Dieses heiß ersehnte Glueck
wurde sehr heiß, und Leah öffnete den obersten Knopf ihres Kleides.
»Ist das für mich oder für ihn?« fragte Steven sofort. »Wenn es für Stanford gedacht ist, können Sie ihn ruhig wieder zumachen. Er ist nur an meiner Schwester interessiert, und sie ist bekanntlich Expertin darin, Männer nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Sie sollten sich da einiges von ihr abschauen! Seien Sie nie zu ehrlich, jedenfalls nicht bei solchen Gentlemen wie Stanford. Er schaut sich wohl lieber eine Frau hinter einer Decke an. Aber Sie und ich«, fuhr er mit einem glucksenden Lachen fort, »wir haben es lieber nackt.«
Er schnalzte mit der Zunge, und der Wagen rollte an.
Leah versuchte, ihr Zittern zu verbergen. Sie betete zu Gott, daß sie diesen Steven Shaw nicht mehr lange ertragen mußte.
Gegen Mittag mußten sie mit dem Wagen einen Fluß durchqueren. Das Wasser reichte bis über die Radnaben, da der Fluß von der Schneeschmelze angeschwollen war.
»Wenn wir vorsichtig und langsam fahren, müßten wir eigentlich die Furt durchqueren können«, meinte Wes zu Steven, als sie alle am Ufer beieinanderstanden.
»Ich habe Angst, Wesley«, sagte Kim und klammerte sich an seinen Arm.
»Du brauchst keine Angst zu haben.« Er lächelte. »Wir schaffen es schon. Wie steht es mit dir, Leah? Bange vor dem Wasser?«
»Nein«, sagte sie kühl. »Ich glaube, es müßte uns gelingen, was vor uns auch schon andere bewältigt haben.«
»Wußte ich doch, daß du so etwas sagen würdest«, murmelte Wes, ehe er sich abwandte.
»Hallo!« rief da eine Männerstimme vom anderen Ufer herüber. Ein großer, schlanker Mann in einer ledernen Kluft, wie Wesley sie trug, winkte ihnen zu.
»Das ist Justin Stark«, sagte Wes lächelnd. »Er wollte sich unserem Treck anschließen.«
Leah achtete nicht auf den Mann, der am anderen Ufer wartete, sondern wandte sich dem Gespann zu.
Wesley lenkte seine Pferde und den Prärieschoner mit äußerster Behutsamkeit in den Fluß. Die Pferde scheuten, doch Wesley brachte sie rasch wieder unter Kontrolle.
»Er hat Angst!« rief Steven verächtlich. »Er fürchtet, seine Haut zu riskieren. Hüäh!« rief er und ließ die Peitsche über den Köpfen seines Gespanns knallen.
»Nein!« sagte Leah. »Warten Sie, bis die beiden das andere Ufer erreicht haben.«
»Ich denke nicht daran, hier Däumchen zu drehen, während dieser Bursche dort drüben glaubt, ich hätte Angst vor so einem Flüßchen!«
Steven trieb die Pferde mit der Peitsche in das tiefe Wasser.
»Was, zum Henker, machst du denn da?« brüllte Wesley über die Schulter zu Steven zurück.
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»Ich habe keine Lust, deinen aufgewühlten Schlamm zu schlucken!« rief Steven, während er mit seinem Wagen Wesleys Prärieschoner zu überholen versuchte.
»Rechts bleiben! Mehr nach rechts herüber!« rief der Mann am anderen Ufer verzweifelt.
Leah, die sich mit beiden Händen an ihrem Sitz festhielt, gab die Anordnung von Justin an Steven weiter; doch der hörte ihr gar nicht zu, sondern ließ wieder die Peitsche knallen.
Das rechte vordere Pferd verlor plötzlich den Boden unter den Beinen, wieherte und zog die anderen Pferde mit sich in das Loch hinein. Der schwere Wagen legte sich auf die Seite, und Steven flog ins, Wasser. Leah ließ ihren Sitz los und fing das Leder ein, das Steven freigegeben hatte.
»Die Zügel ganz fest anziehen!« schrie der Mann am Ufer. »Sie müssen die Pferde wieder unter Kontrolle bringen!«
Leah versuchte, seine Anweisungen zu befolgen, und wickelte sich die Zügel, die sie aufgefangen hatte, ganz fest um den Unterarm, während sie sich hinausbeugte, um die anderen Leinen aus dem Wasser zu fischen.
»Hilf ihr, Wes!« rief der Mann am Ufer. »Laß die Frau fahren und hilf der Rothaarigen!«
Leah hörte nicht, was der Mann Wes zurief. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die Finger nach den im Wasser treibenden Zügeln auszustrecken. Sie schrie einmal ganz laut, als die erschreckten Pferde ihr den Arm abzureißen drohten.
»Leah!« hörte sie Wes rufen, konnte jedoch nicht verstehen, was er sagte, weil Kimberly angefangen hatte, hysterische Schreie auszustoßen.
Tränen der Erleichterung machten ihre Augen einen Moment lang blind, als ihre Finger sich um die im Wasser treibenden Zügel schlossen. Sie wendete ihre ganze Kraft auf, um die scheuenden Pferde unter Kontrolle zu bringen, lenkte dann den Wagen nach rechts an der tiefsten Stelle des Lochs vorbei und brachte das Gespann schließlich Zoll für Zoll dem
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