Dieses heiß ersehnte Glueck
haben dich schon so lange nicht mehr gesehen!« Er faßte sie um die Schultern und küßte sie auf die Wange. »Kennst du eigentlich schon Leah, meine Schwägerin?«
»Nur flüchtig«, sagte Kimberly mit einer angenehmen, weichen Stimme und hielt Leah ihre Hand hin. »Ich bin Kimberly Shaw.«
Enttäuscht mußte Regan Zusehen, wie Leah vor dieser Frau schwach wurde. Kimberly wußte sich ja immer so zu geben, daß viele Leute ihrer Lieblichkeit nicht widerstehen konnten und ihr jeden Wunsch von den Augen ablasen.
»Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen«, sagte Leah leise.
»Wenn die Ladies mich jetzt entschuldigen wollen«, unterbrach Travis die Begrüßung. »Ich habe noch zu arbeiten.«
Nachdem er sich in sein Büro zurückgezogen hatte, lud Regan die Damen zum Tee ein.
»Wenn es Ihnen nicht zuviel Mühe macht«, sagte Kim. »Ich wollte Ihnen etwas mitteilen.«
»Von Wesley?« fragte Leah begierig, während sie Kim die Treppe hinauf folgte.
»Haben Sie inzwischen etwa nichts von ihm gehört?« fragte Kim mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Und Sie?« mischte sich Regan ein, die den beiden zum kleinen Salon vorausging und ein Dienstmädchen anwies, ihnen dort den Tee zu servieren.
»Nicht oft«, antwortete Kim bescheiden. Als sie alle saßen, ergriff sie wieder das Wort. »Ich will offen mit Ihnen sprechen. Ich war — gelinde ausgedrückt — sehr erregt über das, was sich im vergangenen Jahr ereignete. Ich konnte es monatelang nicht ertragen, wenn Wesleys Name in meiner Gegenwart erwähnt wurde.«
Leah spielte mit ihren Fingern im Schoß. Sie hatte kaum je daran gedacht, wie es dieser Frau zumute sein mußte, als sie den Mann verlor, den sie liebte.
»Wie Sie wissen«, fuhr Kimberly fort, »hatten Wesley und ich geplant, zusammen mit meinem Bruder Steven nach Kentucky zu ziehen, und ich hatte mich so sehr darauf gefreut, mit. . . mit ihm . . .«
Sie brach ab, als der Tee hereingebracht wurde.
Als das Dienstmädchen das Tablett abgestellt und den Salon wieder verlassen hatte, sagte Regan: »Sie sind doch nicht hierher gekommen, um uns ihre Pläne vom vergangenen Jahr zu erzählen! Was hat Sie also hierhergebracht?«
Dicke, fette Tränen stauten sich in Kims hübschen Augen. »Seit jenem Sonntag in der Kirche ist mein Leben schrecklich, geradezu grauenvoll gewesen. Regan, Sie können sich nicht vorstellen, wie schlimm es ist! Ich werde ständig ausgelacht. Jedesmal, wenn ich in die Kirche gehe, macht jemand eine Bemerkung, daß man mich . . . versetzt habe.« Sie blickte rasch zu Leah hinüber, die immer noch auf ihre Finger hinuntersah. »Selbst die Kinder singen Spottlieder auf mich.«
Sie vergrub das Gesicht in beiden Händen. »Es ist grauenhaft. Ich ertrage es nicht länger.«
Gegen ihren Willen empfand Regan Mitleid mit dieser Frau. »Kim, was können wir für Sie tun? Vielleicht sollte Wesley mal mit diesen Leuten reden oder .. .«
»Nein«, antwortete Kim. »Mir bleibt nur die Möglichkeit, von hier wegzuziehen. Leah«, sagte sie mit einem flehenden Blick, »Sie kennen mich zwar nicht; aber ich möchte Sie fragen, ob Sie etwas für mich tun würden — etwas, das mir das Leben retten würde.«
»Was kann ich denn tun?« fragte Leah ernsthaft.
»In seinem letzten Brief erwähnte Wesley, daß er Ende März zurückkommen werde. Dann würden Sie beide mit meinem Bruder nach Kentucky aufbrechen.«
In einem Monat! dachte Leah. In einem knappen Monat würde Wesley wieder zu Hause und sie tatsächlich seine Frau sein.
»Lassen Sie mich mit Ihnen ziehen«, bat Kimberly. »Ich würde mit Steven fahren, und wir vier könnten dorthin gehen, wo niemand weiß, was man mir angetan hat. Leah, ich bin mir bewußt, daß ich kein Recht habe, etwas von Ihnen zu verlangen; aber es geschah ja Ihretwegen, daß .. .«
Regan stand auf und schnitt Kim das Wort ab. »Ich glaube, Sie verlangen zuviel von Leah. Ich bin nicht der Meinung, daß sie . . .«
»Bitte, Leah«, bettelte Kim. »Vielleicht kann ich in Kentucky einen Mann finden, der mich heiratet. Hier lacht mich jeder aus. Das ist erbärmlich, ein wirklich erbärmliches Los! Sie haben Wesley ja schon, den einzigen Mann, den ich je geliebt habe und den ich . . .«
»Ja«, sagte Leah fest. »Natürlich können Sie mit uns nach Kentucky reisen.«
»Leah«, sagte Regan, »ich glaube, darüber sollten wir beide uns erst einmal unterhalten.«
»Nein«, sagte Leah und sah Kimberly fest an. »Es ist meine Schuld, daß Sie in eine so scheußliche Lage geraten
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