Dieses heiß ersehnte Glueck
natürlich«, sagte Amanda lachend, ehe sie mit einem Knicks das Zimmer verließ.
»Unverschämtes Mädchen!« schimpfte Madame, aber mit einem liebevollen Ton in der Stimme. Dann heftete sie ihre dunklen Augen auf Leah und ging mit prüfendem Blick um sie herum.
»Ja, ja, eine gute Figur, ein bißchen üppig in der Büste; aber das gefällt dem Gatten, wie?«
Leah lächelte, wurde rot und studierte die Tapeten an der Wand.
»Kommen Sie, kommen Sie, stehen Sie nicht so herum. Wir haben viel zu tun. Zeigen Sie mir, was Ihnen gefällt, damit wir anfangen können.«
Madame Gisele deutete auf die Regale an einer Wand, die mit Rollen voller Stoff gefüllt waren.
Leah streckte einen Finger aus und berührte vorsichtig einen Ballen aus tiefblauem Samt. »Ich ... ich weiß nicht«, sagte sie. »Mir gefällt alles. Nicole und Regan sorgten bis jetzt dafür . ..«
»Pah!« schnitt Madame Gisele ihr das Wort ab. »Madame Regan ist nicht hier; und Madame Nicole ist zweifellos leidenschaftlich mit diesem großartigen Mann beschäftigt, den sie geheiratet hat, und ist für den Rest des Tages daher nicht mehr zu gebrauchen. So! Sie müssen jetzt lernen, sich auf sich selbst zu verlassen. Stehen Sie gerade! Kein Kleid wird richtig sitzen, wenn Sie die Schultern so hängen lassen. Seien Sie ein wenig stolz auf sich selbst. Sie sind eine schöne Frau, Sie haben einen reichen, gutaussehenden Mann, der bald zu Ihnen zurückkehren wird, und nun werden wir Sie prächtig einkleiden. Sie haben viel, worauf Sie stolz sein können, also zeigen Sie das auch!«
Ja, dachte Leah, sie hat vollkommen recht. Ich habe tatsächlich eine Menge, worauf ich stolz sein kann. Sie wandte sich wieder den Regalen zu. »Das gefällt mir«, sagte sie und prüfte mit den Fingern einen rostfarbenen Velvet.
»Gut! Und was noch?«
»Das und das .. . und das auch.«
Madame Gisele trat einen Schritt zurück, blickte Leah fest und prüfend an und lachte. »Sie mögen ängstlich aussehen; haben jedoch vor niemandem Angst. Ist das richtig?«
Leah dachte ernsthaft über diese Frage der Französin nach. »Nicole und Regan sind sich ihrer selbst so sicher. Und alles, was sie machen, ist perfekt.«
»Sie wurden im Reichtum geboren; aber Leute wie Sie und ich . . . wir müssen das Selbstvertrauen erst lernen. Ich werde Ihnen gern dabei helfen, wenn Sie sich nicht vor harter Arbeit scheuen.«
Leah lächelte schmerzhaft bei der Erinnerung, als sie daran dachte, wie sie das Pfluggeschirr auf ihren Schultern geiquält hatte. »Leute, die in solchen Häusern leben wie diesem, haben keine Ahnung davon, was Arbeit ist.«
»Sie werden rasch lernen«, sagte Madame Gisele lachend, »Sie werden es sehr rasch lernen.«
Nun folgten tagelange Drehungen und Wendungen, während Madame Maß nahm, Zuschnitt, heftete und Leah anschnauzte, wenn sie ihren Anordnungen nicht genau folgte.
»Kostbare Unterwäsche!« rief die kleine Madame immer wieder. »Sie werden zwar darauf verzichten müssen, auf dieser schrecklichen Farm, wo Sie leben werden, jeden Tag seidene Kleider zu tragen; aber darunter werden Sie immer eine Lady sein!«
Zunächst war Leah schockiert von den halb durchsichtigen Wäschestücken aus indischer Baumwolle; aber sie gewöhnte sich rasch daran, sie zu tragen. Madame und ihre Gehilfinnen kreierten eine hinreißende Garderobe für Leah mit vielen einfachen Werktagskleidern aus bedrucktem Musselin und mit einigen auserlesenen Modellen aus Seide und Velvet für Empfänge oder gesellschaftliche Ereignisse, soweit es so etwas in dem neuen Staat Kentucky überhaupt schon gab.
Und dabei half Madame Gisele bei jeder Gelegenheit,
Leahs Selbstvertrauen aufzubauen. »Sie sind jetzt eine Stanford, und deshalb stehen Ihnen alle Privilegien zu, die mit diesem Namen verbunden sind.«
Ohne es zu merken, begann Leah gerader zu stehen und aufrechter zu gehen; und innerhalb eines Monats benahm sie sich so, als habe sie schon immer seidene Kleider getragen und von silbernen Tellern gegessen.
Als die Herbsternte unter Dach und Fach war und Clay sich ein wenig entspannen konnte, nahm er sich auch für Leah Zeit, ging mit ihr jeden Morgen ins Gelände und brachte ihr das Reiten bei.
»Ich mag sie«, sagte er eines Abends zu Nicole. »Sie ist immer ernsthaft bei der Sache, will alles auf einmal lernen, möchte es jedem recht machen.«
»Sie tut es für Wesley«, antwortete Nicole leise und blickte von ihrer Handarbeit auf. »Obwohl er nur eine Nacht mit ihr zusammen war und sie
Weitere Kostenlose Bücher