötzlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht an der Tür. Einfach so. Wie damals, als ich ihn das erste Mal sah. Der Saftsack hatte mich reingelegt. Ich schrie ganz laut seinen Namen, schlängelte mich an den vielen Leuten vorbei und drückte ihn so fest ich konnte. Dann nahm ich seine Hand und zerrte ihn hinter mir her, um ihn allen vorzustellen, aber bevor er irgendwo etwas sagen konnte, zerrte ich ihn auch schon weiter. Vor dem Snoozle-Raum blieb Lars stehen und hielt mich an der Schulter fest. »Hey Daniel«, sagte er geheimnisvoll. »Ich bin nicht alleine gekommen. Ich hab dir jemanden mitgebracht. Geh mal an die Tür!«
    In meinem Kopf wurde es für eine Sekunde stockfinster. Überraschungen waren gar nicht mein Ding, das wusste er doch, aber weil ich neugierig war, ließ ich ihn kommentarlos stehen und schlich vorsichtig zum Eingang zurück. Dort stand eine Frau mit langen blonden Haaren, die ich aus Facebook kannte. Ich strahlte, denn ich erkannte sie auf Anhieb. Sie lächelte mich an und sagte: »Hallo Daniel«.
    Ich wurde ein bisschen verlegen, weil sie so groß und so hübsch war, schaute auf den Boden und sagte: »Hallo, Tamtam.«
    Eine Stunde später oder so stiegen wir zu dritt ins Auto. Ich setzte mich freiwillig nach hinten, um besser nachdenken zu können. Niemand hatte mir verraten wollen, wohin wir fahren würden. Ester musste sich sogar Tränen aus den

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