Dieses heiß ersehnte Glueck
wieviel muß ich dir für dieses großzügige Angebot bezahlen?«
Sie gab im gleichen höhnischen Ton zurück: »Ich werde auf der Reise nach Kentucky arbeiten als Entschädigung für die Unterkunft und Verpflegung, die du mir gewähren wirst. Doch sobald wir in Kentucky sind, werde ich eine Weberei einrichten und für meinen Unterhalt selbst sorgen.
Regan und ich haben einen Vertrag geschlossen. Sie wird mir das Geld dafür vorstrecken, und ich werde ihr die Anleihe in Raten zurückzahlen. Du hast, mich betreffend, keinerlei Verpflichtungen mehr, sobald wir in dem neuen Staat eingetroffen sind.«
Er sah sie ungläubig an. »Also bist du bereit, mich so ohne weiteres aus der Ehe zu entlassen, die du dir mit so großer Mühe ertrotzt hast?«
Da kochte der Zorn in ihr hoch. »Ich habe nie von dir verlangt, daß du mich heiraten sollst. Ich habe so etwas nicht einmal angedeutet. Ich bin nicht zu dir gekommen, als ich wußte, daß ich von dir schwanger geworden bin. Ich versuchte, diese Tatsache zu verheimlichen; aber als mein Vater sie entdeckte, hat er mich halbtot geschlagen. In der Kirche war ich in einer Verfassung, daß ich kaum merkte, was vor sich ging. Wenn du nicht so >nobel< gewesen wärest und ein paar Minuten länger gewartet hättest, würde ich dich gebeten haben, mich nicht zu heiraten. Nun versuche ich, uns beide aus dieser verfahrenen Situation zu befreien. Wenn du den Gedanken nicht ertragen kannst, daß ich mit dir nach Kentucky reise, laß mich das wissen. Dann gehe ich auf die Farm meines Vaters zurück. Wenn ich es mir genau überlege, hätte ich große Lust dazu, sofort dorthin zurückzukehren, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich während der Fahrt nach Kentucky überhaupt deine Gesellschaft ertragen kann. Wenn du mich nun entschuldigen willst: ich gehe jetzt zu Travis, um mit ihm die rechtlichen Formalitäten zur Beendigung unserer Ehe zu besprechen.«
Sie schloß die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Sie war noch nie in ihrem Leben so zornig gewesen wie heute. Nichts, was ihr Vater ihr angetan hatte, hatte sie so erbittert wie dieses Gespräch. Vielleicht, weil es das Ende ihres Traumes bedeutete. Regans Plan war ihr gut erschienen, als sie ihn zum erstenmal hörte. Sie würde sich gern ihren Lebensunterhalt als Weberin verdient und sich von diesen Leuten getrennt haben, die sich immer »eine von diesen
Simmons« genannt hatten. Doch auch das schien ein unerreichbarer Traum zu sein. Sie fuhr mit der Hand liebkosend über den grünen Samt ihres Kleides. Auf der Farm konnte sie solche Gewänder aus Samt nicht gebrauchen. Sie richtete sich stolz auf und machte sich auf die Suche nach Travis.
Wesley blieb einen Moment wie gelähmt in der Bibliothek sitzen, ehe er seinen Hut nahm und ihn mit voller Wucht gegen die Tür schleuderte. Er wußte nicht, was ihn mehr erboste: daß Leah ihn belauscht oder das Gehörte so kaltblütig aufgenommen hatte. Sie war sehr ruhig gewesen, wohl ein bißchen wütend; hatte sich aber keineswegs so benommen, wie man das von einer Frau in dieser Situation erwartete.
»Hölle und Verdammnis!« fluchte er leise, als er aufstand, um seinen Hut wieder aufzuheben. Das letzte, was er sich auf dieser Welt wünschte, war eine Frau, die ihm sagte, was er zu tun und zu lassen habe. Sein Leben lang hatte er unter Travis’ Fuchtel gestanden, selbst als ihre Eltern noch lebten, hatte Travis schon das Kommando über seinen jüngeren Bruder geführt. Er war noch nicht den Windeln entwachsen gewesen, als sein Bruder bereits hinter ihm stand und ihm befahl, wo er sitzen und in welche Richtung er krabbeln durfte. Für Wes war Travis immer ein Erwachsener gewesen, nie ein Kind wie er, das wie alle Sterblichen von kindlichen Zweifeln geplagt wurde.
Und Travis hatte nie jemanden gebraucht. Schon mit vierzehn hatte er fast die ganze Plantage allein regiert. Travis las nie ein Buch, tat nie etwas aus Vergnügen. Er war mit dem Wissen geboren worden, daß die Stanford-Plantage ihm gehörte, und hatte keine Hemmungen, jeden, sogar seine Eltern, als seine Untergebenen zu behandeln.
Als Travis seine Frau kennenlernte, hatte er sie behandelt, als wäre sie eine Dienstbotin, die für ihn arbeitete. Deshalb war sie ihm weggerannt. Als sie dann von Travis getrennt lebte, hatte sie es geschafft, sich zu einer Persönlichkeit zu entwickeln, was ihr nie gelungen wäre, hätte sie immer in
Travis’ Schatten leben müssen, der keine Eigenmächtigkeiten aufkommen ließ.
Wesley hatte
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