Dieses heiß ersehnte Glueck
existieren.«
»Ich wünschte, ich wäre mir dessen so sicher wie du.«
Leah gab ihm keine Antwort. Sie fürchtete die Bekanntschaft neuer Leute und deren vernichtendes Urteil, sobald es zur Scheidung kam. Sie wußte ja aus bitterer Erfahrung, wie die Männer in Virginia, die ihre Familie gekannt hatten, eine Frau wie sie behandelten. Sie fragte sich, ob sie so eine Behandlung auch in Kentucky ertragen müsse?
Vielleicht sollte sie sich von Wesley in Sweetbriar scheiden lassen und sich sofort wieder auf den Weg in einen anderen Staat machen, wenn sie ihre Freiheit wiedererlangt hatte? Sie betete zu Gott, daß ihr schlechter Ruf sie nicht überall verfolgen möge.
An diesem Abend schienen alle im Lager bedrückter Stimmung zu sein. Wesley hob den Blick nicht von seinem Teller, Kims Augen waren rot und geschwollen und Justin beobachtete Leah, während sie mechanisch ihrer Arbeit nachging.
»Ich dächte, ihr wäret alle froh, endlich zu Hause sein zu können«, sagte Sadie seufzend. »Aber ich habe auch schon heiterere Beerdigungen erlebt.«
Am nächsten Tag heuerte Wesley einen jungen Mann an, der dem Treck vorausreiten und den Leuten auf seiner Farm in Sweetbriar seine baldige Ankunft melden sollte.
Leah hätte am liebsten geheult, denn bald würde Wesley den Leuten offenbaren müssen, daß er verheiratet sei und die Scheidung eingeleitet würde. Leah fragte sich, ob Kim sie zu ihrer Hochzeit einladen würde, damit sie Kim in ihrem makellos weißen Kleid unberührter Unschuld bewundern durfte.
Mit jedem Tag, den der Treck der Grenze von Kentucky
ein Stück näher kam, schien die Laune der Reisenden düsterer zu werden. Einmal warf Justin Leah ärgerlich vor, sie nähme seinen Heiratsantrag nur deswegen nicht an, weil sie sich von allen Männern in dem neuen Staat den Hof machen lassen wollte. Als Leah darauf das Gesicht in ihren Händen barg und bitterlich zu weinen begann, machte Justin ihr nie mehr Vorwürfe irgendwelcher Art.
Zweimal hörte Leah, wie Wesley zu Kim sagte, er wäre zu beschäftigt, um ihr besorgen zu können, was sie von ihm verlangte. Kim zog sich darauf in ihren Wagen zurück, um dort zu schlafen. Als sie die Grenze von Kentucky erreichten, schlief Kim jede Nacht zwölf Stunden und drei Stunden nachmittags nach dem Essen.
Wesley sprach mit niemandem mehr. Er erledigte alle Arbeiten, die ihm zugeteilt wurden, zog sich dann aber in sich selbst zurück. Er schien nicht zu bemerken, daß noch andere Leute in seiner Nähe weilten.
»Dieser Mann ringt schwer mit sich«, sagte Sadie, als sie sich mit Hank von Leah und den anderen verabschiedete. »Ich hoffe sehr, daß er sich endlich entscheidet, welche Frau er nun haben möchte.«
Leah sah sie nur an. »Du hast viel zu romantische Vorstellungen, Sadie! Wesley ist schon seit Jahren in Kim verliebt. Er versucht sich lediglich zu beherrschen und bis zur Hochzeit zu warten.« Sie brachte es nicht fertig, hinzuzufügen, daß es noch lange dauern könne bis dahin, da vorher noch das Hindernis der Ehe zwischen ihr und Wes beseitigt werden mußte.
Leah umarmte Sadie, Hank und die Kinder, froh, daß sie nie die Wahrheit über sie erfahren hatten. Sie schieden von
ihr in gutem Einvernehmen, weil sie nicht wußten, daß sie
sich Wes an den Hals geworfen und von ihm verstoßen worden war.
Es war ein sehr schweigsamer Treck, der nun auf Sweetbriar in Kentucky zurollte.
Am vierten Tag nach der Trennung von Sadie, Hank und
deren Kindern kamen zwei Männer im Galopp auf die Wagen zu. Einer von ihnen war Oliver Stark, Justins neunzehn Jahre alter Bruder, der für Wesley arbeitete. Der andere war John Hammond, ein großgewachsener, gutaussehender Mann in den Dreißigern mit vorzeitig ergrautem Haar.
»Auf der Farm läuft alles großartig«, berichtete Oliver und blickte Wesley und seinen Bruder grinsend an. »Ihr habt euch verdammt viel Zeit gelassen für die Strecke hierher.«
»Ich hätte nicht erwartet, dich auch hier begrüßen zu können, John«, sagte Wesley und streckte dem Mann mit dem graumelierten Haar die Hand hin.
»Der Junge, den du vorausgeschickt hast, erzählte mir, du brächtest zwei der hübschesten Frauen mit, die er in seinem Leben gesehen habe. Mir scheint, er hat keineswegs übertrieben«, sagte John, während er Kim und Leah von Kopf bis Fuß betrachtete.
Kim schlug die Augen nieder. Wie gewöhnlich waren ihre Augen gerötet vom Weinen.
»Ich stelle dich den Ladies gerne vor«, sagte Wes; aber da legte ihm Kim rasch die Hand
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