Dieses heiß ersehnte Glueck
mich nur mit Gewalt nach Hause. Ich werde schreien und treten, wenn du mich auf das Pferd heben willst, und dann ist es mit deinen guten Ruf in der Stadt endgültig vorbei.«
Wesley drehte sich einen Moment von ihr weg, und als er sie wieder ansah, war sein Gesicht eine einzige Ratlosigkeit. »Leah, ich weiß wirklich nicht, warum du so aufgebracht bist. Ich habe dich nicht gebeten, dem Ball fernzubleiben, weil ich mich deiner schäme und mich nicht mit dir in der Öffentlichkeit zeigen möchte. Ganz im Gegenteil! Nichts
wäre mir lieber, als dich bei der Hand zu nehmen und mit dir einen Tanzabend zu eröffnen. Doch im Augenblick gibt es Gründe, die mich veranlassen, dich im Haus zu verwahren, wo ich immer in deiner Nähe sein kann.«
»Was für Gründe?«
»Ich kann sie dir nicht nennen. Habe doch ein einziges Mal Vertrauen zu mir!«
Sie sah ihn mit einem kleinen, bösen Lächeln an. »Ich muß nicht lange rätseln, weshalb ich jetzt unbedingt mit dir nach Hause kommen soll. Ich kenne deine Gründe. Du sagtest einmal, schon die Vorstellung, mit mir verheiratet zu sein, wäre dir unerträglich.«
»Ich soll das gesagt haben?« rief Wes. »Wann?«
»Das hast du zu deinem Bruder Travis gesagt. Regan und ich können bezeugen, daß du es gesagt hast.«
Gerade in diesem Moment kamen zwei erhitzte Ballbesucher aus dem Saal, um Luft zu schöpfen. Wes packte Leah rasch am Arm, zog sie in den Schatten der Hausmauer und klemmte sie dort mit seinem Körper fest.
»Jetzt hörst du mir mal zu, du kleine Wildkatze! Zunächst bin ich es endgültig leid, daß du mir ständig vorwirfst, ich wäre der größte Snob dieses Jahrhunderts. Du bist der Snob, Leah! Du machst dir ständig Sorgen, ob die Leute auch den richtigen Kreisen entstammen und entsprechend erzogen sind. Ich habe mir darüber nicht annähernd so viele Gedanken gemacht wie du. Es stimmt, daß ich zu Travis gesagt habe, ich fände den Gedanken, mit dir verheiratet zu sein, unerträglich; aber nicht deswegen, weil ich mit einer Simmons Zusammenleben sollte, die nicht aus meinen Kreisen stammte.«
»Ha!« Leah versuchte, von ihm wegzusehen, doch Wesley drehte ihr Gesicht wieder nach vorn.
»Ich wollte eine Frau haben, die mich brauchte, und soweit ich das damals beurteilen konnte, brauchte mich Kim sehr nötig. Ich verlangte nun also nach einer Frau wie Kim, und statt dessen habe ich eine Frau bekommen, die eine
Farm ganz allein bewirtschaften, ein Dutzend Kinder aufziehen und noch einen verrückten Vater zähmen konnte. Du, Leah, schienst niemanden und nichts zu brauchen! Du gabst mir das Gefühl, nutzlos zu sein.«
»Ich?« flüsterte Leah. »Wie konntest du dich bei mir nutzlos fühlen?«
Er schob seine Nase ganz dicht an die ihre heran. »Weil du mich niemals um irgend etwas gebeten hast«, sagte er mit Nachdruck. »Du schließt dich Räubern an, ohne mir auch nur einen Ton davon zu sagen. Erinnerst du dich daran, wie vor acht Tagen der halbe Kamin eingestürzt ist? Du hast ihn ganz allein repariert. Ich hätte nicht einmal von diesem Malheur erfahren, wenn Oliver nicht gesehen hätte, wie du an der Leiter hingst und Steine hochgemörtelt hast. Du hast sogar die häßliche Frau, die ich geheiratet habe, in eine unübertreffliche Schönheit verwandeln können.«
Er hielt inne und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Es dauerte ziemlich lange, bis ich begriff, daß du mich dringender brauchtest als Kim mich jemals gebraucht hat. Kim wird immer auf die Füße fallen; doch du, meine kleine Frau, brauchst nur in den Hühnerstall zu gehen, und schon schwebst du in tausend Gefahren!«
Leah versuchte, diese Vorwürfe zu verdauen. »Aber Kim ist eine Lady, und ich bin . . .«
»Du bist meine Frau und damit, wie ich dir schon mehrmals sagte, eine Stanford. Und wenn ich, ein Stanford, in deinen Augen eine Majestät bin, dann bist du eine Königin!«
Sie löste sich von ihm. »Wenn du dich also nicht schämst, mit mir in der Öffentlichkeit zu erscheinen, warum willst du dich dann nicht mit mir auf diesem Ball sehen lassen? Warum mußt du mich auf unserer Farm
versteckt halten?«
Das letzte, was Wesley seiner Frau anvertrauen wollte, war seine Angst vor einem Attentat. Zweifellos wurde
Leah dann die ganze Nacht aufbleiben und sich überlegen, wie sie in ein gefährliches Komplott verwickelt worden war.
»Du mußt mir vertrauen! Du mußt mir glauben, daß ich nur das Beste für dich will.«
Leah trat aus dem Schatten der Hauswand in das Mondlicht
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