Dieses heiß ersehnte Glueck
Decken zur Seite, unter denen sie geschlafen hatte, und hielt erschrocken die Luft an: sie war splitternackt.
Erst jetzt fiel ihr wieder ein, was gestern abend geschehen war. Sie errötete bis unter die Haarwurzeln, beruhigte sich aber nach einem hastigen Rundblick wieder. Der fremde Mann war nicht mehr im Lager.
»Wesley«, flüsterte Leah.
Wes, der gerade mit Kims Problemen beschäftigt war, hörte sie nicht.
Leah räusperte sich. »Wesley!« wiederholte sie heiser.
Er drehte sich, offensichtlich verärgert, zu ihr um.
»Ja?«
»Könntest du mir wohl ein Kleid besorgen?« Es widerstrebte ihr, ihn darum bitten zu müssen; aber sie wollte nicht in einer Decke voller Löcher vor ihm auf- und abstolzieren.
Mit hochgezogenen Brauen begab sich Wes zum Wagen, um ein braunes Baumwollkleid aus Leahs Koffer zu nehmen. Er hielt es nicht für nötig, ihr auch trockene Unterwäsche herauszusuchen.
»Du verstehst es meisterlich, Eindruck auf Männer zu machen, die du zum erstenmal siehst«, sagte er mit einem anzüglichen Blick auf ihre bloßen Schultern.
Leah riß ihm das Kleid aus der Hand. »Geh zurück zu deiner Kimberly«, rief sie wütend, und wie auf Kommando begann Kim wieder laut zu jammern.
Seufzend zog Leah sich unter ihrer Decke an, stand auf und sammelte die Wassereimer ein. Auf dem Weg zum Fluß kam sie an Justin vorbei, der, nur mit Hose und Stiefel bekleidet, ein Grab schaufelte.
»Guten Morgen!« rief er ihr mit lachenden Augen zu.
Leah brachte vor Verlegenheit keinen Ton heraus, weil sie wieder daran denken mußte, daß dieser Mann sie gestern nackt gesehen hatte. Sie zog den Kopf ein und hastete weiter.
Im Nu hatte Justin sie eingeholt und nahm ihr die Eimer ab. »Haben Sie gut geschlafen?« fragte er vergnügt. Sie nickte nur, und er lachte, weil sie ihn immer noch nicht anzusehen wagte. »Sie wollen mir doch nicht etwa wegen dieser Lappalie gestern die Freundschaft aufkündigen! Du meine Güte! Ich habe schon Hunderte von Frauen ausgezogen.«
Sie blickte ihn mit geweiteten Augen an.
»Vielleicht nicht ganz so viele«, korrigierte er sich lächelnd, während er sie mit den Augen förmlich zu verschlingen schien. »Und bestimmt noch keine so hübsche Frau wie Sie. Nun laufen Sie mir doch nicht gleich wieder weg! Sind Sie immer so schüchtern?«
Sie hob das Kinn und sah ihn an. »Ich wüßte nicht, daß ich in meinem Leben schon einmal vor etwas davongerannt wäre.« Trotzdem wollte sie dieses Thema nicht weiterverfolgen. »Sie werden mit uns reisen?«
»Bis nach Kentucky.«
Sie hatten den Fluß erreicht, und Justin füllte für sie die Eimer mit Wasser. »Ich bin in der Stadt aufgewachsen, wo Wes sich seine Farm gekauft hat. Er hat dort den ganzen Winter hindurch wie ein Besessener gearbeitet. Ich glaube, er wollte sie für den Einzug von Miss Shaw vorbereiten.«
»Wahrscheinlich. Sind Sie auch Farmer?«
»Selbstverständlich, und nebenbei auch Pelztierjäger. Nein, die Eimer trage ich«, wehrte er Leah ab, die nach den Henkeln der gefüllten Eimer greifen wollte.
»Vielen Dank«, sagte Leah steif, »aber ich pflege meine Arbeit immer selbst zu erledigen.«
Justin lächelte sie an, was sein hübsches Gesicht noch sympathischer machte. »Ich zweifle nicht, daß Ihnen auch hundert Eimer nicht zuviel wären, aber wollen Sie so grausam sein, mir das Vergnügen zu verweigern, vier Eimer für Sie tragen zu dürfen?«
Einen Moment lang war sie um eine Antwort verlegen. Doch dann lächelte sie und sagte: »Ich möchte mir ungern nachsagen lassen, daß ich grausam bin. Also, in Gottes Namen, tragen Sie das Wasser, Mr. Stark.«
»Justin«, verbesserte er lachend. »Alle meine Ladies nennen mich Justin.«
»Alle?« gab sie lachend zurück und fühlte sich so froh wie seit Wochen nicht mehr.
»Ihr habt anscheinend vergessen, was gestern passiert ist«, sagte Wesley und funkelte die beiden wütend an. »Wenigstens etwas Respekt vor Kimberlys Schmerz sollte man von euch erwarten können.«
Das Lächeln aus Justins Gesicht wurde sauer. Er war einen halben Kopf kleiner als Wes; aber nicht bereit, vor seinem Freund zu kuschen. »Ich glaube, Leah hat eine Menge Mut bewiesen, als sie ihr Leben riskierte, um einen Mann zu retten, mit dem sie nicht einmal verwandt war. Daß die Frau, mit der du verlobt bist, so laut heulen kann, ist für mich kein Beweis, daß sie bereit wäre, mehr zu riskieren als ihre Tränen.«
Leah drehte den beiden Männern den Rücken zu, damit sie das Lächeln auf ihrem Gesicht
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